
Hersteller: | Autumn Moon Entertainment |
Vertrieb: | Crimson Cow |
Steuerung: | Maus |
Systemanforderungen: | Win XP/Vista / Pentium IV 1,6 GHz / 512 MB RAM / 256 MB Grafikkarte / ca. 3,8 GB Festplatte |
USK: | Freigegeben ab 12 Jahren |
Offizielle Webseite: | www.avampyrestory-game.de |

Draxsylvanien, 1895
Die junge Pariser Sängerin Mona de Lafitte lebt bereits viel zu lange unfreiwillig in den Gemäuern von Schloss Warg. Hausherr und Vampir Baron Shrowdy verliebte sich nämlich eines Tages in das junge Frauenzimmer, gab ihr den Biss der Unsterblichkeit, machte damit aus ihr seinesgleichen und verschleppte sie in sein Heimatland Draxsylvanien. Leider kann Mona nicht einfach fliehen. Eine Parkkralle, im Form eines Fluches, verweigert ihr nämlich das überqueren von fließenden Gewässern, nachdem sie sich in eine Fledermaus verwandelt hat. Dumm nur, dass das Schloss inmitten eines Sees erbaut wurde und somit der schmucken Sängerin keine andere Möglichkeit zur Flucht gegeben ist, als eben ganz normal per Boot. Doch den einzigen Schlüssel zum Bootshaus hat der kleinwüchsige Baron ebenfalls mit einem Zauberspruch belegt, sodass nur er täglich die Mauern verlassen kann, um das Blut der Lebenden zu besorgen. Für Mona ist der rote Saft jedoch nur Wein mit salzigem Abgang, denn sie scheint ihr Dasein als Vampir noch immer nicht richtig verstanden zu haben. Lediglich ihr einziger Freund, die Fledermaus Froderick, versucht ihr etappenweise klarzumachen, dass sie zum Volk der Blutsauger gehört. Außerdem erkennt er die Lage Monas und bastelt mir ihr an einem geheimen Plan, von Schloss Warg zu entfliehen. Und wie gerufen, können die beiden ihren Plan scheinbar auch ungezwungen angehen, denn Baron Shrowdy wird beim täglichen Herbeischaffen von Blut mit einem Holzpflock aus dem Verkehr gezogen. Doch die Bahn ist damit noch lange nicht frei: Unzählige Rätsel müssen bis zur erfolgreichen Flucht gemeistert werden. Da müssen Tränke gebraut, Geheimgänge entdeckt und zahllose Hindernisse aus dem Weg geräumt werden.

Deutsches oder englisches Abenteuer – was darf’s sein?
Direkt vor der Installation des Spieles kann man sich frei entscheiden, welche Version installiert werden soll. Wer lieber auf den originalen Pfaden der englischen Fassung waten möchte, der kann dies bei 'A Vampyre Story' tun, indem man schlichtweg diese Version installiert. Bereits in der Preview-Version konnten wir uns zusätzlich von dieser ein sehr gutes Bild machen. Die Sprecher sind gekonnt gewählt und leisten hervorragende Arbeit. Für alle anderen kann selbstverständlich auch die komplett deutsche Fassung auf die Festplatte geschaufelt werden. Doch selten war es schwerer, sich zwischen den Sprachversionen zu entscheiden. Denn, unserer Meinung nach, ist die deutsche Sprachausgabe die bisher beste im ganzen Genre. Während so manche Konkurrenz nämlich wieder und wieder auf dieselben prominenten Sprachtalente setzt, hat sich Vertreiber 'Crimson Cow' die Mühe gemacht und bisher im Genre gänzlich unbekannte Sprecher verpflichtet. Dabei sind vor allem Hauptakteurin Mona, mit ihrem beinahe niedlichen, französischen Akzent, und ihr Fledermauskollege Froderick, ein Zyniker allererster Güte, eine Wucht und stehen dem englischen Original in absolut nichts nach. Zu lachen gibt’s aber sowohl im Englischen als auch im Deutschen mehr als genug. So schwer die Wahl auch ist, müssten wir uns entscheiden, wir würden es zugunsten der deutschen Sprachausgabe tun (selbst Grafiken wurden eingedeutscht). Aber die Lautsprecher – und damit unsere Ohren – werden ohnehin durchweg verwöhnt. Denn die musikalische Untermalung kann sich ebenfalls nicht nur hören lassen, sondern läuft der Konkurrenz gleichermaßen davon. Der orchestrale Soundtrack von Komponist Pedro Macedo Camacho ist nämlich absolut brillant. Eine derartige Qualität gab’s viel zu lange nicht mehr im Bereich der Abenteuerspiele. Ganz, ganz große Klasse!!
Grafischer Leckerbissen!
Bilder sagen ja bekanntlich mehr als Tausend Worte – und im Falle von 'A Vampyre Story' sind’s dann wohl mehr eine Million Worte. Der Titel sieht derartig brilliant aus, dass es Fans dieses grafischen Stils, trotz winterlicher Kulisse, durchweg das Herz in der Brust wärmen dürfte. Von Anfang bis Ende erstrahlt die Spielwelt in einer bombastischen Qualität, dass einem schon einmal die Worte fehlen können. Bescherten uns die Locations im Schloss Warg bereits offene Münder, kamen wir später im nahegelegenen Dorf aus den „Wow“-Momenten nicht mehr heraus. Denn dann zeigen die Grafiker so richtig, was in ihnen steckt: Zahllose Ebenen, die sich beim Hin- und Herlaufen in verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen, geben den bildstarken Orten zusätzlich eine nie dagewesene, zeichnerische Tiefe. Wow!! Kapituliert haben die Zeichner lediglich bei den Charakteren. Waren auf den allerersten, veröffentlichten Screenshots noch gezeichnete Personen, im Stile von 'The Curse of Monkey Island' zu sehen, hat man sich bei 'Autumn Moon', im Laufe der jahrelangen Entwicklung, letzen Endes doch für dreidimensionale Echtzeit-Charaktere entschieden. Damit die aber das grafische Gesamtbild nicht verschlechtern, wurden sie gekonnt an die gezeichnete Welt angepasst. Das äußert sich dadurch, dass die Protagonisten durch die zahlreichen Lichtquellen in den Räumlichkeiten gekonnt angeleuchtet werden, was den Übergang zwischen 2D und 3D stark verschwimmen lässt und zusammengenommen sehr gut rüberkommt. Die Animationen können sich obendrein ebenso sehen lassen.


Rätselmassen im LucasArts-Stil
Dass sich Bill Tillers Schmiede klar an den Werken von 'LucasArts' orientiert hat, merkt man deutlich beim Rätseldesign. Denn wer kennt nicht mehr Szenen aus einem der vier 'Monkey Island'-Teile, wo man für die Knobeleien ein zweites paar Schuhe gebraucht hätte, weil man zur Lösung sehr oft hin und her musste? Das gleiche Prinzip schlummert auch in der Brust von 'A Vampyre Story', was im Grunde sehr gut ist. Immerhin könnt Ihr Euch auf zahllose Rätsel freuen, die allesamt logisch und einfach gut durchdacht wirken. Leider zwingen Euch die Rätsel lange Zeit immer durch dieselben Orte zu düsen. Nach Stunden im Schloss Warg hat man sich selbst an dieser grafischen Wucht schlichtweg sattgesehen und hofft auf Abwechslung. Die gibt’s leider nicht allzu viel. Rund 60% des gesamten Abenteuers werden nämlich im Schloss Warg absolviert, nur 40% im nahegelegenen Dorf. Es gibt zwar die Möglichkeit, durch Drücken der Leertaste Animationen und Laufwege zu überspulen oder mit der rechten Maustaste Locations ruckartig zu verlassen – aber dennoch: Unserer Meinung nach wäre im Gemäuer von Baron Shrowdy weniger deutlich mehr gewesen. Denn die anliegende Gemeinde hat uns fühlbar mehr Spaß gemacht. Immerhin finden sich dort endlich menschliche Gesprächspartner und das Areal bietet mehr Abwechslung. Außerdem muss man im Schloss Warg gesprächstechnisch umdenken: Dialoge zu führen, funktioniert zwar nach dem altbekannten und bewährten Multiple-Choice-System, doch in den Mauern kann man buchstäblich mit allem sprechen, was einen Mund oder ein Maul hat – seien es nun Wasserspeier, Ratten, Katzen, Geister oder Eiserne Jungfrauen. Zugegeben, daran muss man sich erst einmal gewöhnen.
Dafür lässt sich der Titel aber hervorragend steuern. Für das Interface scheint ebenfalls 'The Curse of Monkey Island' Pate gestanden zu haben, immerhin ist die Grundmechanik des kompassähnlichen Bedienfeldes identisch: Sobald der Cursor einen Hotspot erspäht, könnt Ihr durch das Halten der gedrückten, linken Maustaste eine von vier Aktionsmöglichkeiten wählen – bestehend aus Anschauen, Sprechen, Nehmen/Benutzen und das Verwandeln in eine Fledermaus. Während die ersten drei Bereiche sicherlich keinerlei nähere Erläuterungen benötigen, ist der vierte eine spezielle, spieleigene Option, vergleichbar mit dem Zutreten bei 'Vollgas'. Einige Locations können nämlich nicht per Fuß von Mona erreicht werden. Da hilft nur die Verwandlung in die obligatorische Fledermaus, um die Distanzen zum Ziel auf dem Luftweg zu überbrücken. Diese Metamorphose wird außerdem automatisch genutzt, wenn Mona ein Utensil heranschaffen muss. Denn nicht jeder Gegenstand passt in die zugegebenermaßen kleinen Taschen der spindeldürren Vampir-Diva. Aus diesem Grund merkt sie sich solche Gegenstände, statt sie aufzunehmen, was sich dadurch wiederspiegelt, dass die Objekte im Inventar bläulich dargestellt werden. Werden sie nun gebraucht, verwandelt sich Mona in eine Fledermaus, schafft den Gegenstand heran und benutzt ihn. Das eigentliche Rätselschema wird dabei also nicht verändert, denn diese Gedanken werden ganz normal benutzt, als wären sie physisch in den Taschen vorhanden. Um das Finden der Utensilien zu vereinfachen, steht jederzeit die mittlerweile fast zum Standard gewordene Funktion des Anzeigens sämtlicher Hotspots – durch Betätigen der Tabulator-Taste – zur Verfügung. Auch wer solche Hilfsfunktionen nicht zu schätzen weiß, wird sie spätestens bei 'A Vampyre Story' ab und zu nutzen müssen. Manche Gegenstände sind nämlich einfach zu gut versteckt oder gehen in den detailreichen Locations gar unter.


Bugs, die nicht hätten sein müssen
Kommen wir zum ärgerlichen Teil dieses Tests, den Bugs. Hatten wir noch gehofft, dass nach der Preview-Version so mancher Fehlerteufel bis zum Release ausgetrieben werden würde, wurde diese Hoffnung leider nur in Ansätzen erfüllt. Mögen ein paar Probleme wirklich nicht mehr vorhanden sein, dennoch hat 'A Vampyre Story' einen immer wiederkehrenden Schluckauf. Je länger man dies nämlich spielt, je langsamer wird der Titel. Das ging bei uns soweit, dass das Spiel nach einer Weile stark zu ruckeln begann. Erst ein Neustart des Adventures konnte die Problematik beheben, bis es nach zahlreichen Spielminuten erneut nötig gewesen war, diesen Schritt zu wiederholen. Selbst einen spielentscheidenden Fehler konnten wir ausmachen, der uns sogar dazu veranlassen musste, den Titel zum Teil noch einmal zu durch rätseln. Leerten wir Monas Parfümzerstäuber mehrmals und füllten diesen dann wieder mit der gefundenen Nachfüllflasche auf, verweigerte die Vampirdame irgendwann einfach das erneute Ausleeren, was damit endete, dass ein Rätsel mit einem gefüllten Zerstäuber nicht mehr zu lösen war, denn der musste entleert sein. Hier wurde eindeutig zu wenig getestet. Kleinere Laster betrafen zusätzlich Fehler in den Animationen (Figuren sind während einer Bewegung eingefroren; Froderick landete nicht auf der Schulter Monas, sondern irgendwo um sie herum im freien Raum) oder teils falscher Text zum gesprochenen Wort. Kein Bug, aber dennoch nervend: Bei jedem Speichervorgang wird ein neuer Slot angelegt, die alten lassen sich im Spiel selbst nicht mehr löschen. Wer, wie wir, lieber mehr als weniger speichert, der hat bald eine Wagenladung voll belegter Slots.
Absolut genialer Titel, der noch etwas Feinschliff gebraucht hätte!!
Blenden wir einmal die Bugs kurz aus: 'A Vampyre Story' ist in unseren Augen der Hit geworden, den wir uns gewünscht hatten. Denn vergleicht man das Stückchen Software mit den genialen Adventures von 'LucasArts' - und bei Bill Tiller in der Mannschaft, muss sich das Adventure das wohl oder übel gefallen lassen -, dann verfehlt der Titel deren Genialität zwar nur ganz, ganz knapp, doch das Nostalgie-Flair ist trotzdem allgegenwärtig beim Durchforsten der todschicken Locations - garniert mit hoch sympathischen Charakteren! Leider ist der Titel etwas zu kurz geraten, ist man nämlich erst einmal aus dem Schloss entkommen, hat man bereits 60% des gesamten Adventures bestritten. Persönlich hätten wir uns diesen Prozentsatz lieber im draxsylvanischen Dorf gewünscht. Zu allem Überfluss endet das Abenteuer mit einem Cliffhanger, der erst in 'A Vampyre Story II' aufgelöst werden wird. Das lässt dann aber hoffentlich nicht so lange auf sich warten wie dieser Part. Blenden wir die angesprochenen Bugs nun wieder ein, mildern die unfreiwillig das Spielvergnügen. So fühlt sich Monas Flucht noch ein wenig unfertig an und sollte dringend nachgepatcht werden. Ansonsten ist das Spiel dennoch absolut genial!! Wer hier nicht zuschlägt, verpasst wohl möglich eines der besten Adventures der letzten Jahre!
[ 17.11.2008 ]
