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Für reine Adventure-Gemüter dürfte der Titel ‚Borderlands‘ erst einmal ein Buch mit sieben Siegeln sein. Doch hinter diesem ominösen Namen verbirgt sich ein äußerst erfolgreicher Shooter mit allerlei skurillen Figuren auf dem Planeten Pandora, die noch überzeichneter sind als die Grafik im schicken Cell-Shading-Look. So gingen wahrscheinlich nicht wenige Augenbrauen fragend nach oben, als ausgerechnet Adventure-Entwickler ‚Telltale Games‘ ankündigte, eine Staffel über Pandora und seine klischeebehafteten Einwohner zu veröffentlichen. Ein Shooter als Adventure? Ist dieser doch radikale Genre-Wechsel tatsächlich machbar?
Episode I : Zer0 Sum
Rhys ist derzeit auf dem Olymp der Emotionen angekommen, soll er doch von seinem Arbeitgeber – der allumfassenden ‚Hyperion Corporation‘ – endlich befördert werden. Doch die Freude währt nicht lange, denn als er das Büro seines Vorgesetzten betritt, sitzt plötzlich sein ungewollter Gegenspieler Vasquez im Chefsessel und hat den alten Boss kurzerhand aus der Luftschleuse geschossen. So wird nicht nur aus der Beförderung nichts, sondern – mehr noch – Rhys und sein Team werden gar zum Hausmeister degradiert. Zufälligerweise lauscht Rhys aber einem unerwarteten Telefonat, in welchem Vasquez über einen so genannten Vault-Schlüssel tuschelt, den er für 10.000.000 Millionen Dollar auf dem Planeten Pandora kaufen möchte. Eine Vault ist ein verborgener Bunker, irgendwo auf Pandora, der Reichtümer und vor allem Technologien enthalten soll, die alle Vorstellungen sprengen. Rhys wittert seine Chance und überredet seine Teamkollegen, dem arroganten Vasquez eins auszuwischen und ihm den Deal vor der Nase wegzuschnappen. So wird kurzerhand der nötige Betrag vom Firmenkonto abgebucht und mit dem niegelnagelneuen Firmenwagen des neuen Chefs nach Pandora aufgebrochen. Doch dort verläuft natürlich so ziemlich nichts nach Plan …
Temporäre Zusammenarbeit
Doch Rhys ist nicht der einzige Protagonist, in dessen Haut Ihr schlüpfen dürft. Durch einen dummen Zufall tritt auch die Trickbetrügerin Fiona mit ihrem Team auf den Plan, die vor allem hinter den 10 Milliönchen her ist. Und da die recht schnell den falschen Besitzer erreichen und alle Beteiligten letzlich das Gleiche wollen, müssen sie wiederwillig zusammenarbeiten. Vor allem aber diese grundverschiedenen Charaktere machen die erste Episode einfach äußerst sympathisch. Etwas schade fanden wir nur, dass Rhys' künstliches Auges, das jederzeit zugeschaltet werden kann und mit dem man mehr Informationen über einzelne Hotspots erhält, durchweg optional ist. Hier wäre zumindest das Potential für einige Rätsel gewesen. Tatsächlich vermuteten wir derartige Knobelleien gleich zu Beginn und waren dann schon ein bisschen enttäuscht, dass auf dieses Feature eigentlich gar nicht großartig eingegangen wurde.
Witzig, Witzig, Witzig
Kaum auf Pandora angekommen entblößt die erste Episode schnell ihre große Stärke: den tollen Humor. Wir können uns kaum erinnern, wann wir das letzte Mal derart herzhaft vor dem Monitor loslachen mussten – und das passierte bei weitem nicht nur einmal. Der sarkastische und teils zynische Wortwitz, gepaart mit Slapstick-Einlagen, trifft einfach genau ins Schwarze. So fällt auch gar nicht auf, dass die Episode eigentlich recht wenig Handlung an sich zu bieten hat. Dennoch haben wir das Ding am Stück durchgespielt und mit rund 2,5 Stunden Spielzeit ist das wohl einer der längeren Episoden von ‚Telltale Games‘. Trotzdem verging die Zeit wie im Flug, so gut haben wir uns unterhalten und amüsiert gefühlt. Stellenweise erinnerte uns der Titel an Sierras ‚Space Quest V‘ und den fanden wir auch äußerst humoristisch. Wer sich also mit dieser Art des Humors und zahlreichen Slapstick-Einlagen anfreunden kann, der wird wirklich großen Spaß mit diesem Auftakt haben. Einziger Wehrmutstropfen ist leider mal wieder die fehlende deutsche Übersetzung. Wir finden es nach wie vor absolut nicht nachvollziehbar, dass der deutsche Markt ein wenig außen vor gelassen wird – zumindest der nicht Englisch sprechende Teil der Adventure-Gemeinde. Grundlegend müssen wir aber sagen, dass jedermann mit leicht erweiterten Schulkenntnissen dieser Fremdsprache keinerlei Probleme haben dürfte. Selbst die zeitkritischen Dialogentscheidungen, die Telltale-typisch stets und ständig zu tätigen sind, können im schlimmsten Fall mit einem simplen Klick auf die Leertaste in aller Ruhe gelesen werden, da diese Aktion den Titel in einen Pausenmodus versetzt. Das führt zwar den eigentlich gewollten Zeitdruck ad absurdum, aber machbar ist es eben allemal. Trotzdem störend - deutsche Untertitel hätten doch zumindest schon gereicht.
Im neuen alten Gewand
Wer die Shooter-Reihe von ‚Borderlands‘ nicht kennt, der muss sich übrigens keine Gedanken machen, der Geschichte nicht folgen zu können. Da keiner der Hauptcharaktere in den Baller-Ablegern vorkommt, hat man nichts verpasst. Für Kenner finden sich allerdings unzählige Anleihen und vor allem der einzigartige Grafik-Stil. ‚Telltale Games‘ hat es absolut hervorragend geschafft diesen beinahe perfekt zu kopieren, begonnen beim Cell-Shading-Look, bei dem Linien stark überzeichnet werden, bis hin zum Wiedersehen mit bekannten Charakteren aus der Baller-Vorlage. Fans werden sich sofort wie zu Hause fühlen, doch auch Neulinge können sich bestimmt mit dieser Mischung anfreunden. Erneut kommt die bewährte Engine von ‚Telltale Games‘ zum Einsatz, die optisch diesmal deutlich zugelegt hat. Lediglich die ab und zu etwas hölzernen Animationen können stören, aber das Gesamt-Bild zeigt sich dennoch äußerst stimmig.
Der Film im Point-and-Click-Adventure
Natürlich wird sich auch wieder ‚Tales from the Borderlands‘ gefallen lassen müssen, kein wirklich echtes Adventure zu sein. Rätsel gibt es in der ersten Episode nämlich nicht ein einziges. Auch das Umsehen in den Locations ist nur sehr rudimentär vorhanden. Hauptsächlich hangelt Ihr Euch an einem interaktiven Film entlang, dürft hier und da Entscheidungen treffen, bei Multiple-Choice-Dialogen die Richtung vorgeben und bei den zahlreichen Quick-Time-Events im richtigen Moment die korrekte Taste drücken. In Sachen Spieltiefe bietet ‚Tales from the Borderlands‘ also eigentlich (mal wieder) ziemlich wenig, wie das eigentlich auch schon aus den Vorprodukten ‚The Walking Dead‘ oder ‚The Wolf Among Us‘ bekannt ist. Auch was die Entscheidungen betrifft, so sind die Auswirkungen in Episode eins erst einmal noch gar nicht zu spüren, womit sich das Gespielte noch linearer anfühlt, als es ohnehin schon ist. Wir sind jedoch sehr gespannt, inwiefern wir die Geschicke unserer Truppe oder die Geschichte an sich in der Zukunft bereits beeinflusst haben. Bislang hatte das in den Vorprodukten alles grundlegend ziemlich wenig Einfluss. Wenn ihr dort eine Figur vor dem Tod gerettet hattet, wurde sie eben zeitnah an anderer Stelle verheizt, ohne dass Ihr hier Einfluss nehmen konntet. Das senkt – unserer Meinung nach – den Wiederspielwert erheblich. Wir lassen uns aber gern überraschen, wie das in hier nun gelöst werden wird.
So muss eine Auftaktepisode aussehen!
Wir sind komplett unvoreingenommen an die neue Serie von ‚Telltales Games‘ herangegangen und konnten deshalb eigentlich nicht enttäuscht werden. Da wir bislang sämtliche Serien dieser Firma faktisch verschlungen haben, kennen wir das mittlerweile wirklich hohe Niveau der Firma. Aber mit ‚Tales from the Borderlands‘ ist endlich auch mal wieder ein frischer Wind durch das Portfolio der amerikanischen Firma gepustet wurden: Bedienten ‚The Walking Dead‘ und ‚The Wolf Among Us‘ nun schon einige Zeit die ernstere Erzählweise, so findet sich nun ein breites Spektrum des Humors. Dieser ist so gut, dass er gar die fehlenden Interaktionen des Spielers oder die eigentliche Geschichte massiv überstrahlt. Wir wurden jedenfalls absolut köstlich von diesem Auftakt unterhalten und freuen uns schon richtig darauf, wie es weitergehen wird. Hoffentlich kann der hohe Level und der toll zündelnde Humor auch über die vier kommenden Episoden hinweg gehalten werden. Wir lassen uns da jedenfalls gern überraschen.
[ 08.12.2014 ]
Episode II : Atlas Mugged
Nachdem Rhys, Fiona und Konsorten Bossanovas Arena dem Erdboden gleichgemacht haben, mussten sie leider auch einige bittere Wendungen akzeptieren: So mussten sie nicht nur zur Kenntnis nehmen, dass auch andere Parteien hinter einem möglichen Vault-Schlüssel her sind, sondern auch das Mentor Felix sich unerwartet gegen die Truppe stellte und den 10-Millionen-Koffer ganz für sich alleine beanspruchte. Durch Zufall entdeckte die Truppe nun allerdings einen unterirdischen Atlas-Bunker, der nicht nur äußerst lohnenswerte und seltene Waffen beherbergt, sondern auch eine Karte des so genannten „Gortys“-Projekt offenbart, welches ursprünglich ins Leben gerufen wurde, um geheime Vaults in der endlosen Ödnis von Pandora aufzuspüren. Allerdings schien die Karte auch in Rhys‘ kybernetischen Implantat ein ungewolltes „Achievement“ freizuschalten: Denn plötzlich erscheint ihm niemand Geringeres als der todgeglaubte Handsome Jack – ehemals gottgleicher Obermacker der Hyperion Corporation – als Hologramm.
Tolle Voraussetzungen also für die zweite Episode von Telltale Games‘ Borderlands-Ableger. Allerdings sind beinahe vier Monate Wartezeit seit Episode eins ins Land gestrichen. Diese Veröffentlichungspolitik sollte der amerikanische Entwickler sich auf jeden Fall einmal genauer überlegen. Allerdings schien es dem durchaus auch selbst durchaus bewusst zu sein, den gewillten Käufern eine derartige Verschnaufpause aufzuzwingen: Im obligatorischen Rückblick auf die bisherigen Geschehnisse spricht diese Thematik nämlich auch der Sprecher an. Eine charmante Idee, doch macht sie die vier Monate nicht weniger lang. Nichtdestrotz werden wir leider nicht mit einer längeren Episode belohnt. Runde zwei braucht in etwa genauso lange bis zum Abspann wie die erste. Allerdings – und das muss man mit aller Deutlichkeit sagen – schwächelt die Fortführung von Rhys und Fionas Abenteuern nicht eine Sekunde und steht dem Auftakt in absolut nichts nach. Im Gegenteil: Wir finden sogar, dass man sich hier noch ein Stück steigern konnte. Vor allem der Witz ist ohne Zweifel erhaben und wer des Englischen mächtig ist, dem werden sich so einige Lacher bieten. Dabei schlängelt sich der Humor erneut gekonnt zwischen lustigem Wortwitz und urkomischer Slapstick-Einlagen. Außerdem ist der Plot durchaus mitreisend erzählt und hält non-stop die Aufmerksamkeistsspanne am Anschlag. Und das ist wieder so gut gelungen, dass man kaum wahrnimmt, dass ‚Tales from the Borderlands‘ den Spieler eigentlich oft die Zügel aus der Hand nimmt, zum Zuschauer verdammt und hier und da lediglich kleinere Reaktionstests abverlangt. Bislang ist die Reise nach Pandora für uns jedenfalls einer der besten Serien von ‚Telltale Games‘. Hoffen wir nur, dass das Warten auf Runde drei nicht noch einmal vier lange Monate dauert!
[ 30.03.2015 ]
Episode III : Catch a Ride
Dass Episode zwei mit einem bösen Cliffhanger aufwarten musste, steht natürlich ganz im Sinne einer Serie. Denn die Meute hat es nun tatsächlich geschafft, die Atlas-Geheimbasis ausfindig zu machen und ein sagenumwobenes
Objekt des „Gortys“-Projekts zu bergen. Dieses wiederrum birgt für sich ein ganz eigenes Geheimnis und überraschte nicht nur die Mannen rund um Rhys und Fiona, was wir Euch aber hier nicht spoilern möchten. Wichtig ist lediglich,
dass zu Tage kommt, dass es weit mehr als nur ein Objekt des „Gortys“-Projekts auf Pandora zu finden gibt. Und da die Damen und Herren ohnehin auf dem großen Sandkasten schon einmal dabei sind, nehmen sie sich der
Suche nach den anderen Utensilien gern an. Gleich zwei neue Begleiter stoßen außerdem zusätzlich zum Team dazu, was die Meute mittlerweile auf ein gutes Dutzend anwachsen lasst.
Besonders gefreut hat uns, dass der Loader Bot nun ein beständigerer Begleiter des Teams ist. Denn wir finden den metallischen Blechkameraden einfach todkomisch. Überhaupt schaffte es 'Tales of the Borderlands' auch zum
dritten Mal einige richtig gute Lacher bei uns zu landen. Vom Umfang schwächelte uns dieser Happen des Abenteuers allerdings ein wenig. Nach 2 Stunden sollte man den Trip nämlich bereits hinter sich haben, in dem gerade einmal
zwei kurze Abschnitte warten, in denen wir wirklich selbst Rhys und Fiona steuern dürfen. Ansonsten sind wir durchweg zum Zuschauen verdammt und müssen einmal mehr in den richtigen Momenten die Aktionen nachklicken
beziehungsweise mit einem Gamepad die richtigen Eingaben machen. Die Storyline verpasst uns jedoch auch diesen Mal die Illusion gekonnt, dass wir tatsächlich etwas an der Geschichte mitschrauben dürfen. Ein Nachspielen einiger
Schlüsselszenen unsererseits ließen diesen Eindruck aber schnell wieder verpuffen: Bis auf ein paar andere Antworten wirken sich unsere „Entscheidungen“ nämlich überhaupt nicht auf die Geschichte aus. Das erscheint beim
Lesen vielleicht etwas unschön, machte uns aber während der Spiel-Session in der Tat absolut nichts aus. Viel zu gekonnt passen die Gags und die durchweg charmanten Figuren. Somit können wir auch für Episode drei ganz klar
sagen, dass sich bislang 'Tales from the Borderlands' absolut für uns gelohnt hat. Wir freuen uns sehr auf Runde vier!
[ 20.07.2015 ]
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