Genre übergreifend haben nur die wenigsten, klassischen Serien, aus den ach so geliebten 90ern, das Millennium überlebt. Und in den meisten Fällen ist das auch gut so. Denn liebgewonnene Adventure-Titel ohne Wenn und Aber lieblos auszuschlachten kann nicht im Sinne der Erfinder sein und schadet zudem dem guten Ruf von einst. Die Mannen der deutschen Schmiede 'Silver Style Entertainment' hielten 2007 solche Bedenken aber nicht davon ab, Simon Woodroffes Möchtegern-Zauberer zu einem vierten Debüt zu verhelfen. Während der Entwicklung war zwar durchweg Skepsis, seitens der Fans, angesagt, doch die wusste das inländische Unternehmen gekonnt im Nichts verpuffen zu lassen. 'Simon IV' war nämlich eine hervorragende Fortsetzung. Ob das Experiment auch ein zweites Mal glückt, muss der nun vorliegende, fünfte Teil beweisen.
Es war einmal in der Zauberwelt
Möchtegernzauberstabwedler Simon hat sich's in der schönen Zauberwelt bequem gemacht und teilt sich mit der schmucken Alix ein gemeinsames und trautes Heim. Nun ja, „trautes Heim“ scheint beinahe zu viel gesagt, denn Simon sieht es beim besten Willen nicht ein, warum zum Geier er sich an der Hausarbeit beteiligen muss. Immerhin ist das für ihn ein Business, das dem starken Geschlecht vorbehalten bleiben sollte ... also Alix. Blöd nur, dass die bei einer überraschenden Alien-Invasion kurzerhand entführt wird, was nun auch den stinkfaulen Simon dazu veranlasst, seinen Hintern in Bewegung zu setzen. Doch seine junge Freundin aus den Klauen der grünen Dickhäuter zu befreien, entpuppt sich bald als nicht die einzige Priorität. Denn die schuppigen Besucher bedrohen mit ihrem „Auge des Todes“ - einer großen Kampfstation im Weltall (Hust ... Star Wars ... Hust) - letztendlich gar den gesamten Planeten.
Cell Shading im Simon-Universum
Bestechende Neuerung, im Gegensatz zum direkten Vorgänger, ist der durchaus ansehnliche Cell-Shading-Look, der im neusten Part Verwendung findet und besonders die Umrisse von Objekten und Protagonisten hervorhebt. Damit versprüht die Optik sogar ein klein wenig Zeichentrick-Flair. Leider wird eben dieser durch die sehr steif wirkenden Charakter-Animationen sichtlich entkräftet. Ob Simon oder ein anderer Protagonist nun schreit, weint oder in panischer Angst ist, man sieht davon genau 0% im durchweg absolut gelassenen Gesichtsausdruck widerspiegeln. Schade, liebe Entwickler, da wäre nach oben noch mächtig Raum gewesen. Nichtsdestotrotz kann sich die Grafik, klammert man die besagten Bewegungsabläufe der Personen aus, sehen lassen, bietet sie doch die grafische Qualität von überarbeiteten Konzeptzeichnungen – und das kann sich einfach sehen lassen! Zusätzlich wurde in den zu bereisenden Orten nicht am Bewegten fürs Auge gespart: Überall finden sich kleine Animationen, die die hoch auflösende Welt beleben. Apropos hoch auflösend: Wie bereits in 'Geheimakte 2' erstmals von der Konkurrenz eingeführt, zoomt 'Simon V' die Kamera, beispielsweise bei den zahlreichen Dialogen, näher an das Geschehen heran. Und bei sämtlichen eingeschalteten Effekten und der hohen Auflösung offenbart die Optik dann auch bei näherer Betrachtung keinen Grund zum schimpfen. Die Gesprächspartner selbst sind gewohnt gut besetzt. Einmal mehr konnte man Erik Borner verpflichten, der den guten Simon nun schon vom Anbeginn der Serie in den 90ern absolut hervorragend klugscheißerisches Leben einhaucht.
Holzhammer- Steinhammer-Humor
Waren im direkten Vorgänger die Anspielungen noch deutlich subtiler, überfährt Simon im fünften Teil den Spieler geradezu mit seiner großen Klappe. Das sorgt leider nicht immer für das gewünschte (Lach)Ergebnis. Oft ist der Humor viel zu direkt und lässt damit nur wenig Spielraum für unterschwellige Seitenhiebe – die es aber selbstverständlich ebenso gibt. Letztendlich sind jedoch nicht wenige Witze zu schlapp und oberflächlich. Ein kleines Beispiel: Das aus dem Vorgänger bekannte Rotkäppchen, hat die Erfüllung des Lebens in der Emanzipation gefunden und aufgrund dessen Simon, nun einmal einem Herren der Schöpfung, den Krieg erklärt. Klingt grundlegend witzig, doch hier mündet das ausschließlich in einem Wust aus plumpen Beleidigungen und Beschimpfungen, die man sich einen Großteil des Spiels anhören muss. Außerdem sind so manche Anspielungen beinahe etwas peinlich schnell zu durchschauen. So trifft man auf einen Kapitän Narrow, der die Black Pear befiehlt. Solch' leichte Veränderungen von bekannten Namen aus Film und Fernsehen sind nur selten witzig – und dann auch nur für die Allerjüngsten – und außerdem etwas zu schlapp, um dafür einen Lacher kassieren zu können. Da fehlt schlichtweg der Pfiff. Aus dem Humor hätte man halt ein bisschen mehr machen können, immerhin ist der schließlich einer der Grundpfeiler der Simon-Saga, in dessen Dialogen und Kommentaren unterschwellig stets viel Humor für Erwachsene zu finden war. Doch wir möchten auch nicht, dass diese Worte zu harsch verstanden werden. Wer den im Adventure vorherrschenden Humor mag, der wird reichlich davon finden, so viel ist sicher.
Innovationen in Simons Welt
Entwickler 'Silver Style Entertainment' bietet jedoch nicht nur gewohnte Adventure-Kost, sondern auch sinnvolle Neuerungen, die sich hervorragend in das Spiel integrieren. Da wäre zum einen eine Rätselhilfe, die es in den vier Vorgängern nicht gab. Wie bereits bei 'Everlight' oder 'Goin' Downtown' merkt sich diese eingebaute Komplettlösung nicht nur die nächsten großen Aufgaben in einem Quest-Log, sondern bietet auch eine dreistufige Hilfe an, die zuerst einen Gedanken anstößt, dann deutlicher wird und zu guter Letzt detailliert verrät, was denn nun als nächstes getan werden muss. Eine gute Idee, wie wir finden, um Frustmomenten vorzubeugen. Denn es gibt sicherlich nichts Spielspaßraubenderes, als in einem Adventure festzustecken. Das Quest-Log hingegen ist nur relevant, wenn einige Tage seit der letzten Partie ins Land gestrichen sind. Denn dort hilft das nützliche Gimmick schneller wieder in das Abenteuer hineinzufinden. Meistergrübler, die sich aber am Stück mit 'Simon V' beschäftigen, wissen hingegen stets, was als nächstes zu tun ist – die verschiedenen Charaktere geizen nämlich nicht mit Informationen. So sollte das sein! Leider müssen sich jedoch so manche Rätseleinlagen den Vorwurf gefallen lassen, aufgesetzt oder etwas zu konstruiert zu sein. Da der fünfte Simon der deutlich kürzeste Part der Reihe ist, versprüht die ein oder andere Rätselkost nämlich den eher weniger lieb gewonnenen Charme der künstlichen Verlängerung der Spielzeit. So muss nicht nur einmal, sondern gleich zweimal ein Knebel-Vertrag für Piraten mit bestimmten Stichworten gefüllt werden, damit es weitergehen kann. An anderer Stelle sucht man beispielsweise diverse Bauteile für eine Maschine, nur um dann gleich noch einmal auf die Suche zu gehen, weil da plötzlich noch immer was zu fehlen scheint. Über spezielle Tasten lassen sich übrigens auch die Ausgänge, Gegenstände oder mittels der Taste 'H' gleich alles anzeigen, womit Simon interagieren kann. Außerdem kann an zwei Stellen eine Entscheidung für das Weiterspielen getroffen werden, das nicht nur die folgenden Rätsel leicht variiert (die anderen Lösungsmöglichkeiten stehen dann nicht mehr zur Wahl), sondern auch das so genannte Psychogramm, dass es beim Abspann zu hören gibt und Simons geistige Verfassung beschreibt, entsprechend verändert. Nette Idee, aber ob das für einen gehörigen Wiederspielwert sorgt, wagen wir fast zu bezweifeln. Dafür sind die Änderungen zu geringfügig.
Unser Fazit: Gerade noch ein gutes Wiedersehen mit alten Bekannten!
Wie es sich für eine Fortsetzung gehört, gibt es ein Wiedersehen mit so manchen Charakteren aus den Vorgängern - sogar einige aus dem vierzehnjährigen, zweiten Debüt. So etwas freut jeden Fan der Serie. Weiterhin haben uns einige der Ideen und Neuerungen gut gefallen. Nebst einiger bereits im Test Genannten kommt zu Beginn eines Kapitels gar Simons Zauberhut abhanden, womit dann ebenso sein Inventar flöten gegangen ist. Zeitweise muss er sich dann damit behelfen, dass er nur zwei Gegenstände tragen kann und die anderen in einer Kiste zwischengelagert werden müssen. Außerdem spielt man erstmalig in der Serie gegen Ende einen anderen Charakter - mehr verraten wir aber nicht. Doch den guten Ideen zum Trotze: Der nunmehr fünfte Teil der Reihe kommt bei uns gerade noch mit einer guten Wertung davon. Schuld daran ist der, unserer bescheidenen Meinung nach, recht schwache Humor für Leute, die nicht gleich jeden Witz auf dem Präsentierteller bekommen wollen, die schwache Story, die in einer fast albernen Auflösung endet, und die hier und da etwas aufgesetzt wirkende Grübelkost. Zu dem ist 'Simon V' relativ flott durchspielt, vor allem wenn man in dieser Hinsicht die vier Vorgänger betrachtet. Nach rund zehn Stunden flimmert bereits der Abspann über den Monitor. Ausgesprochen gut hingegen hat uns die audiovisuelle Präsentation gefallen (sofern man die hölzernen Animationen vernachlässigt) und natürlich, dass wir als alte Fans einmal mehr mit Simon ein Adventure bestreiten konnten. Sollte es aber für ein sechstes Mal reichen, hoffen wir, dass die genannten Kritikpunkte ausgebessert werden, damit Simon dann wieder zur alten Stärke zurückfindet!
[ 26.04.2009 ]
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