
Hersteller: | House of Tales |
Vertrieb: | dtp Entertainment |
Steuerung: | Maus |
Systemanforderungen: | Win XP/Vista / Pentium IV 1,6 GHz / 512 MB RAM (XP) & 1 GB RAM (Vista) / 128 MB Grafikkarte / ca. 4 GB Festplatte |
USK: | Freigegeben ab 12 Jahren |
Offizielle Webseite: | www.15days.de |

Nette Kamerafahrten, simple Animationen
Wie bereits im indirekten Vorgänger ‚Overclocked‘ bedient sich ‚House of Tales‘ an den gleichen Techniken. So gibt es Kamerafahrten, obwohl der Titel eigentlich in 2,5D vorliegt. Erreicht wird dies durch eine geschickte Kombination von Vollbild-Animationen und der eigentlichen Spielgrafik. Das sieht zudem auch noch sehr gut aus, steht jedoch im krassen Gegensatz zu den äußerst hölzernen Animationen der Charaktere. Steifer könnten die sich nämlich kaum bewegen, zumal existieren praktisch so gut wie keine Bewegungsabläufe zum Aufnehmen oder Benutzen von Gegenständen. Das fühlt sich an mancher Stelle gar etwas lieblos an. Zum Beispiel als Cathryns WG-Mitbewohner Mike dringend was am PC erledigen muss und man ihn dann starr vor dem Rechner sitzend in seinem Zimmer vorfindet. Auch Menschenansammlungen halten sich in Grenzen, mehr als zwei Personen pro Location – neben dem jeweiligen steuerbaren Charakter – bekommt man nämlich nie gleichzeitig zu Gesicht. Das wirkt dann sogar unfreiwillig komisch, als sich die Truppe auf einem Rummelplatz mit dem afrikanischen Kontaktmann trifft und Mike verunsichert fragt: „Ist er das?“, obwohl sich im Umkreis von mehreren hundert Metern keine Menschenseele befindet. Vor allem keine mit einem kostspieligen, weißen Anzug und einem schwarzen Aktenkoffer in der Hand. Leider durchziehen solche Atmosphäre-Hemmer das gesamte Spiel. Wir könnten noch eine Menge weiterer Stellen aufzählen, an denen man sich einen derartigen Fauxpas leistet. So werden auch eMails in Rekordzeit geschrieben, wo man sich ungewollt an Kinderzeichentrickfilme erinnert, bei den kurz nach der telefonischen Bestellung bereits der Postmann an der Tür klingelt.
Ein Adventure ohne nennenswerte Rätsel
Dass sich Creative Director Martin Ganteföhr und sein Team hauptsächlich auf die Geschichte gestürzt haben, merkt man in jeder Spielminute. Man wird buchstäblich „an die Hand genommen“ und durch das Adventure geleitet. Rätsel finden sich kaum nennenswerte. Und wenn sie denn mal vorkommen, ist der Spieler sogar für einen Moment total perplex, dass der Titel nach stundenlanger grübelfreier Klickarbeit plötzlich doch etwas Hirnschmalz verlangt. Doch auch diese Rätsel sind kaum der Rede wert. Dennoch bringen sie den Spielfluss unangenehm ins Stocken, da das Adventure dann keine Hinweise auf neue Gegenstände im Inventar gibt. Sie sind einfach da, wie von Zauberhand. Ist das betreffende Rätsel dann aber gelöst, kann man sich sicher sein, dass es für mindestens eine Stunde keine weitere Hirnschmalzerwärmung geben wird. Mehr als ein Rätsel pro Spielstunde darf man von ‚15 Days‘ nämlich nicht erwarten. Gelegentlich eingestreute Minispiele lassen sich obendrein nach zwei minütigem Versuchen kommentarlos überspringen. Für ein Adventure natürlich viel zu wenig! Größtenteils ist das weitere Vorgehen dadurch jedenfalls durchweg klar. Die Protagonisten geizen nämlich niemals mit Informationen. Buchstäblich jeder Schritt wird vorgekaut. Will man gar eine Aktion auslösen, die die Pfade der Story verlässt, dann verweigert der Protagonist diese obendrein vollständig. Unrelevante Hotspots gibt es dadurch so gut wie keine. Einige Locations besitzen sogar, bis auf einen Ein- und einen Ausgang, keine weiteren anklickbaren Punkte, obwohl sie – da reichlich mit allerhand Utensilien gefüllt – oft zum Erkunden einladen würden. Auch hier muss man sagen: Für Adventureverhältnisse viel, viel zu wenig!
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Ein Highlight das keines ist
An der Seite des Robin-Hood-Trios sollte vor allem der Aspekt des Planens und des Ausführens der eigentlichen Diebstähle wohl das Highlight überhaupt sein. Doch da hat man leider falsch gedacht. Das Planen der Coups beschränkt sich auf langatmiges Absuchen von relevanten Locations nach Überwachungskameras und Laserschranken, die nach und nach in eine vorliegende Karte des Komplexes eingetragen werden. Anschließend wird noch kurz diskutiert und der eigentliche Einbruch nimmt seinen Lauf. Man selbst klickt sich dabei nur von einer selbstlaufenden Aktion zur nächsten. Richtige Gaunerstimmung kommt so leider nicht auf. Grundlegend hat uns der Part des International-Police-Cops ohnehin besser gefallen. Der hat nämlich auch Sinn für Humor und deckt letztlich auch viel mehr der interessanten Handlung auf als das blauäugige Trio. Erzählerisch wird hier nichts falsch gemacht, wenn auch wieder der Umstand allgegenwärtig ist, sich nur von Aktion zu Aktion zu klicken, die man dann teilnahmslos ansehen muss.
Einfach zu steuern
Ähnlich wie bereits im Vorwerk ‚Overclocked‘ ist die Steuerung erneut auf das Nötigste beschränkt. Ein direktes Verben-Interface findet sich nicht. Stattdessen bringt ein einfacher Links-Klick auf einen Gegenstand alle möglichen Aktionen hervor. Testen und Herumprobieren entfällt damit grundlegend. Der Druck auf die Leertaste zeigt alle relevanten Objekte im Umkreis, die man benutzen oder betrachten kann. Aufgenommen werden nur die allerwenigsten Gegenstände. Häufig sind die wichtigen Sachen direkt im Gepäck. So bleibt das Inventar durchweg sehr überschaubar und unterstreicht zusätzlich das viel zu starke Stützen auf die Haupthandlung.

Unser Fazit: Ein bisschen zu wenig Adventure
Die deutsche ‚House of Tales‘-Schmiede hat sehr viel Arbeit in die Geschichte investiert. Grundlegend eine tolle Sache für ein Adventure, wenn man nicht die anderen Bestandteile zu stark vernachlässigt hätte. Die Rätsel sind konstant viel zu leicht, wenn denn überhaupt vorhanden. Minispiele wirken gestellt, um den Eindruck der mageren Rätsel etwas zu kaschieren. Aber da man die dann auch noch kommentarlos überspringen kann, bleibt dem Titel, neben der interessanten Geschichte natürlich, nur noch das Äußerliche. Und da macht man eine Menge richtig: Die Grafik ist nett anzusehen, die schicken Kamerafahrten wussten bereits in ‚Overclocked‘ sehr zu gefallen und die wenigen, schicken Renderfilmchen sind ohnehin über jeden Zweifel erhaben. Weniger gut sind die Charaktermodelle, die außer einer Laufbewegung nichts weiter können und gerade in den Nahansichten die teils schwachen Texturen offenbaren. Die deutsche Vertonung ist tadellos und besticht mit einer außerordentlich guten Besetzung. Warum jedoch in den Dialogen derart der Rotstift angesetzt wurde, bleibt unverständlich. Oft steht noch nicht einmal ein richtiges Thema zur Multiple-Choice-Wahl zwischen Charakteren, sondern lediglich das Neutrum „Information“. Das wirkt einfach lieblos und eben das durchzieht zu viele bereits angesprochenen Bereiche dieses Adventures. Martin Ganteföhr kann tolle Geschichten erzählen, keine Frage, aber die Rückbesinnung zu alten Stärken der Adventureelemente sollte im nächsten Titel unbedingt überdacht werden! Denn ansonsten sollte sich ‚House of Tales‘ lieber dem Abdrehen von Filmen widmen. Denn bei denen ist man dann vollständig in der Rolle eines passiven Zuschauers. Wer eine gute Story sucht, kann zugreifen, sollte sich dann aber auch damit begnügen, nichts anderes zu bekommen.
[ 14.02.2010 ]
