Da ist es nun also erreicht: Das Finale des wohlgemerkt noch immer ersten Kapitels dieser Kolumnen-Reihe. Vierzehn Parts und rund drei satte Jahre hat es gedauert, um es bis hierhin zu schaffen – ursprünglich sollten wir nun schon längst beim nächsten System angekommen sein. Es ist wie das Öffnen der Büchse der Pandora: Es gibt kein zurück mehr. Der große Spaß, mich einmal so detailliert mit meiner Leidenschaft – dem Amiga 500 – auseinanderzusetzen, war in meinen Augen einer der besten Ideen bislang. Über Nostalgie nachzudenken und in sie zu verfallen ist die eine Sache, aber das alles mal in Ruhe niederzuschreiben, fühlt sich beinahe wie eine Absolution meines damaligen Daseins an. Daher musste ich diesen letzten finalen Part dieses Kapitels tatsächlich noch einmal in zwei Hälften teilen. Es war schlicht so viel zu sagen, dass es den Rahmen dieser ohnehin schon umfangreichen Kolumnen-Größe noch einmal gesprengt hätte. Somit bekommt Ihr nun den ersten Teil des Finales und im nächsten Part dann den wahren Abschluss von Kapitel I. Darin schauen wir uns gemeinsam abschließend noch ein paar Titel an und ganz objektiv und ehrlich ebenfalls den Niedergang dieser tollen Maschine von Commodore. Und wer war für den verantwortlich? Wir alle, denn ehrliche Amiga-Nutzer, die jedes Spiel kauften, waren gefühlt so, wie eine Oase in der Wüste zu finden. Und das war nur möglich, weil sich eine kleine Gruppe von begabten Programmierern zusammensetzte: die Geburt der Cracker-Szene ...
Mit dieser grafischen Spielerei hatte der Siegeszug von Amiga im Jahre 1985 begonnen. Die Demo zeigte auf der ersten Vorführung in New York City was grafisch mit dem Rechner von Commodore möglich war und ließ die versammelte Konkurrenz regelrecht verstummen. Und eben diese grafischen Möglichkeiten sollten später der Grundstein der Amiga-Demo-Szene werden und begabte Programmierer weltweit inspirieren, mit ihren Cracktros und Demos später immer wieder auf's Neue zu verblüffen
Die Cracker-Gruppen nahmen rasant in ihrer Anzahl zu, hatten ihen wahren Ursprung allerdings schon früher zu Zeiten des C64. Anfangs noch ziemlich unkoordiniert setzten sich Privat-Personen mit Programmierkenntnissen daheim hin und hebelten Kopierschutzmechanismen der Spiele in ihrer Freizeit aus. In den Endachtzigern schien das jeder dritte Nerd hinzubekommen, weshalb die Industrie immer gewieftere Tricks in ihre Software einbaute, die ein ungewolltes Vervielfältigen verhindern sollte. Allerdings begannen so manche Programmierer in ihrem stillen Kämmerlein dieses Aufrüsten als Herausforderung zu sehen, eben jene immer komplizierter werdenden Sicherheitsmechanismen entsprechend zu umgehen. Unter befreundeten IT-Spezialisten begannen erste Wettstreite, wer nun zuerst einen bestimmten Kopierschutz knacken konnte. Aus einem kleinen privaten Hobby wurde langsam aber sicher eine richtige Bewegung, die ihren Ursprung in den ersten so genannten „Szene-Treffs“ haben sollte. Denn dort trafen sich die Begabtesten zum ersten Mal im Real-Life und sahen, dass sie mit ihrem Hobby keinesfalls alleine waren. Erste Zusammenschlüsse mehrerer Programmierer in Cracker-Gruppen begann und damit auch der Wettstreit. Wer ein Spiel zum ersten Mal crackte (also den Kopierschutzmechanismus erfolgreich umging), erntete viel Ruhm. Doch das reichte noch lange nicht, weshalb man sich in den Quellcodes des Spieles selbst verewigte. Zu Beginn noch recht simpel mit Zeilen wie „Cracked by Quartex“ oder „Cracked by Trilogy“ reichte dies schon bald nicht mehr aus. Mit dem ansteigenden Wissen der Programmierkünste entstand auch ein Tatendrang, es den anderen noch stärker aufs Auge zu drücken, wer nun die begabteste Cracker-Gruppe gewesen war. Mit kurzen Intros vor dem eigentlichen Spiel zeigten sie, dass sie mehr konnten als „nur“ die Spiele von ihrem Kopierschutz zu befreien. Diese so genannten „Cracktros“ waren kleine in Echtzeit berechnete Grafikspielereien, die möglichst imposant die eigene Cracker-Gruppe repräsentierte. Manches Mal war das so gut, dass die optische Qualität selbst den eigentlichen Spieletitel, der im Anschluss folgte, in den Schatten zu stellen vermochte. Absolut verrückt. Mit der Amiga-Scene hatte sich in kurzer Zeit eine massive Bewegung gebildet, die begabte Programmierer auf der ganzen Welt – vor allem aber in Europa – in sich vereinte. Und die spornten sich durch ihre Leistungen dann weiter gegenseitig an, noch besser zu werden. Das war etwas völlig Neues und hatte es so noch nie vorher gegeben. Vorbei waren die Zeiten, als Programmierer alleine daheim saßen, vor sich hin codeten und von Bekannten als „Nerd“ belächelt worden, der „keine Hobbies habe“ und „öfter mal rausgehen sollte“. Das Treffen unter Gleichgesinnten brachte eine nie vorher dagewesene Synergie für diese Menschen hervor. So gesehen also eine richtig tolle Sache!
ALLERDINGS – und das muss man groß schreiben – musste für diesen Enthusiasmus die Industrie ziemlich kräftig Aderlassen. Denn die war der Leidtragende. Erfolgreich gecrackte Spiele bedeuteten nämlich auch, dass die nun mit jedem handelsüblichen Kopierprogramm völlig unkompliziert vervielfältigt werden konnten. Die Dimensionen waren damals kaum fassbar. Wirklich auf JEDEM Schulhof wurden Amiga-Spiele wie Bonbons durchgereicht. Es gab immer mindestens einen, der an einer „sprudelnden Cracker-Quelle“ saß und die Spiele unter die Leute brachte. Das gab dem überdies sogar – ganz Mafia-Like – einen gewissen Status. Wer aktuelle Spiele besorgen konnte, war ein Jemand unter den Heranwachsenden. Von daher sollte das gerade für viele Jungs überaus reizvoll und erstrebenswert sein, eben dieser Eine zu sein: Jeder mit einem Amiga kannte Deinen Namen und der Bekanntenkreis war teils unwirklich groß. „Hast Du Spiel X oder Y?“, war dann wohl die Frage, welche diese Personen täglich vernahmen. Und oft konnten sie die Wünsche auch problemlos erfüllen. Gerade bei großen Top-Titeln gab es einen regelrechten Hype auf dem Schulhof, bei dem ein Wettstreit entbrannte, wer nun zuerst die Leute versorgen konnte: „Hast Du schon gehört, Mirko hat Spiel X!“ (Name geändert) Der Preis für die Industrie war in Zahlen wahrscheinlich kaum zu bestimmen. Mir schießt in diesem Bezug jedenfalls sofort das Beispiel von ‚Turrican II‘ in den Kopf. Einer der besten Inbegriffe, was die Raubkopierei für einen immense Schaden anrichtete. In Deutschland verkauften sich von diesem Amiga-Spiel rund 40.000 Einheiten. Klingt nicht viel, vor allem wenn man bedenkt, dass den Titel trotzdem einfach JEDER besaß. Die illegalen Kopien überstiegen hier in weitem Umfang die legalen Versionen. In einer TV-Dokumentation sprach Julian Eggebrecht (damals Producer bei ‚Rainbow Arts‘, die ‚Turrican II‘ entwickelten) dieses Thema an. Er meinte nur, dass er Amiga-Spielern immer nur eine einzige Frage stellte: „Hat Deine ‚Turrican II‘-Version eine oder zwei Disketten?“. Er fragte das aus gutem Grund. Die Entwickler hatten das Action-Feuerwerk nämlich so gestaltet, dass auf der originalen Spieldiskette kein Platz mehr für zusätzliche Inhalte war. Wollte eine Cracker-Gruppe also ein Cracktro davor basteln, mussten sie sich ziemlich viele Gedanken machen, das überhaupt zu bewerkstelligen. Zu guter Letzt hatte die geknackte Version zwei Disketten, die zudem etwas missverständlich während des Spielens gewechselt werden mussten. Beim Original hingegen war‘s eben nur eine Diskette. Herr Eggebrecht enttarnte mit dieser Frage also ganz gezielt und durch die Blume jeden Raubkopierer von ‚Turrican II‘.
Kurze Video-Zusammenstellung verschiedener Amiga-500-Cracktros (von ungefähr zwischen 1989 und 1994). Diese wurden abgespielt, bevor das eigentliche Spiel begann - zumindest bei den Raubkopien ... Was jedoch zweifellos beeindruckte war die Vielfalt und die Kreativität dieser echtzeitberechneten Animationen
Blendet man die wirtschaftliche Seite einmal komplett aus, waren die Zeiten des Amiga 500 eine absolut geniale Zeit für jeden Spieler, der in irgend einer Weise daran teil hatte. Es war unglaublich, wie schnell man neue Freunde fand. Man lernte sich kennen, tauschte sich über das genutzte Spielesystem aus und wenn beide einen Amiga 500/500+ oder 600 besaßen, war man direkt befreundet. Denn man wusste, der Andere hegt dieselbe Leidenschaft für dieses besondere Hobby und er besaß eventuell neue Amiga-Spiele. Es war wirklich irre, wie viele Leute ich damals kannte und das nur, weil ich diesen Computer besaß. Und ich beteiligte mich an dieser Welt auf meine Art und Weise. Ich schrieb Komplettlösungen für Adventurespiele. Ohne Internet waren die nämlich oft ziemliche Mangelware und von daher war ich gerne der Ansprechpartner, wenn jemand in einem Adventure nicht mehr weiter wusste. Allerdings hatte ich mir das auch alles erst erarbeiten müssen. Als ich mit dem genialen Genre der Adventure begann, waren die für mich oft zu schwer – vor allem durch ihre Sackgassen. Ich denke, ich habe sicherlich schon das ein oder andere Mal erwähnt, dass ich es einfach hasse, wenn Adventures in einer Sackgasse enden und man darüber noch nicht einmal Bescheid bekommt. Ganz genau ‚Sierra‘ – ich blicke in Deine Richtung… Nichtsdestotrotz mochte ich diese Position des „Adventure-Gurus“ schon sehr. Zudem festigte es mein Wissen über gewisse Titel auf eine immanente Weise: Ich wusste schlicht viele Passagen und deren Lösungen komplett auswendig. Einiges von diesem Wissen ist bis heute auf meiner biologischen Festplatte gespeichert – und zwar direkt neben lebenswichtigeren Informationen wie Atmen, Laufen, den Notruf wählen, die wichtigsten Telefonnummern und PINs.
Eine geile Zeit, aber es war wohl eine logische Konsequenz, dass es nicht immer so weitergehen konnte. Im Nachhinein frage ich mich daher schon manchmal, wie sich Firmen denn eigentlich über Wasser halten konnten – vor allem reine Amiga-Entwickler, die nicht auf Konsole und Co. auswichen. Ausweichen auf den PC war natürlich ebenfalls eine Option, letztlich jedoch eine ähnliche Geschichte. In meinen Augen wird und wurde da jedenfalls genau so viel raubkopiert wie auf Commodores Maschinchen. Der Unterschied war wohl nur der, dass der PC als Spielecomputer bei uns deutschen Kids deutlich weniger beliebt war als ein (viel günstigerer) Amiga. und es von daher nicht auffiel. Nichtsdestotrotz hat das Arrangieren mit den Raubkopierer nur der PC überlebt. Beim Amiga kamen allerdings noch weitere ungünstige Faktoren hinzu. Commodore investierte nämlich überaus fragwürdig und sollte nach dem Amiga 500 niemals wieder einen derartigen Erfolg feiern können. Alle weiteren Ableger waren zumeist lediglich Aufgüsse bekannter Modelle. Der Amiga 600 war beispielsweise nur ein Amiga 500 mit dem ROM 2.0 (statt 1.3) – welches für Spiele aber praktisch uninteressant war – sowie einer kleinen eingebauten Festplatte. Der Amiga 500+ hatte nur mehr Speicher ab Werk und so weiter und so weiter. Erst der Amiga 1200, der Amiga 4000 und das Amiga CD³² änderten etwas, denn sie brachten das AGA-Chipset (Advanced Architecture Chipset) mit, welches 256 Farben aus einem Farbtopf von 16,7 Millionen Farben ermöglichte – der Amiga 500/500+/600/1000/CDTV hatte im Vergleich eine magere Farbpalette von nur 32 Farben aus insgesamt 4096 Koloriten (OCS- (Original Chipset) beim Amiga 1000 bzw. ECS-Chipset (Enhanced Chipset) bei den anderen Modellen). Mit den neuen Amigas wollte man zum PC aufschließen, was aber viel zu spät passierte. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich in einem anderen Kapitel erzählen werde.
Und als ob das alles nicht schon schlimm genug war, investierte Commodore äußerst freizügig in den PC-Markt, um dort ebenfalls Fuß zu fassen. Von heute aus gesehen, hätten sie das Geld auch gleich verbrennen können, denn das US-amerikanische Unternehmen blieb durchweg unbedeutend im Bereich der Personal Computer. Die Finanzkraft fehlte allerdings an anderer Stelle und ließ den Amiga über Jahre auf der Stelle treten. Ich denke, Commodore hatte nie wirklich verstanden, was sie da hatten. Alleine schon das Bewerben des Amigas als Arbeitscomputer war äußerst unglücklich und zeigt, dass sie nicht durchschauten, was die Leute damit eigentlich taten. Allerdings – und das muss man bei aller Kritik dazu sagen – war es aber auch wirklich schwer, den Amiga zu Beginn richtig einzuordnen. Er konnte eben alles sein, was er wollte: ein Arbeitscomputer, ein Spielcomputer, eine Grafikplattform oder ein Rechner zum Programmieren. Jede Richtung, die der Anwender mit ihm einschlagen wollte, unterstützte er. Zudem waren alle Komponenten direkt ab Werk eingebaut. Grafik, Sound – alles kein Problem und das vor allem zu einem günstigen Preis, gegen den kein PC ankam. Ich weiß es noch heute: Unseren Amiga 500 kauften wir im Quelle-Katalog für genau 879,- DM. Ein PC zum sinnvollen Spielen kostete locker mindestens 1.500,- DM. Ein Bekannter hatte damals einen 386, der mal so eben für rund 3.000,- DM den Besitzer wechselte. Solch‘ astronomische Preise waren für mich als kleinen Schulpflichtigen außerhalb jeder Skala. Doch bevor ich nun diese Geschichte beende, unterbreche ich an dieser Stelle und schaue mir mit Euch zusammen noch ein paar Amiga-Titel an, zu denen ich abschließend ein paar Worte loswerden möchte. Nach denen geht‘s dann an dieser Stelle weiter ...
'Fairlight' - gegründet 1987 war es nicht nur eine der größten Cracker-Gruppen auf dem Amiga überhaupt, tatsächlich existieren sie noch immer - allerdings umgesattelt: Heutzutage befreien sie PC-Spiele von jedweden Kopierschutzmaßnahmen...
X-Copy
Bei 'X-Copy' handelt es sich zwar nicht um ein Spiel, sollte sich allerdings dennoch als recht essentiell für eben diese herausstellen. Es ist nämlich ein Tool zum Kopieren von Disketten... Beim Amiga kann man diese Aussage jedoch nicht einfach ohne jedweden weiteren Kommentar im Raum stehen lassen. 'X-Copy' war nicht irgend ein beliebiges Kopierprogramm – nein – es war DAS EINE Kopierprogramm. Jeder – und das ist mit der maximalen Deutlichkeit der Aussage dieses Wortes gemeint – einfach jeder nutzte dieses Programm. Wer damals einen Amiga 500/600 besaß und von sich gibt, noch nie etwas von 'X-Copy' gehört zu haben, der bestreitet wahrscheinlich im gleichen Atemzug beim Nießen nicht die Augen schließen zu müssen. Natürlich möchte sich niemand damit rühmen, raubkopiert zu haben, aber – Hand auf's Herz – es machte einfach jeder. Und damit meine ich bei Weitem nicht nur den Fakt, dass man gecrackte Amiga-Software auf dem Schulhof wie gute Witze durchreichte. Man nutze zwar 'X-Copy' selbstredend dafür, doch die wahre Stärke lag im Vervielfältigen originaler Software. Beim Begriff "Nibblecopy" können sich Veteranen wahrscheinlich bis heute nicht das verschmitzte Grinsen verkneifen – ironischerweise weiß ich bis heute nicht, was das eigentlich übersetzt heißen soll. Fakt war, mit diesem X-Copy-Prozedere kapitulierte so manche Originaldiskette und ließ ihren Softwareinhalt auf eine andere Diskette kopieren. Weniger als drei Minuten später hatte man dann "seine eigene Version" des Spieles und konnte es kostenlos rauf- und runterspielen. Letztlich sollte es mir immer egal sein, für was "Nibblecopy" denn überhaupt stand. Man probierte letztlich alle zur Verfügung stehenden Verfahren so lange aus, bis eines funktionierte und das Spiel von der "Sicherheitskopie" problemlos startete. "Nibblecopy" war hierbei nur eben das beste Verfahren und es stellte sich als derart unverschämt einfach und flott heraus, dass es kaum überraschte, weshalb viele Teenies von einst die Software nicht kauften, sondern munter kopierten. Als kleiner Fun-Fact sei noch anzumerken, dass das aus Deutschland stammende Programm selbst zuhauf seinen eigenen Kopiermechanismen zum Opfer viel. Es wird wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit nur zu erahnen sein, wie viele Disketten damit illegal vervielfältigt worden und welche finanziellen Schäden für die Industrie tatäschlich entstanden.
Wer damals einen Amiga besaß und meint, diese Oberfläche nicht zu kennen, lügt ohne rot zu werden. 'X-Copy' war nämlich in seinen vielen Variationen wahrscheinlich der Hauptgrund, warum auf dem Amiga überhaupt so fleißig raubkopiert werden konnte. Kaum ein Kopierschutz schien vor der Software aus deutschen Landen sicher zu sein. 'X-Copy' kannte und nutzte jeder!
Wonderboy in Monsterland
Mit 'Wonderboy in Monsterland' wurde ein typischer Traum eines jeden Jungen in die Bits und Bytes gegossen: Einmal ein Held sein, einmal die Welt vor dem Bösen retten und einmal der absolute Schwarm des weiblichen Geschlechts sein, weil man furchtlos gegen die Mächte des Bösen kämpfte. Irgendwie hat sich die Männerwelt meines Baujahrs schon immer mit dem Wesen des Heldentums auseinandergesetzt. Das lag an sehr vielen Punkten, doch hauptsächlich an den Medien, welche uns ein nacheifernswertes Heldenvorbild nach dem anderem zeigten oder selbst Erwachsene sich kaum die Phrase verkneifen wollten, dass ein Junge nicht weint. Grundsätzlich finde ich nicht, dass diese leichte Indoktrin während der Erziehung etwas Falsches ist, fand jedoch schon immer, dass sie beidergeschlechtlich stattfinden sollte. Während Mädchen beispielsweise in der Werbung gezeigt wurde, wie man Frisuren stylt oder Töpfe stapelt, gab's für uns Jungs eine Heldenfigur nach der anderen: Polizist, Feuerwehrmann, Soldat oder Pilot. Und dass dies eine merkliche Wirkung auf die persönliche Entwicklung hat, ist unbestreitbar. Heute - als Erwachsender - merke ich jedenfalls sofort, wenn eine Frau in ihren Kindheitsjahren viel mit Jungs unterwegs war und nicht die typische Mädchenjugend durchlebte.
Wie dem auch sei gestaltete sich Wonderboy als eine weitere mediale Heldenvorlage. Hier ging man jedoch noch einen Schritt weiter. Denn der "Boy" war eben kein "Man". Wer will schon bis ins Erwachsenenalter warten, um heroische Taten zu vollbringen? Bei mir traf das jedenfalls voll ins Schwarze und ich identifizierte mich mit dem namensgebenden Wonderboy gänzlich. Damals eines der ersten großen Abenteuer, die ich in einem Computerspiel erleben durfte. Unvergessen sind die vielen Spielstunden, in denen ich das Monsterland von den Schergen des Bösen befreite. Nichts wurde geschenkt und der Schwierigkeitsgrad war für mich damals ganz schön herausfordernd. Aber eben genau deswegen fühlte es sich wie ein echtes Heldenabenteuer an. Man reiste durch das Land, besuchte auf seinen Wegen verschiedene Städte und konnte sich dort gegen das hart erkämpfte Gold bessere Ausrüstung kaufen. Dabei war das System so angelegt, dass man beim ersten Besuch eines Händlers nie genug Bares in der Tasche hatte, um sich gleich die beste Rüstung oder das beste Schild zu erstehen. Wie eine Karotte vor der Nase bezahlte man wehmütig schwächere Ausrüstung in dem Bewusstsein, später wiederzukommen und als reicher Held das Beste vom Besten zu kaufen. Ich weiß noch genau, wie ich mit schwitzenden Händen den letzten Endgegner bekämpfte und innerlich total unter Strom stand. 'Wonderboy in Monsterland' wird mir nie mehr aus dem Kopf gehen. Denn das war nichts Geringeres als ein echtes Abenteuer!
Als Amiga-Musik-Enthusiast darf ich es obendrein nicht versäumen und nutze mit diesem Titel die Möglichkeit, den Komponisten David Whittaker in dieser Kolumnen-Reihe zu erwähnen (übrigens nicht zu verwechseln mit dem Tonmeister aus Hollywood). David Whittaker gilt nämlich als einer der Wegbereiter von Computerspielmusik. Vor allem durch seine speziellen Verfahren Melodien zu erzeugen, machte sich der gute Mann einen Namen. Er komponierte die Musik nämlich nicht mit den gewohnten Tools, sondern programmierte sie in recht aufwendigen Verfahren. Bereits auf dem Commodore 64 galt er als Koryphäe, nur um sich auf dem Amiga regelrecht unsterblich zu machen. Selbst Größen wie Chris Hülsbeck, der bekanntlich selbst eine Legende auf Commodores Maschinen ist, zollte Mr. Whittaker seinen Respekt. Und das zurecht: Die Kompositionen sind in ihrer Klangart nämlich absolut einzigartig. Hört man sich vorher andere Amiga-Komponisten an und anschließend Werke von Herrn Whittaker, kommt man nicht umhin, diese Andersartigkeit zu erkennen, die einem dann wortwörtlich ins Auge beziehungsweise Ohr springt. Davon abgesehen sind es oft auch wirklich tolle und einprägsame Melodien. Der gesamte Soundtrack von 'Wonderboy in Monsterland' ist mir jedenfalls noch immer im Ohr wie auch der von anderen Spielen, denen David Whittaker seinen Stempel aufdrückte: Das erste 'Shadow of the Beast' zum Beispiel, das ich aufgrund des absurd hohen Schwierigkeitsgrades als Kind nicht wirklich mochte und mir dennoch die Musik noch immer im Kopf herumgeistert. Und dies selbst nach so langer Zeit.
'Wonderboy in Monsterland' (Amiga/1987) - Ein Abenteuer, das heute angestaubt aussehen mag, damals aber ein ganz großes Abenteuer war
Das Erbe
Es wäre natürlich nicht unverständlich, wenn bei dem ein oder anderen Leser unter Euch jetzt eine kleine fragende Augenbraue nach oben schießt, wieso ich gerade mit einem Spiel nostalgische Erinnerungen verbinde, welches vom Bundesministerium für Umwelt in Auftrag gegeben und zudem kostenfrei verschenkt wurde. Genau genommen verbergen sich dahinter gar gleich zwei Gründe: Zum Ersten fand und finde ich es immer noch richtig clever, die Botschaft „Sorge Dich um Deine Umwelt“ in ein Adventurespiel zu verpacken und damit ein Bewusstsein für den Umweltschutz zu erzeugen – und zum Zweiten haben ‚Das Erbe‘ damals meine Freunde und ich wirklich über Wochen gespielt. In dem geht es darum, dass man von einem unbekannten, reichen Onkel ein großes Vermögen geerbt hat, dieses jedoch nur dann in Anspruch nehmen darf, wenn man das Herrenhaus des verstorbenen Vorbesitzers möglichst umweltfreundlich wieder in Schuss bringen kann. Dies erweckte zwischen meinen Freunden und mir schon eine Art Wettbewerb, wer es als Erstes schaffen würde, das Geld einzuheimsen.
Als heutigen Erwachsenen sind die vielen Schritte, möglichst im Namen der Umwelt zu agieren, extrem offensichtlich. Als Kind waren sie das für uns aber eben noch nicht in dem Maße. Und somit hat ‚Das Erbe‘ eigentlich seinen Zweck mehr als erfüllt: Es weckte nämlich bei meinen Klassenkameraden und mir schon ein besseres Bewusstsein für die Umwelt. Mehr noch: Ich würde sogar soweit gehen, dass das Adventure es gar zum ersten Male schaffte, dass ich mich als kleiner Rotzlöffel überhaupt mal mit dem Thema auseinandersetze. Immerhin bin ich in der Deutschen Demokratischen Republik aufgewachsen und wenn sich das System um zwei Dinge nur wenig Gedanken machte, dann war es das Empfinden des Einzelnen sowie die Umwelt. In meiner Heimatstadt gibt es beispielsweise den Fluss „Weiße Elster“, welcher zu DDR-Zeiten gern höhnisch verspottet wurde und der Name „Schwarze Elster“ anhaftete. Der Fluss war nämlich derart verdreckt, dass man selbst in Ufernähe niemals den Grund sehen konnte. Stürzte man versehentlich hinein oder schluckte gar etwas von dieser braunen Brühe, rief man umgehend den Notarzt. Fische suchte man natürlich ebenso vergeblich und wenn sich doch einer mal darin verirrte, warnte man davor, ihn zu fangen oder gar zu verzehren.
Blicke ich heute auf das zurück, kann ich manchmal überhaupt nicht fassen, wie die Obrigkeiten der DDR so unfassbar dumm und naiv mit der Umwelt umgegangen sind. Selbst heute – ein gutes Viertel Jahrhundert nach der Wiedervereinigung – ist die „Weiße Elster“ noch ein gutes Stück davon entfernt, ihrem Namen alle Ehre zu machen und das obwohl man sich zu „West-Zeiten“ als Erstes daran machte, Flüsse wie diesen zu reinigen. Es wird wahrscheinlich noch einmal gut 25 Jahre brauchen, bis man erstmals wieder in die „Weiße Elster“ springen kann, ohne um seine Gesundheit fürchten zu müssen.
Und eben mit diesem nicht vorhandenen Vorwissen über Umwelt, wurden wir Kinder mit ‚Das Erbe‘ zum ersten Mal so richtig mit dem Gedanken der Umwelt konfrontiert. Bei mir säte das Spiel jedenfalls auf äußerst fruchtbaren Boden. Ich würde mich zwar nicht als Umwelt-Aktionist oder dergleichen beschreiben, doch ich kümmere mich schon darum, belastenden Müll möglichst überschaubar zu halten, Energie nicht vollkommen sinnlos zu verschwenden, Geräte bis zu ihrem Ableben zu nutzen und hinterfrage schon so manche Praktiken der Lebensmittelkonzerne, die selbst Pralinen in den bereits verpackten Schachteln noch einmal verpacken. Eine unfassbare Verschwendung von Ressourcen und sobald man eine solche Pralinenschachtel geleert hat und sich den Müll anschaut, der produziert wurde, wird einem ganz anders, wenn man sich nun vorstellt, dass jährlich Millionen Packungen verkauft werden und für welche Müllberge alleine dieses eine Produkt sorgt. Ich lasse jedenfalls den Spruch nicht gelten, dass „ein einzelner Mensch nichts bewegen könnte“. Denn es ist Quatsch oder nur eine Ausrede zum Wegsehen: Alles muss irgendwo schließlich seinen Anfang haben!
'Das Erbe' (Amiga/1991) - Was mich betrifft, so erfüllte es seinen Zweck, etwas mehr über die Umwelt nachzudenken
English Course for Absolute Beginners
Selbstredend handelt es sich hierbei grundsätzlich um ein Lernprogramm, jedoch ist selbst dieses mit vielen Erinnerungen verbunden. Dabei hat es sogar einen Punkt allen bereits genannten Amiga-500-Spielen voraus: Genau wie ‚Cabal‘, ‚Turrican II‘, oder das im Anschluss genannte ‚Barbarian‘ war es unter meinen ersten 10 Spielen überhaupt, die ich 1991 für meinen Amiga erstmalig stolz mein Eigen nannte. Doch da ist noch mehr: Während ich nämlich im Laufe der Jahre immer mal wieder den Turrican-Suite anzog, in ‚Barbarian‘ das Schwert schwang oder in ‚Cabal‘ ab und zu mal wieder die Feinde der Reihen mit meinen virtuellen Maschinengewehr lichtete, so habe ich Ralf Hoffmanns ‚English Course for Absolute Beginners‘ wirklich seit den Tagen damals nicht wieder gestartet. Genau genommen rutschte der Titel so allmählich in eine dunkle Ecke meiner Erinnerungen. Es freut mich daher sehr, dass ich dort sicherheitshalber noch mal nachschaute und mit einem freudigen Blick einen Moment verweilte als plötzlich meine Eindrücke von vor so langer Zeit wieder in mir zum Vorschein kamen. Nicht weniger als gut 26 Jahre sollte es nun schon her sein, seit ich meine damals beschämenden Englisch-Kenntnisse erstmalig mit diesem Kursus auf die Probe stellte. Aber nicht nur ich tat dies, sondern ebenfalls meine ältere Schwester sowie mein Vater. Regelmäßig versuchten wir stetig weiter zu kommen und den anderen zu übertrumpfen.
Was sich heute relativ gewöhnlich lesen dürfte, war für uns damals schon ein großes Ding. Als eine der in der DDR aufgewachsene Generation stellte uns „Mütterchen Russland“ beziehungsweise die damalige Sowjetunion nämlich in der Schule nicht vor die Wahl, die angelsächsische Fremdsprache überhaupt lernen zu dürfen. Denn die sprach der Imperialist, der verhasste Klassenfeind. Auf dem Plan stand stattdessen über alle Maßen die Fremdsprache Russisch. Immerhin sollte man die „Genossen, die Brüder und Schwestern im kyrillischen Osten auch verstehen können“. Obwohl Fremdsprachen an sich eigentlich sehr interessant für mich sind, kam ich an Russisch einfach niemals heran. Ich quälte mich regelrecht durch die Unterrichtsstunden und es war mir nie vergönnt, die Sprache halbwegs brauchbar zu beherrschen. Hätte man mich – wie einige wenige Erwählte – nach Moskau geschickt, hätte ich gerade einmal nach dem Kino fragen können. Aber in der DDR galt in den Schulen das Besuchen der so genannten „R-Klasse“ (das „R“ stand für Russisch) als sehr angesehen, weshalb es den Eltern generell wichtig war, die eigenen Kinder dort hinein zu bekommen. Denn Jahre bevor man von der Gesamtschule auf das Gymnasium wechseln konnte, geschah hiermit bereits eine erste Separierung und man sollte sich wohl besser fühlen, weil man in die R-Klasse gehen durfte. Ob angesehen oder nicht: Ich quälte mich jedes einzelne Mal durch die Russisch-Stunden. Nach der Wiedervereinigung und dem Wechsel von Russisch vom Pflicht- zum Wahlfach feierten meine grauen Zellen eine riesige Party und entledigten sich im Hardcore-Delete-Modus sowie in Überlichtgeschwindigkeit dem bereits erlernten russischen Sprachkenntnissen. Schon Monate später verstand ich kaum noch ein russisches Wort und heute mein Wissen als „Grundkenntnisse“ zu bezeichnen, wäre ganz schön gewagt. Denn so gesehen ist Russisch für mich – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes – noch immer eine echte „Fremdsprache“. Neben „Bitte“ (пожалуйста), „Danke“ (спасибо), „Komm schon“ (давай), „Guten Tag“ (Здравствуйте) oder weiteren simplem Aussprüchen ist da schlicht nichts mehr übrig geblieben. Lediglich das Wort für „Sehenswürdigkeit“ scheint irgendwie löschgeschützt zu sein und wird wohl als letzte Vokabel aus meinem Gedächtnis entschwinden, bevor ich die Sprache komplett vergesse. Was allerdings nur an dessen Prominenz liegen dürfte – handelt es sich bei "достопримечательность" doch um das längste russische Wort überhaupt.
Aber zurück zum Englisch-Kurs für Anfänger: Es gab Tage, da legte ich die Diskette eigentlich nur ein, weil ich die Intro-Musik so unfassbar schön fand. Erst viel später begriff ich, dass es sich dabei um einen Ausschnitt des Crocket Themes handelte, welches in der TV-Serie ‚Miami Vice‘ in den 80ern berühmt wurde. Einfach ein wunderschönes Lied, an dem ganz schön viele Erinnerungen an meine Kindheit baumeln. Später fragte ich mich dann, wie der Programmierer Ralf Hoffmann überhaupt an die Rechte für die Melodie gekommen war. Nirgendwo stand ein Hinweis darauf und heute glaube ich, dass es wohl einfach niemand bemerkte, dass hier das Miami-Vice-Lied zweckentfremdet wurde. Ich hörte den Track dort tatsächlich zum allerersten Male überhaupt und denke immer sofort an meine damaligen Amiga-Englisch-Stunden, wenn die Töne erklingen. Ich weiß noch genau, wie hart meine ältere Schwester, mein Vater und ich immer wieder unser Bestes versuchten, möglichst weit zu kommen. Vor allem meine Schwester packte der Ehrgeiz enorm. Leider wiederholten sich die gestellten Fragen mit jedem Anlauf erneut, so dass man problemlos die Antworten auch durch Trial-and-Error korrekt lösen konnte und sich schlicht merkte, welche Antwort korrekt war. Ganz ohne die Sprache überhaupt zu verstehen. Später machte ich eben genau das, denn im Kern nahm ich diese Englisch-Stunden dennoch als eine Art Spiel wahr. Es lief immerhin auf einem Amiga und das war für mich nun mal ein Spielecomputer.
Zu guter Letzt muss man leider sagen, dass ich damals fast gar kein Englisch-Wissen mit dem digitalen Kurs aufbauen konnte. Das lag aber nicht an dem Stück Software, sondern an meinem nichtvorhandenen Interesse an dieser Sprache zu der Zeit. Das wurde erst viele Jahre später geweckt, als eine verdammt gute Lehrerin es schaffte, mich für Englisch richtig zu begeistern. Ich hätte jedenfalls als Kind niemals vermutet, die Sprache irgendwann verstehen oder gar sprechen zu können. Beruflich war ich einige Jahre sehr viel im Ausland unterwegs und sinnierte immer mit einem kleinen Lächeln darüber, wie meine ersten Schritte in Englisch tatsächlich mal ausgesehen haben – und wie mein Vater, meine Schwester und ich mit so viel Ehrgeiz durch dieses kleine Programm von Ralf Hoffmann stolperten.
'English Course for Absolute Beginners' (Amiga/1988) - Ich wette: Hätte man Entwickler Ralf Hoffmann damals gefragt, ob sich knapp dreißig Jahre später jemand an sein Englisch-Programm erinnern würde, hätte er dies sicherlich niemals für möglich gehalten
Barbarian: The Ultimate Warrior
Schwertkämpfe hatten für mich eigentlich immer eine gewisse Faszination, gilt es in meinen Augen doch als ehrenwerter und vor allem ehrlicher Kampf, in welchem Können und Geschick entscheiden. Man steht sich Auge in Auge gegenüber und nur einer wird das Schlachtfeld wieder verlassen. An dieser sicherlich recht romantischen Sicht zeigt sich wahrscheinlich der Romanautor Alexandre Dumas sicherlich nicht ganz unbeteiligt. Seine „Drei Musketiere“ gelten immerhin als das wohl reinste Sinnbild der absoluten Männlichkeit, die jeder heranwachsende Jüngling meines damaligen Alters unbedingt genau so nachleben wollte. Das Wort „Ehre“ haben diese literarischen Figuren derart geprägt, dass sie beinahe ein Synonym dessen geworden sind. Leider scheinen heute solche Vorbilder gänzlich verschwunden und es gibt genügend Kinder, die noch nie von Alexandre Dumas Werk überhaupt je etwas gehört haben.
Selbst habe ich den Schwertkampf niemals gelernt, habe mir jedoch unzählige Matches mit meinem jüngeren Bruder in der virtuellen Welt von ‚Barbarian: The Ultimate Warrior‘ geliefert. Ich weiß noch, dass es unter den ersten zehn Spielen war, die ich überhaupt für den Amiga 500 besaß. Und da unter denen gleich mehrere echte Gurken waren, gelangte ‚Barbarian II‘ extrem oft in das Laufwerk meines damals noch brandneuen Amigas. Das kannte ich nämlich unter anderem noch vom C64 und wusste, auf was ich mich da einlasse. Obwohl die Schnetzelhatz ziemlich brutal daherkam, besaß es dennoch für alle Personen, die ich kannte, trotzdem einen durchweg humoristischen Charakter. Heute würde man wahrscheinlich das Wort „trashig“ in den Mund nehmen. Hakte man zum Beispiel dem Gegner mit einem beherzten Schlag den Kopf von den Schultern, wanderte seelenruhig ein Troll ins Bild, schoss den Kopf wie einen Fußball aus dem Screen und zerrte im Anschluss die Reste der Leiche aus der Arena. Beim ersten Mal hatte ich mich darüber absolut schlapp gelacht, denn oft sah man diesen Level des Humors seinerzeit nicht, stellte für den Gewinner allerdings die ultimative Genugtuung dar. Schnell wurde daher die Enthauptung des virtuellen Gegenübers die wichtigste Intention überhaupt: Ein Sieg ohne „Kopf ab“ sollte schon bald kein richtiger Sieg mehr sein. Denn ganz so einfach war der finale Schlag nicht auszuführen: Das Timing wie auch der Zufall spielten gleichermaßen hierbei eine wichtige Rolle.
Das hat jedenfalls damals einen riesigen Spaß gemacht und selbst mein Vater, der immer mal zuschaute, geriet nach nur wenigen Momenten ins Schmunzeln. Schon allein die deplatzierten Kampfschreie der beiden Gladiatoren, mit ihren „Aaahh“s oder „Uuuuh“s, klangen mehr danach als würden sich die Recken am heißen Ofen verbrennen, aber nicht ein Stück danach, als hätten sie gerade einen Schwerthieb abbekommen. Ähnlich war´s mit dem Sound, wenn einer der Recken zu Boden ging: Der hörte sich mehr nach einem aufschlagenden, zentnerschweren Holzstück an, nicht aber nach einem menschlichen Körper. Ach ... die Zeit werde ich wohl nur schwer jemals vergessen können. Es war die Zeit der Aufbruchstimmung und alles fühlte sich noch so neu an. Fast als wäre man ein Pionier, der das als einer der ersten Menschen überhaupt zu Gesicht bekam. War schon eine tolle Zeit ...
'Barbarian: The Ultimate Warrior' (Amiga/1988) - Übertrieben brutal aber irgendwie auch immer wieder ein großer Spaß unter Brüdern
Jedes Mal, wenn ich Eure Kolumnen lese, muss ich daran denken, wie wenige Leute diese wohl lesen werden. Einfach aufgrund dessen, dass sie relativ lang sind und heutzutage Leute sich lieber Videos ansehen und eher kurze Artikel und Beiträge vorziehen.
Daher meinen Respekt an diese sehr schön geschriebenen Beiträge. Wenn man sich die Zeit nimmt, so sprudelt die dahinter liegende Leidenschaft quasi hervor. Man kann sich ihr nicht entziehen, zumindest nicht, wenn man dieselbe Leidenschaft oder dieselben Erlebnisse hatte.
Ich mag nur vermuten, wie viel Zeit hier hinein fließt, Zeit, die viele von uns heutzutage nur noch schwer entbehren können.
Auf diesem Wege ein dickes Danke für die Kolumnen und dass hier von den wenigen Leuten, die diese lesen, mal der eine und andere auch anfängt zu kommentieren.
(08.02.2019 _ 13:31:51)
Falko Tetzner (Webmaster):
Hallo AmigaMaster,
Ich gebe gern zu, dass mir beim Schreiben dieser Artikel selbstredend auch die Frage hin und wieder im Kopf aufblitzt, ob sich Leser für den Part, den ich gerade schreibe, überhaupt interessieren werden. Und dann wird mir klar, dass das Bejahen dieser Frage eben nicht die Motivation für das Schreiben ist. Ich habe schon mehrfach geschrieben, dass ich mich selbstredend über Kommentare immer freue, sie jedoch nicht ausschlaggebend sind. Das ist für die Meisten immer ein wenig schwer vorstellbar. Aber das Schreiben macht mir Spaß, es ist ein Hobby, welches ich auslebe. Manche basteln an einer Modelleisenbahn, andere schrauben am Auto und wieder andere malen Bilder und ich schreibe eben Artikel. Es braucht dafür theoretisch kein Publikum, da die Tätigkeit an sich eben so einen großen Spaß macht.
Allerdings poppt hier dann oft gleich die Folgefrage auf, die sich geradezu aufzwingt: Warum betreibe ich dann eine Webseite, wenn es mir nicht wichtig ist, dass die Zeilen gelesen werden? Es ist ein Trugschluss, dass es mir egal wäre, ob die Zeilen tatsächlich gelesen werden. Natürlich freue ich mich immer sehr über interessierte Leser. Doch vielleicht ist hier eine Analogie die beste Antwort: Die Webseite ist eine Art Schaufenster für mich. Jeder der durchschauen und an meinem Hobby teilhaben mag, kann dies jederzeit tun. Doch was sich innerhalb dieses Schaufenster abspielt - die Artikel, die geschrieben werden - würde eben auch ohne Zuschauer existieren. Das Zeitpensum für so eine Kolumne ist nicht zu unterschätzen, klar, aber ich mache es eben einfach zu gern. Es ist ein Herunterkommen von stressigen Tagen und ein seelisches Durchatmen für mich. Ich zitiere mich da gern selbst: "Nostalgie ist mein Urlaub."
Nichtsdestrotz freue ich mich, dass Du die Zeit nimmst, die Artikel zu lesen und zu kommentieren - keine Frage. Aber das Kommentieren ist auf 'Adventures Unlimited.de' eben immer so eine Sache. Gerade heutzutage mit unseren überschaubaren Besucherzahlen. Ich denke, es gibt genügend Leute, die eine Hemmschwelle haben, wenn sie unter einem Artikel als erster (und vielleicht einziger) Kommentar überhaupt im Netz dauerhaft zu lesen sind. Obendrein ist der Prozentsatz von Lesern, die tatsächlich kommentieren, oft ohnehin ziemlich klein. Trotzdem danke ich Dir sehr für Deine überaus netten Worte!