
Hersteller: | WatchDaToast |
Vertrieb: | WatchDaToast |
Steuerung: | Maus |
Systemanforderungen: | Windows XP / Pentium IV 2 GHz / 4 GB RAM / ca. 1,3 GB Festplatte |
USK: | - |
Offizielle Webseite: | www.owlsgard-game.com |
Deutsch: | Komplett |

Vergangenheit und Gegenwart
Die heilige Bibliothek der Eulen steht in Flammen, Schriften von unschätzbarem Wert und Wissen für immer verloren. Warum sollte jemand so etwas tun? Obgleich dieses Wissen vielleicht im Moment keinerlei Einschränkung für das Leben der Tiere haben wird, sieht die weiseste Eule doch die möglichen Konsequenzen voraus, die in der Zukunft zum Problem werden könnten. Vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber irgendwann werden die Tiere dieses verlorene Wissen dringend brauchen. Und wie es die Geschichte so will: Die weise Eule sollte Recht behalten…
500 Jahre später macht sich der junge Rehbock Finn auf den Weg in das Königreich Velehill, um seine Eltern nach langer Abwesenheit zu besuchen. Seit seinem Auszug hat er sie nicht mehr gesehen. Allerdings kommt die Vorfreude zu einem jähen Ende, als er sein Elternhaus vollkommen verwüstet vorfindet. Mutter und Vater sind verschwunden. Jedoch scheinen die Spuren der Entführer noch ganz frisch zu sein. Hilfesuchend macht sich Finn daher sofort in die benachbarte Stadt auf, in der er leider erfahren muss, nicht der Einzige zu sein, der einen Verlust zu beklagen hat. Reihenweise wurden nämlich Tiere jedweder Art entführt und man gibt den Wölfen die Schuld daran. Doch können die es wirklich gewesen sein, wenn die doch durch die Staatsgewalt bereits seit Jahren hinter haushohen Mauern von der Außenwelt praktisch abgeschnitten sind? Und wo haben sie die Gekidnappten eigentlich versteckt? Finns Zweifel scheinen sich zu verhärten, als plötzlich fremde Maschinenwesen in der sonst so bunten Fabel-Welt erspäht werden. Nun macht er sich also auf, den Spuren seiner Eltern nachzujagen, das Geheimnis hinter den Entführungen aufzudecken und dem Mysterium dieser neuen Maschinenwesen auf die Schliche zu kommen.
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Ohne Fleiß keinen Preis
Die insgesamt vier Kapitel erstrecken sich oft über mehr oder minder ein gutes Dutzend Locations und wir fanden es schon bemerkenswert, wie viele Rätsel da drin versteckt werden konnten. Das macht vor allem zu Beginn gar nicht den Anschein, letztlich laufen wir uns mit Finn aber so ziemlich schnell die Hufe ab – so oft geht’s hin und her. Grundlegend können wir uns während unseres Spieldurchlaufs eigentlich an keine Situation erinnern, in der nicht ein oder gar gleich mehrere Rätsel gelöst werden mussten, um überhaupt weiter zu kommen. Praktisch nichts funktioniert direkt. Knobelfreunde kommen daher also auf alle Fälle auf ihre Kosten. Wobei die durchweg logischen Rätsel aufgrund ihrer Durchdachtheit nicht unbedingt schwer sind. Das Anspruchsvolle ist nicht selten das Suchen der zu nutzenden Gegenstände. Retro-Adventure-typisch muss nämlich stets jeder einzelne Hotspot begierig begutachtet werden, um seine Möglichkeiten für’s Weiterkommen zu erörtern. Denn ab und zu erschließt sich erst durch das Betrachten der tatsächliche Nutzen, da erst im Anschluss brauchbare Utensilien eingesackt oder Locations freigeschaltet werden. Doch am meisten wird man sich wohl über den Umstand streiten können, ob es sinnvoll ist, einige wenige Gegenstände so taff zu verstecken. Begutachten wir beispielsweise an der Küste das Meer, offenbart uns Finn seine Eindrücke, an anderer Stelle findet er jedoch plötzlich eine Muschel. Wohlgemerkt ist der Hotspot weder anders bezeichnet, noch geht irgendwie daraus hervor, dass man das Meer an mehreren Stellen begutachten sollte. Das ist jedoch Meckern auf einem hohen Niveau. Denn wem dieses Gesuche nicht so sehr zum Spielstil passt, der hat zu Spielbeginn die Wahl zwischen dem eben beschriebenen klassischen Mode und einem „modernen“. Dieser weist uns dann mit einem kleinen Glitzern auf versteckte Gegenstände hin und verkürzt zudem die wenigen zeitkritischen Knobelleien. Letzteres kann jedoch vernachlässigt werden. In unseren Augen sind diese Rätsel mit Zeitdruck selbst im klassischen Modus problemlos im zugestandenen Zeitfenster schaffbar.
Der kleine Fehlerteufel
Wir haben die ursprünglich veröffentliche Verkaufsversion gespielt, bei der wir jedoch über den ein oder anderen Fehler stolperten. So konnten wir beim Wegsegeln von Velehill diese Aktion triggern, obwohl wir das dafür notwendige Schiff noch gar nicht gefunden hatten, was dann auch zum Absturz führte. Das Umschalten auf Vollbild wollte via Starter-Menü zudem nicht ganz funktionieren, so dass sich der Screen leicht verschoben zeigte, womit etwa ein Fünftel der rechten Locationhälfte nicht zu sehen war. Erst durch das Starten im Fenstermodus sowie dem mehrmaligen Betätigen von ALT+ENTER löste sich letztlich das Problem. In der ‚Steam‘-Fassung, die uns vorlag, funktionierten außerdem die Achievements im letzten der vier Kapitel nicht mehr. Alle diese Punkte sind natürlich kein Beinbruch und werden sicherlich mit einem Patch problemlos auszumerzen sein. Game-Breaker, also Fehler, die das Weiterkommen komplett unterbinden, konnten wir allerdings keine ausmachen. Und das ist ja das Wichtigste.

Schöner geht Retro nicht
Bei der Grafik fällt es echt schwer objektiv zu bleiben. Aber als Fans von pixeligen Retro-Looks der 90er können wir leider nicht anders, als dem Adventure ein absolut verdientes Lob auszusprechen. Wir hatten gar das Gefühl, mit fortschreitender Abenteuerreise auf immer schönere Locations zu treffen. Es liegt dabei nicht nur an den gut gewählten Farben oder den Winkeln, welche die virtuelle Kamera einnimmt. Das Bild steht zudem einfach nie still. Bäume wehen im Wind, Vögel fliegen vorbei, das Meer brandet an der Küste und selbst im Vordergrund gibt es immer wieder mal etwas zu bestaunen. Von den schmucken Zwischensequenzen fangen wir da gar nicht erst an. Auch schick: Das offensichtlich an LucasArts’ SCUMM-System orientierte Inventar passt sich den Befindlichkeiten der Locations automatisch an. Betreten wir also einen dunklen Raum, tut das Interface es dem gleich und verdunkelt sich ebenfalls. Ach, in diesem Adventure steckt einfach so viel Liebe zum Detail … Natürlich muss man diese kultige Grafik der Neunziger mögen. Aber wir kamen teils nicht mehr aus dem Schwärmen heraus: Schöner geht Retro eigentlich nicht mehr.
Liebevoll vertont und spannend erzählt
Musikalisch bietet der Titel sehr passende Melodien, die das Geschehen auf dem Bildschirm gut untermalen. Manches Mal hätten die auch gerne ein wenig vordergründiger sein können. Bei den Sound-Effekten wurde sich gar aus dem Pool von Film- und Fernsehen bedient. Zum Zeitpunkt dieses Reviews steht übrigens sowohl eine deutsche wie auch eine englische Tonspur zur Wahl, die uns beide sehr gut gefallen haben. Der Star ist aber auf alle Fälle die deutsche Sprachausgabe. Es fiel uns selten leichter mit den Figuren warm zu werden, sind doch grundsätzlich alle Redner vorzüglich gewählt und die Hörspiel-Wurzeln qualitativ angenehm spürbar. Es macht schlicht Spaß zuzuhören. Zumal begleiten diese guten bis sehr guten Sprecher die ungeahnt spannende Geschichte perfekt. Natürlich möchten wir Euch keinesfalls zu viel verraten, aber das Adventure schlägt vor allem im letzten Kapitel eine Richtung ein, die man vielleicht so nicht erwarten würde. Uns fesselte es jedenfalls so sehr, dass wir nicht nur ständig wissen wollten, wie es weitergeht, sondern auch das Durchspielen des Titels in nicht einmal einer handvoll Sessions stattfand. Manches Mal wollten wir gar so sehr wissen, was als nächstes passiert, dass wir das ein oder andere Rätsel verfluchten. Eigentlich ein gutes Zeichen, wenn eine Geschichte dies auszulösen vermag. Denn nichts gegen die Rätsel, aber die Neugier trieb uns spätestens ab der Mitte des Adventures praktisch nur noch vor sich her. Übrigens kann ‚Beyond the Edge of Owlsgard‘ auf zwei Wegen abgeschlossen werden. Und diese beiden Enden machen ihrem Namen – gut und böse – auf jeden Fall alle Ehre, unterscheiden die sich doch vollständig voneinander. Anders als bei so mancher Konkurrenz, die lediglich einige wenige Sätze oder dezent den Ablauf des Epilogs verändern.

Weit mehr als ein Achtungserfolg!
Wenn man die Tatsache hervorhebt mit ‚Beyond the Edge of Owlsgard‘ einen Titel vor sich zu haben, der quasi im Alleingang umgesetzt wurde, wäre die Behauptung, dies wäre ein Achtungserfolg tatsächlich nicht angemessen genug. ‚WatchDaToast‘ ist nämlich nicht nur einfach ein gutes Adventure geglückt, sondern auf Anhieb eines, welches dem Genre wahrlich alle Ehre macht. Es ist durchweg spannend; bietet sympathische, gut vertonte Charaktere; fordert die grauen Zellen und ist im Retro-Kontext audio-visuell wirklich eine Wucht. Allerdings muss man hier auch betonen, dass es sich ganz klar an Veteranen richtet. Neuankömmlinge im Genre könnten es optisch möglicherweise zu altbacken oder rätseltechnisch ein wenig zu anspruchsvoll finden – „Classic“- und „Modern“-Modus hin oder her. Obwohl der Fabel-Look etwas anderes vermuten lässt, sollte zumindest für Kinder außerdem eine leichte Warnung ausgesprochen werden. Wird Finn nämlich von einem der mysteriösen Maschinenwesen erwischt, führt das selten nett umhätschelnd zum virtuellen Tode. Was bleibt uns im Schlusswort eigentlich noch mehr zu sagen? ‚Beyond the Edge of Owlsgard‘ ist ein liebevolles Abenteuerspiel, welches man vor allem als Veteran keinesfalls verpassen sollte. Mit einem Umfang, der sich zwischen acht und zehn Stunden bewegen sollte, bekommt man zudem recht viel Adventure für's Geld. Hoffentlich haben wir nicht das letzte Mal etwas von Entwickler ‚WatchDaToast‘ gehört. Denn so viel Liebe zum Detail, verknüpft mit einer großen Schippe Erinnerungen an die beste Zeit der Adventures, findet man in so einer Qualität definitiv selten!
[ 30.12.2022 ]
