
Hersteller: | King Art |
Vertrieb: | HMH Interactive |
Steuerung: | Maus |
Systemanforderungen: | Win XP (SP2)/Vista / Prozessor 1,5 GHz / 512 MB RAM / 128 MB Grafikkarte (Pixelshader 2.0) / ca. 5 GB Festplatte |
USK: | Freigegeben ab 12 Jahren |
Offizielle Webseite: | www.unwritten-tales.de |

Multi Character Gameplay
Dabei ist das Adventure klar auf das Zusammenspiel der verschiedenen Charaktere ausgelegt. Bis auf den jungen Vogel Tschiep Tschiep schlüpft man nämlich, neben Wilbur, in die Rollen Ivos, Nates und selbst dem Vieh. Das geschieht im Laufe der Geschichte sowohl abwechselnd als auch gleichzeitig. Beim parallelen Rätseln sind vor allem die besonderen Eigenschaften der Charaktere und das gegenseitige Aushelfen ein zentraler Bestandteil. Das kennen Adventure-Veteranen bereits aus LucasArts‘ Meistwerk 'Day of the Tentacle'. Gegenstände können untereinander getauscht, gewisse Probleme hingegen nur von einer bestimmten Person gelöst werden. Bei einem Teilabschnitt in einer Tempelanlage kann sogar kurzzeitig frei entschieden werden, mit welchem der drei Charaktere man den Bereich absolvieren möchte. Dabei agiert selbstverständlich jede Figur anders und stellt sich auch den gegebenen Anforderungen auf unterschiedliche Art und Weise. Das ist nicht nur eine originelle Idee, sondern erhöht zusätzlich den Wiederspielwert. Im weiteren Verlauf muss außerdem eine Passage mit Nates Begleiter dem Vieh gelöst werden. Lustig hierbei: Besagte Mischung aus Otter und Handtasche kann sich nicht mit Worten mitteilen. Betrachtet man mit ihm einen Gegenstand, so versucht er entweder erklärend zu gestikulieren oder stößt passende Laute aus, um ein Objekt oder eine Situation erklären. Und das ist derart lustig umgesetzt, dass es für uns gar ein kleines Highlight darstellte.
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Kompromisslos gute Optik
Wer sich die Screenshots einmal angeschaut hat, dem müssen wir im Grunde nichts mehr zur Grafik sagen, tun das aber dennoch. Denn obwohl die Bildschirmknipser bereits beeindruckend und beinahe übertrieben detailliert aussehen, geben sie doch nur den Hauch des Glanzes wieder, wenn das live zu sehen ist. Überall bewegen sich kleine Dinge wie Blätter im Wind oder Mini-Getier, von den hervorragenden Animationen der Figuren ganz zu schweigen. Denn die bewegen sich absolut geschmeidig und überaus flüssig. Zudem sind viele Tätigkeiten mit eigenen Animationen unterlegt, wenn ein Gegenstand einsteckt oder benutzt wird. Beispielsweise muss zu Beginn Wilburs fliegender Robo-Fisch mit einem Kescher gefangen werden, bei dem dann auch wirklich zu sehen ist, wie der junge Gnom versucht, den flinken Flieger einzufangen. Garniert wird das dann noch zusätzlich mit minimalistischer Gesichtsmimik, die Wut oder Freude ersichtlich macht. Im Zusammenspiel aller Elemente der Grafik ergibt sich letzten Endes ein bildgewaltiges Adventure, dass man so sicherlich noch nicht gesehen hat. Unterstützt werden dabei sowohl normale 4:3-Monitore als auch das noch viel edlere 16:9-Format mit bis zu unglaublichen 1920x1200 Bildpunkten. Vor allem beim Heranfahren der Sicht an die Charaktere in Dialogen oder Locations – wie man das bereits aus 'Geheimakte 2' kannte – staunt man nicht schlecht über die hohe Auflösung, in denen die Räumlichkeiten vorzuliegen scheinen. Denn egal wie nah die Kamera an das Geschehen heranfährt, das Gesehene wird niemals in irgendeiner Weise körnig. Trotz dieser Wucht an Bildgewalt tritt das Adventure, unglaublich aber wahr, bereits auf älteren Rechnern den Dienst an. Die müssen zwar auf Effekte wie Schatten, Partikel oder Kantenglättung verzichten, der Titel sieht dann jedoch, in unseren Augen, nur unbedeutend schlechter aus.
Akustik vom Feinsten
Was die Optik an Brillanz bietet, führt das sound- und musiktechnische Gerüst weiter. Dass man sich hier ebenso nicht lumpen ließ, um das maximale Ergebnis zu erzielen, spürt man genau dann, wenn man seine Lautsprecher einschaltet. Hintergründig ertönt eine absolut glaubhafte und äußerst realistische Soundeffektkulisse, melodisch untermalt von einem Soundtrack des deutschen Komponisten Benny Oschmann, der dem Adventure einen Stempel aufgedrückt hat, den man so schnell nicht mehr vergessen wird. Obgleich die Musik zwar zu großen Teilen aus dem Computer stammt, entsteht im Zusammenwirken mit Aufnahmen echter Instrumente ein Hörgenuss, der sich in Sachen Qualität beinahe mit einem echten Orchester messen kann. Von den angenehmen Melodien mal ganz zu schweigen. Um ganz ehrlich zu sein: Als im Intro das erste Mal das Haupt-Thema durch die Membranen unserer Lautsprecher donnerte, saßen wir mit Gänsehaut erstaunt vor dem Monitor. Endlich einmal wieder ein Soundtrack mit Wiedererkennungswert, dessen Wucht und Vielfalt locker für so manchen Kinofilm ausgereicht hätte. Doch wir sind noch nicht fertig mit den Lobeshymnen. Denn, oh welch‘ Überraschung, die deutsche Sprachausgabe punktet mit tollen und passenden Sprechern und bietet einen Umfang von nicht weniger als 20 Stunden Hörgenuss. Allen voran natürlich die drei Helden, die von namenhaften deutschen Synchronrednern wie Ben Stiller (Wilbur), Angelina Jolie (Ivo) und Adam Sandler (Nate) übernommen wurden. Weiterhin sind unter anderem Gary Oldman als der Tod oder der aus dem Kinderfernsehen bekannte Sprecher von Kapitän Blaubär zu hören. Dass man mit Profis dieses Kalibers praktisch nichts falsch machen kann, dürfte wohl klar sein. Vor allem die Wortwitze und Anspielungen kommen so erst richtig in Schwung und treffen einfach genau den richtigen Nerv. Seit 'Monkey Island' haben wir nicht mehr derartig viel Schmunzeln und sogar lauthals Lachen müssen. Die Seitenhiebe reichen dabei von den Lucas-Arts-Klassikern, über TV-Serien, bis hin zu bekannten Filmen wie 'Der Herr der Ringe'. Selbst so manche Rätsel sind beinahe 1:1 adaptiert. So muss für einen hartnäckigen Paladin ein Trank gemixt werden, mit dem man die geistige Kontrolle über ihn erhält. Dafür müssen selbstredend Zutaten gefunden werden, wobei etwas vom Kopf, vom Faden, vom Tod und einer Körperflüssigkeit benötigt wird. Das muss wohl nicht näher erläutert werden. Aber eben solche Anspielungen durchziehen den Titel derartig angenehm, dass man sich zeitweise in einen Klassiker aus den 1990ern zurückversetzt fühlt. Als haben die Entwickler aus Größen dieser Zeit – wie 'Monkey Island', 'Day of the Tentacle' oder 'Simon the Sorcerer' – das Beste herausgenommen und mit einer eigenen Note versehen. Doch man hat die Klassiker damit keineswegs plump ausgeschlachtet, sondern erinnert mit solchen Seitenhieben angenehm an die unvergessene starke erste Ära des Genres.

Vom Rätseln, Mixen von Tränken, Studieren von Karten und dem Schwingen des Tanzbeins
Gesteuert wird das Ganze mit einem sehr simplen, aber äußerst intuitiven Interface, das lediglich die beiden Maustasten erfordert – links zum Nehmen/Benutzen, rechts zum nachträglichen Betrachten. Anklickbare Verben gibt es nicht. Gewöhnungsbedürftig ist zwar, dass Gegenstände, bevor sie aufgenommen werden können, zwingend betrachtet werden müssen, doch gleichen das die humorvollen und abwechslungsreichen Objektbeschreibungen aus. Sind Hotspots für den weiteren Spielverlauf uninteressant, verschwinden sie, sofern alles über sie in Erfahrung gebracht wurde. Selbst nach dem Drücken der Leertaste, die sämtliche wichtigen Punkte hervorhebt, werden diese dann nicht mehr angezeigt. Außerdem ignoriert das Spiel unlogische Tätigkeiten, wie „Benutze Schlüssel mit Hut“, was das Adventure etwas erleichtert. Zu leicht wird’s aber dennoch niemals. Stattdessen steigert sich der Schwierigkeitsgrad im Laufe der beachtlichen knapp 20 Stunden Spielzeit kontinuierlich. Profis sollten rund 18 Stunden bis zum Abspann benötigen. Die gestalten sich aber äußerst abwechslungsreich. Denn neben herkömmlicher Hirnschmalzverbrennung finden sich kleinere Minispiele, deren Palette vom Trank mixen bis zum Ausführen eines Regentanzes reicht. Beim Punschen eines Stärkungselixiers muss das Gebräu zum Beispiel mit der Maus, exakt nach Anleitung, mehrmals in verschiedene Richtungen umgerührt werden. Später muss man während eines Regentanzes mit Freibeuter Nate die richtigen Cursortasten im Takt drücken. Das lockert das Ganze nicht nur auf, sondern macht zudem, durch die originellen Ideen, echt Spaß. Immerhin passen die kurzen Einlagen sehr gut ins Gesamtbild, sind zudem recht einfach und beugen damit Frustmomenten vor.
'The Book of Unwritten Tales' ist vermutlich Magie
Soviel haben wir bei unserer Reise durch die Fantasy-Welt Aventásia gelernt: So bald man etwas nicht mehr mit logischem oder wissenschaftlichem Hintergrund erklären kann, ist’s eben halt Magie. Ok, beim Adventure 'The Book of Unwritten Tales' findet man nachvollziehbare Erklärungen: Da wäre zum Einen die interessante Geschichte, die lange Spielzeit, die charmanten Charaktere, die vielen logischen Rätsel, die brillante Grafik oder der bombastische Sound. Dennoch ist der Titel in unseren Augen Magie. Denn irgendwie ist der beinahe zu schön um wahr zu sein. Wir sind jedenfalls felsenfest davon überzeugt, dass 'The Book of Unwritten Tales' exakt den selben Status erreichen wird, den einst die geliebten Klassiker für sich verbuchen konnten. In zehn Jahren wird man über dieses Adventure das Gleiche sagen und ebenso ins Schwärmen geraten, wie das Genre-Veteranen heute bei 'Monkey Island' oder 'Simon the Sorcerer' tun. Kurzum: Der Titel ist absolut ausgezeichnet und für jeden, der auch nur etwas für das Genre übrig hat, DIE Kaufempfehlung des Jahres – ganz gleich, ob da noch einige Monate vor uns liegen mögen!! Wir hoffen inständig und daumendrückend auf viele weitere Adventures aus dem Hause 'King Art' und vielleicht sogar auf ein zweites Buch der ungeschriebenen Geschichten!
[ 06.04.2009 ]
