
Hersteller: | LucasArts |
Vertrieb: | Softgold |
Steuerung: | Maus |
Systemanforderungen: | DOS 3.1 / 386 12 MHz / 2 MB RAM / ca. 1 MB Festplatte (CD-Version) |
USK: | Freigegeben ab 12 Jahren |
Kompatibilität: | ScummVM / DOSBox |
Deutsch: | Komplett |

Einmal mit Profis arbeiten
Allerdings lassen sich der rotznäßige Hase Max und sein zynischer Hundekollege nur zu leicht ablenken. Denn bereits auf dem Jahrmarkt gibt es eine ganze Menge zu tun, was eigentlich nur bedingt mit dem Fall zu tun hat. Spiele wie „Schlag die Ratte“ oder ein „Malen nach Zahlen“-Minispiel sind zwar im Adventure drin, scheren sich jedoch meist kaum, überhaupt zur Story beizutragen und fungieren lediglich als kleiner Nebenzeitvertreib. So eben auch ein Abstecher auf den Highway, bei dem Max jedes Mal auf dem Autodach stehend springen muss, um nicht mit Volldampf gegen eines der straßenüberspannenden Schilder zu klatschen. Jedoch weiß man zu Beginn nicht unbedingt, welche dieser Spiele nun tatsächlich Relevanz haben, womit man sich zumindest beim ersten Durchlauf an all denen versucht. Und bereits auf dem städtischen Jahrmarkt gibt‘s eine ganze Menge. Eine schöne Abwechslung für den Adventure-Alltag. Man merkt einfach, dass sich die Entwickler hier gehörig austobten.
„Überlasst nur alles uns, und wir bringen diese Abnormitäten der Natur zurück in Eure Obhut, bevor Ihr den Koran gelesen habt.“
- Sam
Aus alt mach neu
Wie gewohnt wird einmal mehr auf die altbewährte SCUMM-Steuerung gesetzt, dieses Mal traut sich ‚LucasArts‘ jedoch, das alte System in seinen Grundzügen über den Haufen zu werfen … und hat sich dabei aber mal so richtig vom damaligen Konkurrenten ‚Sierra‘ inspirieren lassen. Die Verben sind Vergangenheit. Sämtliche Aktionen lassen sich nun mit der rechten Maustaste durchschalten, wobei der Cursor dann entsprechend die Form annimmt, welcher der Tätigkeit entspricht. Das Inventar gibt‘s nun nur noch per Knopfdruck auf ein Kisten-Symbol am unteren linken Rand. Das System hat dabei vor allem den Vorteil, dass viel mehr Platz für die wunderschön gepixelte Cartoon-Grafik bleibt und nichts mehr die Sicht versperrt. Der Nachteil ist indes, dass das Durchklackern der einzelnen Aktionen manches Mal eine Weile dauern kann und man gern versehntlich eine zu weit klickt und wieder von vorn beginnen muss. Das passiert zwar beim Dauerrätseln hin und wieder, letztlich funktioniert die noch immer auf SCUMM aufgebaute Systematik ansonsten anstandslos. Nicht ganz so klar erscheint jedoch das Dialogsystem. Die bewährten, auswählbaren Multiple-Choice-Sätze sind kleinen Bildchen gewichen, die symbolisieren sollen, welche Thematik angesprochen werden soll. Beim Fragezeichen stellt Sam beispielsweise sinngemäß eine Frage, macht beim Ausrufezeichen eine Feststellung und bei der Ente einen bösen Spruch. Dabei laufen die Dialoge stetig gleich ab. Beginnen wir ein Gespräch stehen nur die eben genannten Bildchen zur Verfügung sowie ein Handsymbol, welchen den Dialog beendet. Sobald Sam eine Frage stellt, erscheinen weitere Minibildchen, welche widerrum ihrerseits neue Themen freischalten. Allerdings erschließt sich nicht immer sofort, welche Frage, Anmerkung oder Witz hinter dem angeklickten Symbol steckt. Manches Mal muss man sich wie der Gesprächspartner überraschen lassen, was Sam da gleich losplappert.
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Böser Humor
‚LucasArts‘ mag zwar einmal mehr eine komödiantische Richtung einschlagen, aber mit ‚Sam & Max‘ gehen sie definitiv viel weiter als in den vorherigen Veröffentlichungen. Die Gagdichte ist nicht nur sehr hoch, für Freunde des zynischen und sarkastischen Humors wird man außerdem nicht umhin kommen, das ein oder andere Mal gar laut loszulachen. Zugegeben man muss diese Art des Humors mögen, aber wenn, dann hat man es hier wohl mit einem der witzigsten Adventures überhaupt zu tun. Zum Teil sind die Kommentare, welche die Beiden den verschiedenen Gesprächspartnern vor den Latz knallen, derart spitzzünglig, zynisch und mehrdeutig, es macht einfach Spaß, dem zuzuhören. Dabei sind viele Anspielungen so gut versteckt, dass die richtig bösen Scherze und Doppeldeutigkeiten von Kindern gar nicht, von Erwachsenen dafür umso besser verstanden werden. Tempo und Wortwitz funktionieren sowohl im Englischen wie auch im Deutschen jedenfalls prächtig. Für uns ist gar die lokalisierte Fassung in unserer Landessprache die beste der Veröffentlichungen. Sandra Schwittau – besser bekannt als die Stimme von Bart aus den ‚Simpsons‘ – mit ihrer frechen, forschen und zum Teil sadistischen Art ist schlicht der perfekte Gegenpol zu Hans-Gerd Kilbinger. Der spricht den Hund Sam wiederum derart ruhig und zutiefst sarkastisch, dass es eine wahre Freude ist. In Kombination sind die Beiden beinahe einfach schon ZU gut. Von daher sollten sich Interessierte unbedingt die deutsche CD-Fassung schnappen, da in der Diskettenversion zwar selbstredend der Humor derselbe ist, die hervorragenden Sprecher allerdings größtenteils fehlen. Und dadurch geht gehörig was von der tollen Atmosphäre verloren. Lediglich zu Beginn bekommt man zwar auch hier zugegeben eine hörbar abgespecktere Version der Sprachausgabe auf die Ohren (die ganz nebenbei geschickt für die CD-Veröffentlichung zu werben weiß), jedoch verstummt die nach dem Intro aus offensichtlichen Platzmangel der Floppies wieder. Wichtig zu wissen: Bei der Disk-Veröffentlichung sind in den Rollen der beiden animalischen Ermittler andere Sprecher zu hören.
„Sie müssen mit unglaublichen magischen Fähigkeiten ausgestattet sein, die Ihre körperlichen Mängel wieder wettmachen.“
- Sam
„Benutze klatschnassen Max mit Verteilerkasten“
Dass sich das SCUMM-System mit diesem Adventure ganz schön verändert, haben wir ja bereits geklärt. Neu ist außerdem, dass wir Max ebenfalls wie einen Gegenstand mit der Umgebung benutzen können, was zu Beginn ein wenig Umdenken erfordert. Denn wir als Spieler dürfen lediglich mit dem Hund Sam investigativ tätig werden. Aber auch ohne die Neuerung ist die Rätseldichte immer noch ziemlich komplex und steigert sich mit fortschreitender Spielzeit. Sind wir anfangs noch auf einige wenige Orte im Cartoon-Amerika reduziert, werden es stetig mehr. So füllt sich ebenfalls das Inventar zum Teil ganz ordentlich. Die Lösungen liegen dabei nicht immer direkt auf der Hand, sind nichtsdestotrotz stets mit ein wenig Köpfchen lösbar. Wer den Überblick über die bereits eingesackten Habseligkeiten behält, dem dürften sich keine bösen Kopfnüsse entgegenstellen, wobei man hin und wieder schon ein wenig um die Ecke denken muss. Letzteres liegt vor allem daran, dass man ganz im Sinne eines Cartoons die verrücktesten Dinge anstellen darf, ohne die beiden Detektive wirklich zu verletzen. So kann man beispielsweise auf dem Jahrmarkt Max unter Wasser tauchen, um ihn klatschnass anschließend gegen einen Verteilerkasten zu drücken, damit der Stromkreis aufgrund des folgenden Kurzschlusses zusammenbricht. Was echte Organismen umhaut, lässt Cartoon-Figuren nicht einmal mit den Schultern zucken und führt obendrein zu allerhand witzigen Situationen.

Ein Cartoon zum Selberspielen
Mag man bei ‚Day of the Tentacle‘ bereits mit sehr schöner Comic-Grafik gepunktet haben, setzt man erneut mit ‚Sam & Max‘ einen drauf. Die Optik wirkt hier noch zeichentrickhafter und zudem finden sich deutlich mehr unterschiedliche Animationen. Dabei hat man sich jedoch nicht nur auf Notwendiges konzentriert. Immer wieder dürfen wir mit dem tierischen Duo Dinge und Gegenstände ausprobieren, die dann mit eigenen Animationen unterlegt sind, obwohl sie zur Handlung selbst nichts beitragen. Man merkt einfach, dass sich Schöpfer Steve Purcell und seine Zeichner hier richtig austobten, um die Comic-Reihe zum Leben zu erwecken. Aus heutiger Sicht mag die Grafik durch die niedrige Auflösung zwar ein bisschen von ihrem Glanz verloren haben, gefällt uns aber noch immer ausnehmend gut. Wem die Pixelkanten hingegen stören, der kann mit dem Kult-Interpreter ‚ScummVM‘ einige Filter zuschalten, welche denen ein gutes Stück weit den Gar ausmachen. Und dieser kostenfreie Interpreter wie auch das ebenfalls preislose Programm ‚DOSBox‘ sind heutzutage leider notwendig, um überhaupt noch mit den beiden animalischen Privatschnüfflern auf Ermittlungstour zu können. Als Adventure alter DOS-Tage funktioniert der Titel nämlich schon lange nicht mehr auf moderneren Windows-Maschinen.
Das fieseste Duo aller Zeiten
Die Firma ‚LucasArts‘ probierte in ihrer Geschichte viel aus und ließ mehr als nur einmal den Projektleitern freien Lauf. Ohne diese kreative Freiheit gäbe es heute wohlmöglich so manch großartige Adventures dieser ehemals einzigartigen Firma nicht. So bekamen Größen wie Steven Spielberg mit ‚Indiana Jones‘ oder dem später erschienen ‚The Dig‘ ebenso die Chance wie auch Brian Moriarty Jahre zuvor mit ‚Loom‘. Gerade diese Vielfalt zeichnete die Kalifornier damals eben auf eine unvergleichliche Weise aus. Mögen die ‚Sam & Max‘-Comics außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika und damit das tierische Schnüfflerpaar selbst kaum Bekanntheit im Rest der Welt erlangt haben, änderte allein dieses eine Adventure diesen Umstand jedenfalls für immer. ‚Sam & Max: Hit the Road‘ ist definitiv das humoristischste und böseste LucasArts-Adventure überhaupt und wir können uns glücklich schätzen, dass Steve Purcell die Chance bekam, seine Freelance Police aus dem Käfig und in der glorreichen Reihe der ‚LucasArts‘-Adentures unsterblich werden zu lassen. Denn obwohl hier sehr stark auf die Popkultur der 1990er Jahre abgezielt und auch so einiges gehörig auf die Schippe genommen wird, funktionieren der Witz und die Anspielungen heute verrückterweise noch immer absolut hervorragend. ‚Sam & Max: Hit the Road‘ ist eigentlich nicht lediglich als Klassiker zu bezeichnen. Es hat vielmehr in den Jahren seit der Veröffentlichung eine Metamorphose zum waschechten Kult durchgemacht. Hier passt einfach der Witz und der Spaß so gut, dass es in keiner Sammlung fehlen darf. Wer's nie gespielt hat, sollte das gerade als Adventure-Fan unbedingt nachholen. Es gehört nämlich definitiv mit zu den besten ‚LucasArts‘-Adentures überhaupt. Kann es eigentlich ein größeres Lob geben?
[ Klassiker-Test (neu aufgelegt) _ 30.10.2018 ]
