2004 überraschte der tschechische Entwickler ‚Future Games‘ die Adventure-Gemeinde auf ganzer Linie. Die Überraschung trug den Namen ‚Black Mirror‘ und war eines der spannendsten, umfangreichsten und wohl schönsten Adventures der, aus damaliger Sicht, letzten Jahre. Doch die Tschechen haben es leider nicht noch einmal geschafft, die Fans mit einer solchen Wucht zu überzeugen. ‚Nibiru‘ war zwar noch sehr gut, doch eine ganze Ecke weit entfernt vom großen Bruder ‚Black Mirror‘. Und nach ‚Reprobates‘, dem bislang schwächsten Titel des Firmenportfolios, schien das blinde Vertrauen in die Macher spürbar nachzulassen. Vielleicht hat man aus eben diesem Grund ‚Black Mirror II‘ in andere Hände gegeben. ‚Cranberry Production‘ aus Deutschland machte sich daran, eine würdige Fortsetzung zu entwickeln. Ohne dem Artikel bereits zu viel vorweg zu nehmen: Sie haben es geschafft!
Bevor man diese Zeilen weiterliest, sollte man sich im Klaren sein, dass sich ‚Black Mirror II‘ ganz klar an Kenner des Vorgängers richtet. Wer den noch nicht gespielt hat, sollte das unbedingt vor Spielantritt nachholen. Das Vorwissen ist zwar nicht unbedingt Pflicht, denn das Spiel geizt nicht mit Informationen, doch verrät es dabei praktisch die gesamte Handlung des spannenden Erstlingswerkes. Und die sollte man schlicht selbst erlebt haben! ‚Black Mirror II‘ setzt nun zwölf Jahre nach den Geschehnissen des ersten Teils an. Allerdings nicht im englischen Schloss, sondern in den Vereinigten Staaten von Amerika. In dem kleinen verschlafenen Hafenstädtchen Biddeford in Maine arbeitet der junge Student Darren Michaels in den Semesterferien in einem Fotoladen. Alles könnte so ruhig sein, wäre da nicht sein autoritärer Chef Fuller, der den angehenden Akademiker ständig mit brüllendem Ton im Nacken sitzt. Die ausgestorbene Stadt, ein vorlauter Chef: Darren hat schnell genug und wünscht sich in so manch langweilige Vorlesung zurück. Doch das ändert sich von einem Moment auf den nächsten, als die junge Angelina dem Fotolabor einen Besuch abstattet, um sich ablichten zu lassen. Die ebenfalls angereiste Studentin verdreht Darren bereits auf den ersten Blick vollkommen den Kopf. Doch für Schmetterlinge im Bauch scheint keine Zeit, als Darrens Mutter plötzlich einen Unfall erleidet und sich den Kopf sehr schwer verletzt. Und dass, obwohl sie bereits stark behindert ist, seit sie vor vielen Jahren einen Autounfall nur knapp überlebte. Oder war es doch kein Autounfall? Ein ortsansässiger Arzt glaubt das nämlich nicht. Für ihn passen die alten Verletzungen zu einer ganz anderen Art von Unfall… Darrens Vertrauen schwankt: Hatte ihn seine Mutter angelogen? Und wenn ja, warum? Rund zwanzig Stunden werdet Ihr brauchen, bevor Ihr diese Fragen beantworten könnt. In der Zwischenzeit schickt Euch das Adventure auf einen äußerst spannenden und wendungsreichen Trip, der letzten Endes zum Schloss Black Mirror nach England führt. Die Spielzeit wird dabei, trotz der hohen Stundenanzahl, im Nu verflogen sein. ‚Black Mirror II‘ ist ganz klar eines der spannendsten Adventures der letzten Jahre.
Imposante und abwechslungsreiche Optik
Bereits das Intro macht einen äußerst hochwertigen und sehr qualitativen Eindruck. Hervorragend gerendert und in einer Detailvielfalt, die es so im Genre wohl selten gibt. Aber eben diese Hochwertigkeit durchzieht von Beginn an bis zum letzten Bit das Abenteuer. Wir konnten uns jedenfalls beim Knobeln beinahe nicht sattsehen. Bei all dieser Wucht kommen aber auch die Ladezeiten nicht ins Wanken. Per Doppelklick ist man in wenigen Sekunden in der nächsten Örtlichkeit angekommen, die es – vor allem in den ersten beiden Kapiteln – sogar in verschiedensten Wetterlagen gibt. Das bringt nicht nur Abwechslung, sondern lässt die Umgebung sehr lebendig erscheinen. Allerdings ist dies in den ersten beiden Akten auch bitter nötig, verbringt man doch diese beinahe ausschließlich in denselben Locations im amerikanischen Maine. Aber wir müssen doch ehrlich zugeben, dass wir uns dort nicht ein einziges Mal gelangweilt haben. Überhaupt gibt das Adventure niemals irgendeinen Anlass dazu, ermüdend zu sein. Ganz im Gegenteil: Die Rätsel sind sehr logisch, wenn oft auch mit einem geringen Schwierigkeitsgrad versehen. Aber was alleine in Maine an verschiedensten Sachen zu tun und zu erleben sind, ist wahrlich beispielhaft. ‚Black Mirror II‘ schafft es, genau den gleichen Suchtfaktor zu erzeugen, wie es einst der Vorgänger tat. Man muss einfach weiterspielen und hinter des Rätsels Lösung kommen. Dabei gibt es derartig viele überraschende und nicht vorhersehbare Wendungen... äußerst gelungen! Selbst wenn man mal nicht weiterweiß, bieten die zahllosen Hotspots viele interessante Monologe zu den einzelnen Gegenständen. Die müssen zudem zwingend, ähnlich wie bei ‚The Book of Unwritten Tales‘, vorher betrachtet werden, bevor sie ins Gepäck wandern können. Uns störte das keineswegs, immerhin haben die Entwickler, wie bereits angemerkt, sichtlich viel Mühe in die Objektbeschreibungen gesteckt.
Geht’s auch höflicher?
Was uns zu Beginn allerdings sauer aufstieß, war die Arroganz des Hauptcharakters Darren. Wie der teilweise mit seinen Gesprächspartner umgeht, konnten wir jedenfalls nicht nachvollziehen. Ohne jedweden Grund enden vor allem in Biddeford einige der Dialoge in verbalen Rangeleien. Wenn das Darrens Lebenslage unterstreichen sollte, hätte man das auch anders lösen können. Uns war Herr Michaels jedenfalls in den ersten Spielstunden schlicht zu rüpelhaft. Aber das ändert natürlich nichts daran, dass die Dialoge mal wieder ausgezeichnet synchronisiert wurden. Von Vertreiber ‚dtp Entertainment‘ ist man zwar nichts anderes gewöhnt, aber es muss eben noch einmal gesagt werden. Die Unterhaltungen wirken niemals gestellt oder so, als würden die Personen aneinander vorbeireden. Das Ganze kommt sogar mehr in den Bereich des Film-Niveaus. Ganz große Klasse! Die Musik befindet sich auf einem ähnlich hohen Stand und überzeugt durch gekonnte Instrumentenspielereien, die hier und da gar angenehm an Größen wie die TV-Serie ‚Lost‘ erinnern.
|
|
Aus zwei mach eins
Für Fans des ersten Teiles, den man unserer Meinung nach unbedingt gespielt haben sollte (!), wurde eine interessante Option in das Spiel eingefügt, bei der man den Mauscursor des ersten Teils verwenden kann. Vor allem ab dem dritten von insgesamt sechs Akten, in welchen Darren durch bekannte Örtlichkeiten wie dem Schloss Black Mirror watet, verschwimmt damit so manche Grenze. Unterstrichen wird dieser Gedanke dann zusätzlich von der Tatsache, dass für die ansässigen Personen des Schlosses die originalen, deutschen Sprecher zurate gezogen wurden. Damit es aber auch etwas Neues zu sehen gibt, sind die vorgerenderten Hintergründe in Teil zwei aus einem anderen, als den bereits bekannten, Blickwinkeln dargestellt.
Einstellbarer Schwierigkeitsgrad & freischaltbare Bonis
Besonders aufmerksame Spieler haben zudem die Möglichkeit, gewisse Extras freizuschalten. Ständig in Darrens Gepäck ist nämlich ein Fotoapparat mit dem er Bilder knipsen kann, die zwar für die eigentliche Geschichte keine Relevanz besitzen, jedoch Making-of-Material freischalten. So können sich dann Konzeptzeichnungen der Produktion betrachten lassen. Nun ja, wer’s braucht, aber für Freunde solcher „Achievements“ sicherlich eine interessante Nebenaufgabe und eine Möglichkeit, die ohnehin bereits sehr lange Spielzeit angenehm zu strecken. Die zu knipsenden Objekte zu finden, ist darüberhinaus so schwer, wie man es denn haben möchte. Denn die Funktion, dass mittels der Leertaste sämtliche Objekte hervorgehoben werden, ist jederzeit ein- und ausschaltbar. Selbst die zuweilen etwas aufgesetzt wirkenden Schieberätsel können kommentarlos übersprungen werden. Der frei einstellbare, einfache Schwierigkeitsgrad vorausgesetzt. Ebenso werden vom Programm nur sinnvolle Kombinationsmöglichkeiten zugelassen. Passen die Utensilien zusammen, macht sich der Cursor entsprechend bemerkbar. Per Doppelklick können zudem nicht nur Locations übersprungen werden. Auch Wege innerhalb einer Örtlichkeit spult man damit elegant vor.
Ein absolut würdiger Nachfolger!!!
Wir waren skeptisch, als wir ‚Black Mirror II‘ in unseren Händen hielten. Könnte der wirklich mit dem zugegebenermaßen genialen ersten Teil mithalten? Wir wurden aufs Angenehmste überrascht. Das Adventure ist ähnlich spannend, imposant und mitreisend inszeniert. Die grafische Präsentation ist absolut auf dem Stand der Zeit: Schicke Wettereffekte wie Regen, Nebel oder hellerleuchtete Blitze manifestieren eine glaubwürdige Umgebung für das Gruselszenario. Wir haben uns darauf geeinigt, dass ‚Black Mirror II‘ vielleicht nicht besser als sein Vorgänger, dafür aber mindestens genauso gut ist. Und das mag etwas heißen, denn Teils eins ist einer der besten Titel, den unser Genre überhaupt zu bieten hat. Aber wir können es nicht deutlicher sagen, als dass potentielle Käufer unbedingt vorher Samuels Reise angehen sollten. Denn das Sequel verrät sonst das gesamte, gelungene erste Abenteuer. Und auch das sollte man unbedingt erlebt haben. Unser finales Fazit: ‚Black Mirror II‘ ist eine Wucht und ein absolut würdiger Nachfolger, den man sich unbedingt ins Regal stellen sollte!!!
[ 25.10.2009 ]
Kommentare M:
"Ein absolut würdiger Nachfolger!!!"
Dem kann ich nur zustimmen.
Super Synchronisation schöne Hintergründe.
Einfach ein muss für jeden Adventure-Fan.
Wie bereits im Review geschrieben ist die schroffe Spechweise von Darren ist ehr weniger angebracht.
Und leider war ich vom Ende des Spiele auch etwas
enttäuscht.
Fortsetung folgt...warum ist die Industie immer auf Fortsetzungen aus.
Dies war eine echt gute Fortsetung aber noch eine.
Aber kann nicht auch mal einfach Ende von Irgendwas sein.
(25.10.2009 _ 19:01:47)okawango:
Es war natürlich sehr schwierig eine Story zu entwickeln, die sich an den ersten Teil anfügt. Überhaupt ist es fraglich, ob eine Fortsetzung geplant war. Umso besser ist den Entwicklern eben diese Brücke gelungen.
Zur absolut atmosphärischen Grafik und Musik muss man wirklich nichts sagen. Hier war alles genau auf den Punkt. Unglaubliche Auflösung, wunderbar detailreich und klanglich passend untermalt.
Und noch einmal ein ganz ganz großes Kompliment an die Programmierer. Sehr gut programmiert. Kein einziger Absturz; Wahnsinnsleistung. Die Steuerung das Menü: Sitzt, passt, wackelt und hat Luft. Einfach perfekt. Bin begeistert.
Um noch einmal auf die Vertonung einzugehen: Darren hat mir am Anfang richtig gut gefallen. Endlich mal einer, der Konter gibt, dachte ich. Allerdings hätte ich erwartet, dass er spätestens nach der ersten Leiche (ich denke, ich spoiler nicht, wenn ich erwähne, dass es im Spiel Leichen gibt) hätte seine Stimmung in eine deutlich ernstere wechseln müssen. Bedauerlicherweise war das nicht der Fall. Dieselbe Ignoranz, ja auch Arroganz setzte sich bis zum Schluss fort.
Schade fand ich, dass im zweiten Teil Samuel Gordon als ein blutrünstiges Monster dargestellt wurde. Alle, die Teil eins gespielt haben, wissen, was er alles zu opfern bereit gewesen war.
Vom Ende des zweiten Teils wird der eine oder andere enttäuscht sein. Rein inhaltlich bleiben da noch viele fragen offen. Aber was die Spieldauer angeht kann man mehr als zufrieden sein. War sogar nach dem Spiel ein bisschen müde :-).
Eins muss aber klar sein. Es führt einfach kein Weg an diesem Spiel vorbei. Es ist ein Muss für Black Mirror Fans. Die zahlreichen Locations und Rätsel lassen keine Sekunde Langeweile aufkommen. Durch einen mittelmäßigen Schwierigkeitsgrad ist ein permanentes vorankommen möglich. Die von Falko erwähnten freischaltbaren Boni fand ich persönlich eine sehr gute Idee. Allerdings bin ich nicht dahintergekommen, wie man die Minispiele freischaltet.
Fazit: Gehört in jede Adventuresammlung.
(26.10.2009 _ 01:21:31)Momo:
Was für ein Spiel. Super Grafik, logische Rätsel und spannend bis zum Schluß. Alles in allem ein würdiger Nachfolger. Bin keineswegs enttäuscht worden. Für mich ein absolutes Muß für jeden Adventure-Fan.
(24.11.2009 _ 07:06:15)
|