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Kolumne 35: (Zu) lang ist's her - Part V
Fünf Ableger unserer Reihe sind mit diesem bereits erschienen und wir werden gerade erst so richtig warm. Dieses Mal haben wir auch ein Adventure in unserer Liste, das tatsächlich bislang auf 'Adventures Unlimited.de' zu unserer Schande keinerlei Erwähnung fand.
The Legend of Kyrandia
Mit ‚Eye of the Beholder‘ hatten die ‚Westwood Studios‘ bereits in der Rollenspielwelt einigen Eindruck hinterlassen. Obwohl sich die 1985 in Las Vegas gegründete Softwareschmiede bereits mit allerlei Genres auseinandersetzte, ist uns heute aus dieser Zeit eben nur dieser Ausflug in das Nachbargenre der Adventures bekannt, der es letztlich gar auf zwei Fortsetzungen brachte. Ähnlich erfolgreich und im Gedächtnis geblieben ist auch ihre erste Adventure-Reihe ‚The Legend of Kyrandia‘ – und wie der Rollenspielbruder sollten hier auch insgesamt zwei Fortsetzungen folgen. Leider war die Umsetzung des Hauptspiels 1992 für den Amiga 500 bereits der Anfang vom Ende: Amiga-Mutter ‚Commodore‘ befand sich nämlich schon zu dieser Zeit in ernsten finanziellen Schwierigkeiten und die Konkurrenz, allen voran der DOS-PC, zog an meinem Lieblingsrechner jeden Tag ein Stück weiter vorbei. Das merkte man leider auch an der Performance des Titels: Während die PC-Fassung sehr rund lief, schien die Amiga-Version bereits an viele Leistungsgrenzen zu stoßen bzw. wurde einfach nicht gut optimiert. Teilweise ruckelte das Geschehen schon arg. Dennoch rechne ich den Entwicklern hoch an, dennoch versucht zu haben, der Amiga-Fassung so wenige Einschnitte wie möglich zuzumuten. Selbst das wirklich schön gemachte Intro war beinahe 1:1 übertragen worden und seiner Zeit auf jeden Fall ein gutes Stück voraus.

Malcolm, der einstige Hofnarr des Königs, flieht aus dem Gefängnis und kann irgendwie die Kontrolle über das Kyragem erlangen, was sämtliche Magie des Landes in sich birgt. Mit dieser neuen Stärke bewaffnet, ermordet er das monarchische Oberhaupt, um selbst die Macht zu ergreifen. Um jedwede Gefahren seiner neuen Regentschaft direkt im Keim zu ersticken, macht er sich außerdem auf, sämtliche Zauberer des Reiches Kyrandia ebenfalls aus dem Verkehr zu ziehen. Die wiederum werden nun immer schwächer und sind Malcolms Wahnsinn praktisch schutzlos ausgeliefert. So ist einer seiner ersten Anlaufstellen direkt der Chef aller Magier: Khalak. Der schreibt in aller Eile noch eine Notiz in seinem Baumhaus, wohlwissend, dass es um ihn bald geschehen sein würde. Allerdings bringt der Hofnarr ihn letztlich nicht um, sondern verwandelt ihn zu Stein und lässt ihm lediglich sein Augenlicht, damit er die Vernichtung des Landes tatenlos mit ansehen muss. Kurz darauf tritt der junge Brandon auf den Plan, der jedoch nur noch die Statue seines Großvaters begutachten kann. Völlig aufgelöst manifestiert sich plötzlich eine seltsame Gestalt in den Wänden des Baumhauses und spricht zu ihm: Er sei der Einzige, der Malcolm aufhalten könne. Es wäre seine Bestimmung…

Grundsätzlich fühlte sich die Story einfach ganz anders an als alles, was die Konkurrenz im Adventure-Genre zu diesem Zeitpunkt zu bieten hatte. Vor allem Hofnarr Malcom wurde nicht einfach nur böse in die Handlung eingeführt, sondern es wurde mit allen Mitteln versucht, dessen Charakter und Wahnsinn dem Spieler zu verdeutlichen. ‚The Legend of Kyrandia‘ glich so nur äußerlich einem Märchen mit Zauberern, schönen Wäldern und einem obligatorischen Königreich. Innerlich war es ein Spiel für ältere Jugendliche oder gar Erwachsene. Zur Abwechslung musste außerdem mal keine holde Maid aus den Fängen des Bösen errettet werden, wie das in gefühlt jedem zweiten Märchen zum guten Ton gehört. Das weckte bei mir auf jeden Fall einiges an Interesse und ich spielte daher das auf 9 Disketten ausgelieferte Adventure auch komplett durch. Obgleich ‚Westwood‘ hier etwas Eigenes erschaffen hatte, kam dennoch bei mir öfter das Gefühl auf, eigentlich ein Spiel vom Konkurrenten ‚Sierra‘ vor mir zu haben. Einige der Zutaten glichen nämlich denen von Sir Grahams fünfter Suche: Eine schicke Märchenwelt, ein hoher Schwierigkeitsgrad, Sackgassen und die Möglichkeit, auf verschiedene Arten und Weisen zu sterben. Letzteres war zwar gefühlt nicht ganz so extrem wie in ‚Kings Quest V‘, aber die Sackgassen nahmen schon teils sehr übertriebene Formen an. Es konnte nicht nur einmal passieren, dass es möglich war, wichtige Gegenstände zu vergessen. Teilweise war das derart unfair, dass man teils nach dem Trial-and-Error-Prinzip erst bis zu einer speziellen Stelle spielen musste, nur um dann zu wissen, welche Gegenstände im Gepäck sein mussten. Erschwert wurde dies vom Inventarsystem. Dieses ist nämlich auf nur 10 Items begrenzt. Überschüssige Gegenstände mussten dann irgendwo in der Welt deponiert werden, was allerdings persistent war. Das Spiel merkte sich also die Orte, wo man Dinge hortete. Somit war das Inventar-Management bereits ein eigenes Rätsel für sich.
Auf die Spitze trieb das das im Labyrinth der Schlangengrotte, welches relativ früh im Spiel zur Herausforderung wird. Wollte man das nämlich am Stück meistern, musste man seinen Rucksack praktisch vollends leeren, bevor man diese betrat. Ansonsten kam es ständig zu Platznot im Gepäck, was das ohnehin viele Hin und Her im Labyrinth nochmals anschwellen ließ. Die Schlangengrotte ist dabei so komplex gewesen, dass ich mir sogar eine handgezeichnete Karte anlegte, um mich darin überhaupt zurechtzufinden. Obendrein musste man mit speziellen Feuerbeeren auch eine Art Licht-Management bewerkstelligen. Die Beeren wuchsen nämlich nur an Sträuchern in bestimmten Räumen des stockfinsteren Labyrinths und spendeten Licht. Sackte man sie nun ein, erlosch ihre Strahlkraft kontinuierlich. Nach dem dritten Raumwechsel stand man bereits buchstäblich im Dunkeln und wurde von allerlei Getier zerfleischt. Für mich persönlich ist daher die gesamte Rätselkette in der Schlangengrotte der definitiv schwächste Teil im gesamten Spiel. Das war dann eigentlich auch der Hauptgrund, warum ich ganz bewusst zur Komplettlösung griff. Das endlose Hin und Her und die vielen möglichen Sackgassen zerstörten mir einfach den Spaß am Knobeln erheblich. Ich bin auch davon überzeugt, dass weniger gerade hier definitiv mehr gewesen wäre. Generell bin ich nicht unbedingt der größte Fan von Labyrinthen in klassischen Adventurespielen. Aber eben für jene schienen die Entwickler einen gewissen Faible innezuhaben. Letztlich waren nämlich im Grunde alle Locations in gewisser Weise Laybrinthe – waren es nun das Schloss oder die vielen Wälder. Und gerade den Wald sieht man im Spiel derart oft, dass im Internet gefühlt jeder zweite Screenshot aus eben diesen stammt. Aufgrund dessen habe ich mich tapfer aufgemacht, den Titel am Amiga noch einmal komplett durchzuspielen. War einnmal mehr eine tolle Erfahrung, habe ich das Adventure nun doch schon einige Jahre nicht mehr angefasst.

Im Nachhinein bin ich allerdings froh, dass sich das wiederwillige Inventarsystem niemals über Westwood-Grenzen hinaus durchsetzte. Die Möglichkeit überall Gegenstände ablegen zu können und überhaupt nur über ein begrenztes Gepäck zu verfügen, knallt direkt gegen meine Erwartungshaltung bei Abenteuerspielen. Ich will da schlichtweg direkt alles einsammeln können, obgleich es natürlich logisch wenig nachzuvollziehen wäre, wenn ein Charakter dutzende Objekte in seinen Taschen mit sich führt und damit eigentlich kaum noch laufen könnte. Doch hier lasse ich die Logik gern außen vor, um mir unnützes Hin und Her zu ersparen. Ebenso nicht so schön gelöst ist auch das Suchen von Gegenständen an sich: Es existiert nämlich keinerlei Benennung der Hotspots. Man klickt einfach in die Location und hofft, einen Interaktionspunkt erwischt zu haben. So offenbart ein Klick unter den Schreibtisch von Brandons Großvater eine Säge, ein anderer auf einen kleinen Fluss plötzlich einen Edelstein. Ist zwar jetzt nicht unbedingt unlogisch, fühlt sich aber einfach nicht angenehm an. Das liegt hauptsächlich daran, dass der Spieler die Gegenstände direkt mit dem Mauscursor aufnimmt. Brandon rührt sich dabei keinen Millimeter, was dann beinahe wie ein Wimmelbildspield wirkt und gar losgelöst. Durchsucht man also beispielsweise den eben erwähnten Fluss, dann rührt sich Brandon nicht, sondern durch einen Klick auf den Fluss hat man plötzlich den gesuchten Edelstein wie durch Zauberhand im Gepäck. Das kann man natürlich sehen, wie man möchte, aber für mich persönlich wirkt das irgendwie unfertig.

Großes Highlight des Spieles war für mich hauptsächlich die erwachsene Märchenwelt und die überaus stimmige und optisch ansprechend gepixelte Grafik, in eben diesem zeitlosen Stil, der irgendwie nie zu altern scheint. Allerdings liebäugelte ich in diesem Bezug stetig mit der DOS-PC-Version, da die optisch, aufgrund bildschöner VGA-Grafik in satten 256 Farben, einfach deutlich hübscher als die Amiga-Fassung war. Manchmal bekamen Entwickler es richtig gut hin, die Farbpalette so zu arrangieren, dass es gar nicht sofort auffiel, das der Amiga 500 nur maximal 32 Farben gleichzeitig darstellen konnte. ‚The Legend of Kyrandia‘ gehörte leider nicht zu dieser Umsetzungsgattung und man sah es dem Spiel an jeder Ecke an, dass der PC die Hauptplattform für die Entwicklung gewesen war und die Grafiken für den Amiga schlicht in 32 Farben konvertiert wurden. Allerdings mache ich den Machern hier keinen Vorwurf: Das Endergebnis gefiel nämlich dennoch und sah respektabel aus, stand aber eben dennoch mindestens zwei große Schritte hinter der PC-Version, die mit 256 Koloriten diese erwachsene Märchenwelt unübertroffen gut visualisierte. Außerdem waren auf dem Amiga lange Ladezeiten angesagt. Eine Festplatteninstallation war zwar möglich, aber HDDs waren zu dieser Zeit – vor allem für den Amiga 500 – richtig teuer. So konnte man schon froh sein, wenn ein zweites Diskettenlaufwerk an den Rechner angeschlossen war, welches zumindest die Diskettenwechseleien auf ein erträglicheres Maß reduzierte. Allerdings empfand ich die Entscheidung der Entwickler, die neunte Diskette zwingend als Spielstandsdiskette zu verwenden, als wenig sinnig. Nicht nur wegen der Möglichkeit, den ungeliebten „Disk is not validated“-Fehler zu bekommen (den erkläre ich später in der Kolumne), sondern auch wegen dem ungeschriebenen Computer-Gesetz, NIEMALS auf die originalen Spieldisks zu speichern.
'The Legend of Kyrandia' (Amiga/1992) - Die Westwood Studios im Adventure-Rausch

Apidya
1992 entwickelte ‚Kaiko‘ ein Spiel, das bei mir genau in eine gewisse Kerbe schlug. Ich war schon immer ein Fan von Shoot’em Ups gewesen, wie beispielsweise ‘X-Out’, ‘Katakis’ oder ‘R-Type’ auf dem C64 und dem Amiga 500. Obwohl ich nicht einen Titel, aufgrund des hohen Schwierigkeitsgrads jemals ohne Trainer erfolgreich bis zum Schluss durchhielt, war ich dennoch fasziniert von dieser Art Spiel. Leider erschien eine ganze Zeit lang nach denen nichts, was irgendwie auf dieser Welle hätte mitschwimmen können. ‚Apidya‘ hingegen plantschte nicht nur einfach mit, sondern pushte die Wassermassen gar noch an. Allerdings schien das Entwickler ‚Kaiko‘ nicht zu retten, denn die Schmiede ging nur ein Jahr später Konkurs. Weitere Spiele der Mannen sind mir nicht bekannt. Obgleich der Firmenname wohl ganz bewusst eine asiatische Herkunft assoziieren sollte, handelte es sich allerdings um eine deutsche Firma. Diese Relationen zum japanischen Markt gingen sogar soweit, dass letztlich Verwirrung beim eigentlichen Titelscreen von ‚Apidya‘ aufkam: Denn in diesem befanden sich nicht nur katakananische Symbole (eine japanische Silbensprache), sondern auch die römische Zwei („II“). Aufgrund dessen fragten sich viele Spieler zurecht, ob ‚Apidya‘ in Wirklichkeit ‚Apidya II‘ war und da nicht irgendwo noch ein erster Teil herum wuselte. Tatsächlich hatte mir das lange keine Ruhe gelassen. Niemand konnte bestätigen oder dementieren, dass es ein zweiter Teil war und erst viel später erlöste mich das Internet: Es gab keinen zweiten Teil und die römische Zahl ist in Wirklichkeit wahrscheinlich ebenso aus dem Katakana übernommen oder schlicht und ergreifend ein optischer Zufall.

Bei der Story lächelt man heute tatsächlich einmal mehr zurecht. Denn auch diese konnte wieder mit allerlei Skurrilität aufwarten und ist überdeutlich an die asiatische Spiellandschaft angelehnt: Im Jahre 19XX (das schrieb man wirklich so und war wahrscheinlich von ‚Mega Man‘ stibitzt) entsendet die Hexe Hexaae einen Schwarm gewalttätiger Bienen, um das junge Frauenzimmer Yuri umzubringen. Allerdings töten die Insekten das Mädel nicht, sondern vergiften es lediglich, so dass noch Zeit für die Rettung bleibt. Klischeebehaftet macht sich einmal mehr der Mann an ihrer Seite auf, das Gegenmittel zu beschaffen. Der junge Ikuro verwandelt sich deshalb in eine Biene und macht sich auf den langen Weg zu Hexaee. Warum er sich aber ausgerechnet in ein stechendes Insekt verwandelt, wo er wahrscheinlich als Mensch doch viel schneller zum Schloss der Hexe kommen dürfte, steht natürlich nicht zur Debatte. Macht aber auch nichts, denn obwohl die Einleitung mit einem wirklich tollen und durchweg animierten Intro erzählt wird, ist sie doch einmal mehr nur Mittel zum Zweck, sich auf eine Rettungsmission zu begeben – und die hatte es in sich. Grafisch und musikalisch wurde hier jedenfalls ein Feuerwerk verballert, das manche Entwickler in mehreren Spielen zusammengenommen nicht hinbekamen.

Dieses Feuerwerk spiegelte sich in der ungeheuren Abwechslung wieder und vor allem auch der Perspektive. Als Insekt sieht die Welt eben vollkommen anders aus: Aus einer harmlosen Wiese wird plötzlich ein Schlachtfeld, ein seelenruhiges Moor verwandelt sich in ein Krisengebiet und jeder noch so kleine Käfer wird zur tödlichen Bedrohung. Insgesamt müssen fünf thematisch unterschiedliche Welten gemeistert werden, die allesamt einen typischen, finalen Obermacker besitzen, der besondere Taktiken benötigt. Während sich uns in der ersten Welt ein noch recht harmloser Grashüpfer in den Weg stellen sollte, verkommen die letzten Endbosse teilweise zur Bullet-Hell-Attraktion. Daher war für mich nach spätestens der dritten Welt Feierabend. Ich hatte mich immer gefragt, wie man den dortigen Obermacker erledigen solle. Da fliegen derartig viele Geschosse und dergleichen auf einen zu, dass man irgendwann nicht mehr wusste, wo man noch chirurgisch genau hinsteuern sollte. Das war mir einfach zu viel und heute ist das für mich erst recht ein Ding der Unmöglichkeit. Obgleich die Reflexe von uns allen im Alter mehr und mehr nachlassen, würde ich mich als Mitdreißiger noch lange nicht zum alten Eisen zählen, aber man ist solche Schwierigkeitsgrade heute schlicht nicht mehr gewohnt.
Ich bin jedoch ehrlich froh, dass die Zeiten solch' knüppelharter Endgegner vorbei sind. Bereits damals bedeuteten sie für mich mehr Frust als Herausforderung. Auch hier griff ich später einmal mehr zum Trainer, der mir unendlich Leben bescherte, nur um das Ende des Spieles zu sehen. Und ich hatte ja keine Ahnung, was da alles noch folgen sollte: Die letzte Welt besteht beispielsweise nur aus verschiedenen Endgegnern und ich saß nicht nur einmal fragend vor dem Monitor, wie zum Geier man das im Normalfall eigentlich schaffen sollte. Man konnte zwar zu Beginn im Optionsmenü die Leben, mit denen man starten konnte (zur Wahl standen 3, 4 und 5), einstellen, aber wer nutzt diese Option? Natürlich möchte ich mit dem Maximum an Leben, die mir ein Spiel zur Verfügung stellt, spielen. Weniger Leben würde mehr Herausforderung bedeuten und bei ‚Apidya‘ hat man davon wohl schon mehr als genug – muss eine Option für Jedis oder Wahnsinnige gewesen sein.

Nebst der vielen Action, die den Amiga gern mal performancetechnisch in die Knie zwang, musste obendrein noch die Biene taktisch gepimpt werden. Abgeschossene Gegner- oder Gegnerwellen lassen nämlich rote Blumen zurück, die eingesammelt werden können. Im unteren Teil des Bildes befindet sich eine Leiste mit verschiedenen Icons, die hervorgehoben werden – je nachdem wie viele Blümchen man da eingesackt hatte. Jedes repräsentiert dabei eine besondere Waffe oder Fähigkeit: Doppelschuss, Dreifachschuss, Geschwindigkeit oder Schutzschild beispielsweise. Mittels der Leertaste konnte man nun das ausgewählte Equipment freischalten und direkt auf dem Schlachtfeld nutzen. Das Spiel bot auch eine automatische Auswahl an, wo das Programm selbstständig die Waffen und Utensilien nach einem bestimmten Muster freischaltete und aktivierte. Oft war dies jedoch kontraproduktiv, da man zumeist seine Lieblingswaffen hatte, die man schnell aufwerten wollte und nicht das, was da automatisch aktiviert wurde. Jede Waffe konnte man dabei mehrmals steigern, womit diese an Durchschlagskraft gewann. Verlor man ein Leben wurde das gesamte Equipment allerdings um eine Stufe abgewertet und schneller als man denken konnte, war man so wieder bei der plumpen Standardbewaffnung, die später keinen Gegner mehr erschrecken konnte. Zudem wurde mit ansteigender Welt die Anzahl der sammelbaren Blümchen immer drastischer reduziert, womit ein fehlerfreies Spielen – was im Großen und Ganzen das Auswendiglernen der Levels beinhaltete – mehr und mehr zwingend notwendig wurde. Verlor man gegen Ende ein, zwei Leben und war waffentechnisch zu stark zurückgesetzt, hatte man praktisch keine Chance mehr, der Gegnerhorden Herr zu werden. Selbst normale Gegnerwellen bekam man nicht mehr klein. Dennoch spielte ich ‚Apidya‘ wieder und wieder. Vor allem die Suche nach Bonuswelten machte wirklich Laune, da die ziemlich clever versteckt waren. In Welt zwei kämpft man gegen Ende gegen einen riesigen Karpfen, dem man – bevor der eigentliche Kampf beginnt – schnell direkt ins Maul fliegen musste. Das war aus dem Grund so interessant, da normalerweise eine einzige Berührung mit einem Gegner oder einem Hindernis das sofortige Ableben zur Folge hatte. Man überlegte sich solche Aktionen daher lieber zweimal.

Musikalisch zeigte sich einmal mehr Soundmagier Chris Hülsbeck für die Musik verantwortlich und dies bedeutete schon immer, dass ich auch einfach hätte schreiben können: „Die musikalische Untermalung ist großartig!“. Jede Welt besteht aus drei Leveln und mindestens einem Endboss. Dann gibt es noch Bonuswelten und wie gehabt hat Herr Hülsbeck jedem einzelnen Meilenstein eigene Musikstücke spendiert. Diese passen absolut hervorragend zum Gesehenen und unterstreichen die Action als Ohrenschmaus. Auch ohne Dauerfeuer sind diese Melodien natürlich separat durchaus hörenswert, weshalb es sich der Komponist nicht nehmen ließ, diese modern zu remastern und als eigenes Album zu veröffentlichen. Das hatte ich mir natürlich direkt gekauft und hörte es regelmäßig rauf und runter. Gleiches mache ich selbst heute noch immer wieder mit großer Freude. Denn ähnlich wie die ‚Turrican‘-Soundtracks sind die Melodien und Musikstücke absolut einmalig und unterstreichen einfach das "Feeling" dieser Tage absolut gekonnt. Meiner Meinung nach ist das Apidya-Album definitiv eines der besten Alben, die Chris Hülsbeck überhaupt produziert hat. Seine Melodien haben - und davon bin ich überzeugt - nicht unmaßgeblich zum Erfolg von 'Apidya' als zeitlosen Klassiker beigetragen.
'Apidya' (Amiga/1992) - Der peusdo-asiatische Sidescroller aus deutschen Landen

Emerald Mine
Der Titel ‘Emerald Mine’ war wohl in der Tat der erste Titel überhaupt, den ich auf einem Amiga zu Gesicht bekommen sollte. Ich kannte nur den C64 oder die Atari-ST-Konsole zu dieser Zeit, aber vom Amiga hatte ich bis dato noch überhaupt gar nichts gehört und bekam den Titel mehr zufällig bei einem Besuch im Zuhause meiner ältesten Schwester mit. Denn die zockte ‘Emerald Mine’ jeden Abend gemütlich vor'm Fernseher. Ich war damals nur reiner Zuschauer, aber der Titel faszinierte mich schon irgendwie. Das lag vor allem daran, da er meinem ersten Computerspiel ‚Digger‘ so verdammt ähnlich gewesen war, dennoch aber ein paar Eigenheiten innehatte. Auch hier grub sich ein Protagonist durch das Erdreich, musste Diamanten einsammeln, durfte dabei nicht von Felsbrocken zerschlagen werden oder mit den Gegnern auf Tuchfühlung gehen. Und genau wie bei ‚Digger‘ schienen eigene physikalische Gegebenheiten am Werke zu sein: Denn der Charakter konnte sich in alle Himmelsrichtungen graben und das Spiel suggerierte eine Vogelperspektive. Doch Felsen konnten dennoch in angelegte Schluchten stürzen und den Diamantenschürfer erschlagen. Somit schaut man also nicht in der Vogelperspektive auf das Geschehen, sondern auf einen Querschnitt des Erdreichs. Praktisch so, als würde man durch ein Aquarium eine Armeisenkolonie beobachten. Und wie die Ameisen konnte unser Protagonist auch problemlos die Löcher, die er in der Erde angelegt hatte wieder nach oben laufen, sogar jederzeit stoppen und folgte damit seiner eigenen Physik. Diamanten und Felsbrocken reagierten indes so, wie man es erwarten würde: Schob man sie in eine Schlucht, fielen sie – gemäß der uns bekannten Schwerkraft – nach unten. Das bot Raum für kuriose Situationen: So konnte man einem Felsbrocken buchstäblich den Boden „unter den Füßen wegziehen“, worauf dieser nach unten in Richtung des Protagonisten stürzte. Dieser jedoch konnte dabei exakt genauso schnell nach unten davon laufen, wie der Steinkoloss fiel. Was anfangs noch optional sein sollte, wurde später gar ein wichtiges Spielelement und verlangte ein geschicktes Händchen.

Damals habe ich mir über solche physikalischen Differenzen, die die Spielfigur und das Erdreich da offensichtlich innehatten, niemals Gedanken gemacht. Einen guten Freund von mir störte aber gerade dieser Sachverhalt so immens, dass er den Titel nach dem Anspielen gleichmal links liegen ließ. Doch für mich fühlte es sich so richtig an und später sollten es dem viele Klone ebenso gleichtun. Tatsächlich war aber bereits ‚Emerald Mine‘ ein Klon von ‚Boulder Dash‘. Das Original schaute ich mir später ebenfalls einmal an, aber ich sah, dass ‚Emerald Mine‘ doch mehr als genug eigenen Charakter besaß und einen – meiner Meinung nach – viel besseren Spielfluss. Außerdem wirkte es auf mich weniger prozedural erstellt: So bot es genau 80 Level und die waren wirklich spürbar handgemacht. Dabei stieg der Schwierigkeitsgrad langsam aber kontinuierlich an und war bereits beim 30. Level schon eine nicht zu verachtende Hausnummer. Zu den Standard-Elementen wie dem Einsammeln von Diamanten und dem Ausweichen von Felsbrocken kamen dann noch herabfallende Säuretropfen, zeitgesteuerte Sprengladungen und natürlich zahllose Gegner hinzu.

Das Spiel wurde auf nur einer Diskette ausgeliefert, welche gleichzeitig auch die Spielstandsdiskette war. Das schien zwar im ersten Moment äußerst komfortabel, doch machte das vor allem dem Amiga 500 gern mal aufgrund eines doch recht instabilen Schreibvorgang zu schaffen: Zum Beschreiben der Diskette wurde diese für die Dauer des Speichervorgangs gesperrt, um weitere Schreibvorgänge zu verhindern – so weit, so unspektakulär. Allerdings vergaß der so genannte Disk-Handler dann gern mal, eben diese Sperrung wieder aufzuheben. Das endete letztlich darin, dass die Diskette plötzlich nicht mehr zu beschreiben war – der typische „Disk not validated“-Fehler. Es gab da zwar ein paar kleine Tricks, wie den „Disc-Doctor“, diese Sperrung wieder aufzuheben, aber das endete gern mal damit, dass gewisse Dateien nicht mehr lesbar waren und damit vollkommen unbrauchbar. Dieser blöde Fehler wurde erst mit den Amiga-Nachfolgemodellen endlich gefixt. Tatsächlich musste ich mich damals regelmäßig bei allerlei Spielstandsdisketten mit diesem Thema auseinandersetzen. War eine wirklich ärgerliche Sache und wahrscheinlich auch der Hauptgrund, warum ich ‚Emerald Mine‘ niemals abschloss. Jedes Mal kam ich nicht über das 40. Level hinaus, da die Speicherung auf einmal den Geist aufgab. Besonders ärgerlich: Es gab keine Warnung. Man spielte sich durch das knifflige Geschehen, nur um beim nächsten Start zu merken, dass man zwar bis Level 40 gespielt hatte, der letzte erfolgreiche Speicherstand jedoch im 36. angelegt wurde. Ärgerlich! Jahre später und mit einem Trainer bewaffnet katapultierte ich mich direkt in das letzte Level – nur um es einmal zu Gesicht zu bekommen. Der Schwierigkeitsgrad, der hier erreicht wurde, glich mehr der Unspielbarkeit, denn einer Herausforderung. Da half auch der eingebaute 2-Spieler-Modus nichts, mit dem man gemeinsam auf Diamantenjagd gehen konnte. Denn es mussten immer zwingend beide Spieler das Ende erreichen. Starb der Kollege konnte man zwar weiterspielen und gar das Level erfolgreich abschließen, geschafft hatte man es aber eben dennoch nicht. Da natürlich auch die technischen Möglichkeiten des Amigas begrenzt waren, mussten sich beide Spieler das Sichtfeld außerdem teilen – herauszoomen um eine bessere Übersicht zu gewährleisten, wenn man weiter voneinander getrennt war, gab die Technik damals natürlich noch nicht her. So musste man immer recht dicht beieinander bleiben, was den Kollegen wohl mehr zum Mitläufer als zum Mitspieler machte. Generell fand ich den 2-Spieler-Modus eher uninteressant und ich hatte den definitiv mit meinem jüngeren Bruder hin und wieder mal gespielt, aber von diesen Sessions ist mir leider nur wenig im Gedächtnis geblieben. Der Titel war für mich schlichtweg eine Einspieler-Erfahrung. Um gemeinsame Abenteuer im Koop anzugehen, gab es einfach bessere Alternativen.

‚Emerald Mine‘ war ein wirklich schöner kleiner Zeitvertreib, der bei so Manchem einen persönlichen Levelaufstieg in der Hand-Augen-Koordination bewerkstelligte. Außerdem war es auch der Karriere-Startschuss für einen gewissen deutschen Programmierer namens Volker Wertich, der sich später als Vater von „Die Siedler“ weltweit einen Namen machen sollte. Nach dem Erfolg von ‚Emerald Mine‘ erschienen dann noch zwei Nachfolger, denen ich allerdings keinerlei Beachtung mehr schenkte. Der Startschuss der Reihe hatte mir gereicht und war als Spielerlebnis bereits vollkommen perfekt und absolut ausreichend.
'Emerald Mine' (Amiga/1987) - Mein erstes Spiel überhaupt, das ich je auf einem 'Amiga 500' zu Gesicht bekam

Silk Worm
Bei ‘Silk Worm’ handelt es sich um einen eigentlich sehr unscheinbaren und ich denke auch recht unbekannten Titel. Ich hatte zumindest das Gefühl, der Titel wäre damals zu Unrecht etwas untergegangen. Das lag vielleicht daran, dass er von einer japanischen Softwareschmiede entwickelt wurde und damals der Vertrieb in die westliche Welt noch ein anderer war als es heute der Fall ist. Die Raupkopiererszene erkannte das Potential und holte das Spiel in das Abendland – zumindest scheint es so. Denn tatsächlich hatte jeder Amigaianer dieselbe Version gespielt, die wohl auf jedem Schulhof durchgereicht wurde. Die war nämlich deutlich daran zu erkennen, dass sich die Cracker-Gruppe ‚Trilogy‘ im Titelbildschirm, mit der Zeile „Cracked by Trilogy“, voller Bescheidenheit verewigte. Selbst wenn man heute auf ‚YouTube‘ nach dem Titel sucht, wird auch hier erneut die Fassung "Let's played", die wohl jeder damals auf der Diskette hatte. Doch das vermindernde Einkommen durch die vielen illegalen Kopien schienen den japanischen Entwickler ‚The Sales Curve‘ finanziell wohl kaum etwas auszumachen, existiert dieser nämlich selbst noch heute. Nach allerlei Namensänderungen und Firmenaufkäufen ist die Schmiede jetzt jedenfalls unter ‚Square Enix‘ bekannt.

Das Spielprinzip ist ein denkbar einfacher Side-Scrolling-Shooter. Für den Highsocre gilt es, so viele Gegner wir nur irgend möglich zu erledigen, bis man letztlich genretypisch einen besonders schweren Obermacker vorgesetzt bekommt, mit dem selbiges zu tun ist. Um sich den Weg zum Endboss zu ebnen, können diverse Extras eingesammelt werden. Gelbe Flächen auf dem Boden, die beschossen werden sollten, geben dann einen Schutzschild frei, der obligatorisch für eine gewisse Beschusszeit unverwundbar macht - ansonsten reicht bereits eine Berührung für's Nirwana. Allerdings birgt dieser auch eine taktische Komponente: Beschießt man den Schutzschild, statt ihn einzusammeln, löst man eine Smart Bomb aus, die so ziemlich jeden normalen Gegner plättet. Für eine bessere Bewaffnung muss ein spezieller Gegnertyp zerstört werden, der optisch an eine Mischung aus Gießkanne und Ente erinnert. Mit dem Doppelschuss ballert es sich dann noch geschmeidiger durch die Gegnermassen. Der Schwierigkeitsgrad steigerte von Level zu Level seinen Anspruch und man freute sich zurecht, dass man den Kampf mit einem zweiten Mitspieler bestreiten konnte. Allerdings bekommt dieser nicht das gleiche Gefährt: Einer muss mit dem Helikopter, der andere mit einem Jeep vorlieb nehmen, die sich beide sinnigerweise natürlich auch vollkommen anders spielen. Während der Helikopter am Himmel schnell in jede Richtung düst, ist der Jeep vollständig an den Boden gefesselt, was ein Ausweichen nach unten nicht ermöglicht. Der vierrädrige Untersatz kann somit nur nach vorn oder hinten fahren und springen. Allerdings hat er dafür die Möglichkeit sein stationäres Geschütz beliebig auszurichten und so auch hinter sich zu feuern. Der Helikopter hat diese Möglichkeit hingegen nicht und ballert ausschließlich stur nach vorn. Somit ist ein kontinuierliches Absprechen vor dem Monitor und ein gegenseitiges Aufpassen aufeinander ein taktisches Spielelement. Fairerweise ändert der Zwei-Spieler-Modus nichts am Gegneraufkommen und der Coop-Partner kann jederzeit ein- und aussteigen. So kann man auch mal nur für eine schwierige Passage zusätzlich den zweiten Mitspieler um Hilfe ersuchen. Ab dem fünften Level ist der Schwierigkeitsgrad dann allerdings bereits so stark angezogen, dass man auf seinen helfenden Kumpanen eigentlich gar nicht mehr verzichten möchte. Denn dann brettern so viele Gegner ballernd über den Screen, dass man dem alleine nur noch Herr werden kann, wenn die Levelabschnitte in Fleisch und Blut übergegangen sind und man auch ohne Blick in die Kristallkugel weiß, wo der nächste Gegner in den Screen brettert.

Ich kann mich hier jedenfalls an viele, viele Coop-Sessions erinnern. Allerdings dieses Mal weniger mit meinem Bruder, sondern meiner zweitältesten Schwester. Die war beinahe süchtig nach diesem Spiel und so versuchten wir uns ein ums andere Mal, durch die Gegnermassen zu ballern. Doch irgenwann war dann einfach zu viel auf dem Bildschirm los. Vor allem dem Jeep, den ich praktisch immer übernahm, wurde hier regelmäßig der Lack zerkratzt, da das Ausweichen des feindlichen Beschusses zum Glückspiel wurde. Bereits ein Treffer genügte für beide Vehikel, um für’s unerwünschte Ableben zu sorgen. Doch auch der Helikopter bekam regelmäßig den Rotor verbogen, weil immer öfter Gegner aus seinem Rücken auftauchten, gegen die er praktisch wehrlos war. Und wenn ich als Jeepfahrer gerade selbst ordentlich eingeheizt bekam, konnte diese Konstellation letztlich gar beiden ein Leben kosten. Das höchsterreichte Ziel für meine Schwester und mich war übrigens der Obermacker in Level fünf. Den bekamen wir zwar einmal besiegt, doch dann wurde es in Level sechs nicht unbedingt leichter. Wir versuchten es regelmäßig weiter zu kommen und vor allem der Ehrgeiz meiner Schwester wurde hier ordentlich gepackt. Irgendwann später bekam ich jedoch einen Cheat-Code zugeflüstert, den ich aktivierte, um den Titel wenigstens einmal mit ihr komplett durchzuspielen … und das taten wir auch. Allerdings hatte ich nicht vorausgesehen, dass mit dem Erreichen des Finales auch der Ehrgeiz meiner Schwester, das Spiel unbedingt zu schaffen, komplett erlosch. Als ich sie später zu weiteren Partien überreden wollte, meinte sie immer nur, dass es nun ja keine Herausforderung mehr wäre. Tatsächlich rührten wir den Coop-Modus später nie mehr an und ich ballerte mich hin und wieder alleine durch die Welten. Im Nachhinein empfand ich es schon als sehr schade, durch diesen Cheat-Code, der für eine unbegrenzte Anzahl an Leben sorgte, den Spaß meiner Schwester an diesem Spiel irgendwie verdorben zu haben. Ich denke, obgleich es sich hier nur um ein Computerspiel handelt, bestätigte sich wohl einmal mehr einer der elementaren Grundsätze des Lebens: Herausforderung ist ein nicht zu unterschätzender Antrieb und erst diese macht das Erreichen des Zieles am Ende überhaupt lohnenswert. Entfernt man sie, verliert die Endabsicht praktisch sämtlichen Wert.
'Silk Worm' (Amiga/1988) - Ein typischer Sidescroller dieser Zeit: Schmucke Grafik und bockschwer

Fortsetzung in der nächsten Kolumne …

Falko Tetzner _ 21.04.2015

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