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Hersteller: Cranberry Production
Vertrieb: dtp Entertainment
Steuerung: Maus
Systemanforderungen: Win XP/Vista / Pentium IV 1,6 GHz / 512 MB RAM (XP) & 1 GB Ram (Vista) / 128 MB Grafikkarte / ca. 2 GB Festplatte
USK: Freigabe ohne Altersbeschränkung
Offizielle Webseite: www.matahari-game.de
Wenn an einem Adventuretitel dieser Tage bekannte LucasArts-Größen wie Hal Barwood und Noah Falstein werkeln, dann wird man als Fan des Genres unweigerlich ganz aufmerksam. Immerhin hatte Mister Barwood sich in den Neunzigern mit 'Indiana Jones and the Fate of Atlantis' ein Denkmal gesetzt, das bis heute noch täglich gesäubert wird. Handelt es sich doch, fast einstimmig von Genrefans beschlossen, um eines der besten Abenteuerspiele, die jemals installiert werden durften. Fünfzehn Jahre nach diesem bahnbrechenden und nachhallenden Erfolg soll an die wohl bekannteste Arbeit von einst angeknüpft werden. Haben sie das erreicht oder werden auch Legenden alt?
Paris, 1905
Die junge Tänzerin Margaretha Geertruida Zelle ist mittellos und sieht ihre einzige Hoffnung auf einen gutlaufenden Broterwerb darin, sich auf einem Künstlerball an einen der größten Manager Frankreichs zu wenden, der ihre Karriere so richtig ins Rollen bringt. Doch bekommt sie mit dem Besuch mehr, als sie eigentlich ursprünglich beabsichtigte. Von ihrer Schönheit geblendet, entdeckt nämlich auch der Geschäftsmann Oscar Samsonet die Möglichkeiten, die hochrangigen Persönlichkeiten der Staaten Europas durch die junge Tänzerin, mit dem einprägsamen Künstlernamen Mata Hari, zu umgarnen und hinterrücks auszuspionieren. Immerhin wäre das Wissen eine Menge Geld wert. Ein Krieg in Europa scheint nämlich nicht mehr fern zu sein und vielleicht ergibt sich gar die Möglichkeit durch gezieltes Ausspionieren der Kontrahenten den jeweiligen Staatsoberhäuptern aufzuzeigen, dass ein Krieg keine Option darstellt. Obwohl Mata Hari ihr Geld lieber auf der Bühne verdienen wollen würde, sieht sie in der Spionage ein deutlich besser laufendes Nebengeschäft. Fortan schlüpft der Spieler dabei in ihre Rolle als Tänzerin und Agentin und erlebt in ihrer Haut wichtige Spionagearbeit aus nächster Nähe. Und genau bis zu diesem Punkt ist das Adventure teuflisch interessant. Erlebt man dann die eigentliche Umsetzung stellt sich schnell Ernüchterung ein. Scheinbar haben die Entwickler auf eine USK-Einstufung für alle Altersklassen hingearbeitet – keine gute Strategie. Denn was die Geschichte an Brillanz hätte bieten können, verkommt schnell zu einem fast schon übertrieben gewaltlosen Abenteuer. Mata Hari wirkt oft unwahrscheinlich naiv und plaudert auch gern mal mit jedem Fremden über ihre Spionage-Tätigkeit, betont aber während der Einsätze stets, wie lautlos und diskret das eigentlich aussehen soll. Außerdem wirkt so manches Beschaffen von Informationen äußerst fragwürdig und lässt die Kriegsgegner teils beinahe dämlich wirken.
Die Kunst des Verführens
Dass Mata Hari ihre Aufträge oft nur durch ihre Schönheit und ihren Körper zum Erfolg verhelfen konnte, ist hinlänglich bekannt, aber die Art, wie das im Spiel stattfindet, ist sehr unglücklich gewählt. Vier verschiedene „Anmach“-Strategien stehen zur Auswahl, die so lange durchgeprobt werden können, bis die richtige gefunden und der Fisch buchstäblich am Haken baumelt. Drei Sätze später liegt der Möchtegern-Liebhaber mit Mata im Bett und schläft, nach getaner „Arbeit“, tief und fest oder plaudert wichtige Staatsgeheimnisse aus. Das wirkt fast immer unglaubwürdig. Zum Glück macht dann aber das Durchstöbern der Räumlichkeiten des Zieles und die eigentliche Spionage Spaß. Dumm nur, dass die Rätsel zu vollem Anteil extrem simpel gehalten sind, obendrein lassen sich alle Gegenstände durch die Leertaste jederzeit anzeigen. In Kombination heißt das, dass selbst Anfänger nicht ein einziges Mal ins Grübeln kommen sollten. Gegenstände sind in Griffweite, die Lösung liegt stets auf der Hand. Auf dieser Basis ergibt sich dadurch leider der Umstand, dass der Titel im Eiltempo durchgespielt ist. Selbst Neulinge sollten nicht mehr als sechs, sieben Stunden benötigen, um den Abspann zu sehen.
Optionale Minispiele
Damit das Abenteuer etwas aufgelockert wird, finden sich zahlreiche Minispiele im Adventure. Vorweg sei gesagt, dass sich fast alle jederzeit abbrechen lassen. Da muss man einmal einen Stromkreis neu konfigurieren, Maschinen justieren, mit dem Zug die passende Route finden oder gar das Tanzbein schwingen. Auch wenn die Tänze oder generell die Minispiele praktisch nicht notwendig sind, belohnt das Adventure absolvierte Auftritte vor Publikum mit Bargeld, andere Spiele mit Punkten in Geschick, das dann die Endwertung, nach dem Abspann, entsprechend verändert. Wohl gemerkt nur gemeisterte Minigames, keine abgebrochenen. Deren Schwierigkeitsgrad ändert sich dabei kontinuierlich. Beim Tanzen zum Beispiel ist es die Aufgabe zum richtigen Zeitpunkt in einen der vier dort abgebildeten Kreise zu klicken. Nämlich genau dann, wenn sich eine der einfliegenden Noten in dessen Zentrum befindet. Anfangs ist das Ganze doch recht simpel, später wird’s dann etwas kniffliger. Ähnlich sieht es da beim Finden der optimalen Zugroute aus. Mata hat nämlich ständig feindliche Agenten auf den Fersen, die sie durch das Anfahren verschiedener Städte austricksen und umgehen muss, um zum Zielbahnhof zu gelangen. Wird sie geschnappt, beginnt das Mini-Spiel von vorn – überspringen ist nicht möglich. Damit man aber bei den zahllosen Zugreisen nicht ständig mit den Agenten zu kämpfen hat, finden sich in den Bahnhöfen sporadisch freundlich gesinnte Mitstreiter, die gesonderte Routen, beispielsweise mit dem Zeppelin, empfehlen können, bei der keine Feinde zu befürchten sind. Das gibt dann zwar keine Punkte auf dem Endkonto, schont aber die Nerven. Denn gereist wird derartig viel, dass man die Bahnhöfe im Spiel ohnehin bald besser kennt als jede andere Location.
Suboptimales Interface
Gesteuert wird Mata zur einen Hälfte äußerst komfortabel. Per Doppelklick scheucht man das Frauenzimmer nämlich nicht nur blitzschnell von einem Raum in den anderen, auch innerhalb der Orte können Laufwege so extrem abgekürzt werden. Die flotten Ladezeiten stehen dieser Dynamik keinesfalls im Wege, fördern diese sogar noch. Auf der anderen Seite der Interface-Münze ist leider nicht alles optimal geraten: Im Inventar lagern die Minigrafiken der eingesammelten Gegenstände, die dann per Drag-and-Drop bequem auf den Kombinationsgegenstand der Wahl verwendet werden können. Untereinander im Inventar können die Utensilien übrigens ebenfalls kombiniert werden. Was da aber noch super funktioniert, nervt hingegen in den Dialogen. Denn auch die einzelnen Themen müssen mühselig auf den Gesprächspartner „gezogen“ werden. Das stört irgendwann nur noch. Das liegt zunehmend auch daran, dass die Themenwahl oft stark begrenzt ist. Nicht selten steht nur eine Gesprächsoption zur Verfügung. Warum das dann nicht gleich automatisch angesprochen wird, bleibt wohl ein Rätsel der Entwickler selbst. Zumindest bricht Mata das Gespräch selbstständig ab, wenn keinerlei Möglichkeiten angeboten werden. Gesteuert wird das Adventure vollständig mit der linken Nagertaste, die rechte wird nicht benötigt.
Bildschöne Grafik
Keine Angriffsfläche für Kritik bietet die überaus ansehnliche 2,5D-Optik. Die Locations sind äußerst detailreich und lassen keinen Wunsch offen, seien es nun Spiegellungen im polierten Parkettboden, Rauchfahnen aus den Schornsteinen oder die ansprechenden Animationen der Charaktere. Letztere wirken vor allem durch die Kombination der synchronen Lippenbewegungen mit den Gesten der Dialogpartner äußerst professionell. Äußerst professionell sind auch die deutschen Sprecher. Die sind allesamt sehr gut besetzt und bestechen durch glasklare Qualität. Musikalisch hält sich das Spiel dagegen zurück. Die Hintergrundmusik drängt sich niemals auf und bietet keinerlei Melodien, die man im Nachhinein noch erkennen oder nachsummen würde. Die geringe Voreinstellung der Lautstärke dieses akustischen Bereiches zeigt auch, dass dies vom Entwickler wahrscheinlich so gedacht gewesen war. Gleichsam im Hintergrund, aber mehr beachtet, sind die vielen irrelevanten Personen, die durch die Gegend streifen. Während die Konkurrenz immer wieder Erklärungen findet, warum beispielsweise ein Marktplatz zur Stoßzeit vollkommen ausgestorben zu sein scheint, finden sich hier zahlreiche, verschiedene Charaktere, die den Straßen, Plätzen und Bahnhöfen gekonnt Leben einzuhauchen wissen. Das fühlt sich eine ganze Spur lebendiger an.
Zu simpel und viel zu Kind gerecht
War anno 1993 Hal Barwoods Meisterwerk 'Indiana Jones and the Fate of Atlantis' noch ab 12 Jahren freigegeben, um der Story - die skrupellose Nationalisozialisten als Gegenspieler bot - zumindest einen Hauch Realismus geben zu können, sind die vier Kapitel Mata Haris, die jeweils eine bestimmte Zeitspanne ihres Lebens nacherzählen, ohne Altersbeschränkung freigeben … und das merkt man leider auch. Aus der einst fast schon genialen Agentin wurde beinahe ein naives Dummchen. Der Ernst der Lage, immerhin steht ein Krieg in Europa bevor, wird kaum deutlich und zu allem Überfluss sind einige Sabotageakte unlogisch. Da schüttet Mata beispielsweise beim Sabotieren eines neuen Flugzeugmotors des deutschen Herstellers Daimler Batteriesäure in den Tank, was gleich die erfolgreiche Serienproduktion im Keim erstickt. Das wirkt und ist einfach absolut unglaubwürdig. Nicht anders ist es mit Matas Einstellung zu ihrer Sabotagearbeit. Die bindet sie nämlich jedem zweiten Dialogpartner auf die Nase – es geht hierbei immerhin um ihr Leben. So naiv und unbedacht war die echte Mata Hari seinerzeit sicher nicht. Davon abgesehen ist das Adventure viel zu leicht. Das muss aber nicht zwangsläufig nachteilig verstanden werden. Neulingen im Genre, aber auch Kindern, wird so immerhin die Chance geboten, sich durch die Kapitel zu tüfteln. Wenn’s aber nach uns gegangen wäre, wären Mata Haris Abenteuer in eine erwachsenere Geschichte verpackt worden, zudem besser und vor allem logischer durchdacht. Dann hätte der Titel vielleicht ein Hit werden können und 'Indy IV' hätte auf dem Podest etwas Platz machen müssen. Summa Summarum sind wir jedoch etwas enttäuscht von 'Mata Hari'. Gerade durch Hal Barwoods Präsenz im Entwicklerteam haben wir mit einem echten Kracher gerechnet. Der blieb jedoch aus. Unterm Strich bietet die Lebensgeschichte von Margaretha Geertruida Zelle immer noch ein gutes und vor allem multimedial ansprechendes Erlebnis, das aber ein ganzes Stück hinter den Erwartungen zurückbleibt. Wir finden‘s schade!!

[ 06.12.2008 ]

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