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Kolumne 49: Ungereimtheiten in Adventure-Perlen - Part VI
'LucasArts' zeigte sich bei seinen Adventures stetig von einer ganz besonderen Vielfalt geprägt. Abgesehen von den Serien haben sie sich stetig bemüht, neue Ideen auszuprobieren. 'The Dig' ist in vielen Dingen sogar hierbei ein Ausnahme-Titel. Nicht nur, dass er so ganz anders ist als die vorherigen Spiele, es gab insgesamt gleich drei Versuche, das Adventure überhaupt auf den Weg zu bringen. Alle guten Dinge sind zwar drei, doch verpasst es meiner Meinung nach die finale Version so manche Fragen überhaupt zu beantworten. Ein gefundenes Fressen für diese Kolumnen-Reihe. Schauen wir uns also gemeinsam an, wo Nachfragebedarf besteht.
Wer 'The Dig' nicht kennt, liest bitte diesen Artikel keinesfalls weiter! Meiner Meinung nach handelt es sich nämlich hier um das wohl spannendste Adventure des einstigen kalifornischen Entwicklers und da wäre es ein Fauxpaus oberster Güte, wenn Ihr Euch mit diesem Text spoilert. Denn auch wenn ich mir hier einige Ungereimtheiten anschaue, heißt diese Kolumne nicht umsonst "Ungereimtheiten in Adventure-Perlen". Denn eine echte Perle des Genres ist 'The Dig' nach wie vor für mich und die solltet Ihr unbedingt unbefangen erleben!
Wahrsager
Ok, um fair zu bleiben, handelt es sich bei diesem Punkt nicht direkt um eine Ungereimtheit, sondern etwas, was mich immer gestört hatte. Im Intro telefoniert der Astrologe gerade mit seiner Frau als die Sensoren den herannahenden riesigen Gesteinsbrocken wahrnehmen. Schnell legt der Mitarbeiter auf, um seinen Vorgesetzten zu informieren. Dem teilt er mit, dass ein Asteroid mit direktem Drei-Wochen-Kollisionskurs auf die Erde zurast. Blöderweise ist das Ergebnis allerdings noch gar nicht ausgerechnet, während er dies seinem Chef mitteilt. Des Weiteren steht auf dem Monitor nichts davon, wie lange der Asteroid überhaupt zur Erde benötigen würde.
Begriffsstutzige Journalisten
Während der Pressekonferenz werden dem Landungsteam unter Führrung von Commander Boston Low einige Fragen gestellt. Unter anderem möchte ein Vertreter der Medien wissen, ob es bloßer Zufall sei, dass Professor Brink angesehener Archäologie ist und Maggie Robbins bekannt dafür, fremde Sprachen zu erlernen. Grundsätzlich hätte die NASA ihre geheime Misson, nebenbei nach Hinweisen außerirdischer Existenzen zu suchen, kaum offensichtlicher gestalten können. Die Reporterin impliziert mit ihrer Fragen nämlich die Alien-Thematik. Da hätte sie eigentlich auch gleich die Frage stellen können: Suchen Sie da oben nach Aliens?
Es ist tatsächlich eigenartig, dass sich die Presse anschließend mit Bostons bewusst offen formulierter Antwort zufrieden gibt und die Lunte nicht riecht. Allerdings ist die Tatsache, dass die NASA mit Brink einen Archäologen zum Asteroiden schickt, jetzt nicht unbedingt überraschend. Logisch, dass die Wissenschaft schon daran interessiert ist, wie der Felsbrocken zusammegesetzt ist und wo er eventuell herkommen könnte. Maggies Begabung bezüglich fremder Sprachen hingegen sollte stutziger machen und die Mannen der Medien müssten normalerweise eins und eins zusammenzählen können. Andererseits: Ist das so ein hervorhebenswerter Punkt, dass Maggie als Journalistin sprachbegabt ist?
Antiquierte High-Tech-Aliens
Commander Low und sein Team trennen sich gezwungenermaßen relativ kurz nach der Landung in der verfallenen Alien-Welt, woraufhin sich Boston allein auf die Pirsch macht. Natürlich bin ich mir bewusst, dass seit dem Verschwinden der Außerirdischen einige Jahre - sicherlich Millionen - ins Land gestrichen sind. Dennoch findet er genügend intakte Maschinen und Bauten, die größtenteils aus Steinen errichtet wurden. Wie haben die Aliens denn eigentlich gelebt? Sie waren extrem fortschrittlich und leben dennoch in recht primitiven aussehenden Gebilden aus Stein? Das wäre so, als würde die heutige Menschheit in Pyramiden wohnen.
Raumschiffpanne
Direkt nach der Landung können Boston, Maggie und Brink ihren Augen nicht trauen: Unweit ihrer Position erspähen sie ein schrottreifes außerirdisches Raumschiff. Was für ein besonderer Fund - aber Moment mal: War nicht der Asteroid, mit dem wir angekommen sind, ebenfalls ein Raumschiff? Am Ende bekommen wir zudem eines für die Heimreise gestellt, das allerdings auch ein "Kristall-Schiff" ist - genau wie es der Asteroid zu Beginn gewesen war. Wenn die Aliens extrem fortschrittliche Kristall-Schiffe fabrizieren können, warum sollten sie dann überhaupt "herkömmliche" Raumschiffe bauen?
Allerdings kann man diesen Punkt natürlich auch von einer anderen Seite betrachten. Vielleicht gehört dieses Raumschiff überhaupt nicht zu den Aliens, denen Boston und Maggie im Spiel begegnen. Es könnte ebenso eine vollkommen andere Rasse sein, die auf eben jenem Planeten notlanden musste und deren Crew schon längst zu Staub zerfallen ist. Dem entgegen stellt sich jedoch der Punkt, dass die geisterhafte Erscheinung, durch die die Außerirdischen in Sternzeit Sechs mit uns Kontakt aufnehmen, aus eben diesem Raumschiff kommt. Zufall? Leider schade, dass dem Spieler hier keinerlei Antworten gegeben werden.
Nautische Bauprojekte
Grundsätzlich sind die unterirdischen Bahnen auf dem Grund des riesigen Ozeans zu Beginn des Spieles noch ziemlich beeindruckend und werden von ihrem Staunfaktor letztlich nur von den später entdeckten Lichtbrücken buchstäblich überstrahlt. Der Alien-Wissenschaftler gesteht Boston und Maggie im Gespräch zwar offen ein, dass er die Lichtbrücken lieber früher erfunden hätte, da das Bauen der Unterwasserverbindungen selbstredend einen nicht unbeachtlichen Aufwand darstellte, doch dennoch bleibt eine Frage offen: Warum gibt es überhaupt dieses Bahnssystem auf dem Grund des Ozeans? Sind nicht letztlich fast alle Destinationen dennoch oberirdisch? Wäre es daher nicht sinnvoll und kosteneffizienter gewesen, einfach herkömmliche Schiffe zu bauen, die Reisende zwischen den Inseln befördern, wenn doch der Großteil des Planeten ohnehin aus Wasser besteht? Immerhin muss es vor den Bahnen logischerweise eine alternative Beförderung gegeben haben und vor den Lichtbrücken eine Ausweichmöglichkeit, wenn die Bahnsysteme gewartet werden oder durch ein Leck außer Gefecht gesetzt waren.
Am Ende bauen die Aliens zudem in Windeseile ein neues Kristallschiff, was scheinbar kein allzu großer Aufwand für sie bedeutet. Warum wurden die denn nicht für den Transport auf der Planetenoberfläche genutzt? Dann hätte man sich nicht nur die Unterwasserbahnen, sondern auch die Lichtbrücken sparen können.
Warum zeigt die Warnung vor den Lebenskristallen einen menschlichen Totenschädel?
Mit Brinks Hilfe öffnet Boston eine Kammer, in der Lebenskristalle lagern. Die geisterhafte Erscheinung tritt genau in diesem Moment erneut auf den Plan und warnt mittels eines menschlichen Totenschädels wortlos vor dem Unheil der grünen Kapseln.
Woher kennen die Aliens aber die Anatomie des Menschen? Seit Millionen von Jahren in der Sternzeit Sechs festsitzend, haben sie eigentlich keinerlei Möglichkeit gehabt, unsere Rasse überhaupt kennenzulernen. Denn vor der Reise in die Sternzeit Sechs existierte der Homo sapiens eben noch gar nicht. Nehmen wir allerdings an, dass die Außeridirschen über unser Skelett Bescheid wüssten. Woher wissen sie dann, um die Symbolik des Totenschädels, der beim Menschen größtenteils mit Bedrohung und Tod assoziert wird? Das können sie nämlich unmöglich wissen.
Fremdsprachenunterricht ohne Lehrer
Als Boston und Maggie vor dem Alien-Wissenschaftler stehen, konnte die Spannung beim erstmaligen Spielen kaum größer sein. Was wird uns dieses fremde Wesen wohl mitteilen? Ein unvergessener Moment und einer der Höhepunkte des Adventures.
ABER: Wie kann Maggie die Sprache der Außerirdischen verstehen und vor allem sprechen, obwohl sie doch in der Bibliothek ausschließlich die Möglichkeit besaß, Schriften zu studieren. Wäre das nämlich so einfach möglich, würde die Wissenschaft wahrscheinlich vor Freude in die Luft springen. Immerhin sehen wir uns bereits heute mit allerlei und gar nicht mal so alten Sprachen der Menschheitsgeschichte konfrontiert, die als ausgestorben gelten und von daher weder gesprochen, noch korrekt gelesen werden können.
Es ist also bereits bei Sprachen auf der Erde ein Problem, sie zu überliefern - vor allem in verbaler Form. Wie will Maggie dies mit Alien-Schriften bewerkstelligen, was ein ganz neues Level darstellt und zudem noch in dieser rasanten Geschwindigkeit? Ein wichtiger Moment in der Story des Adventures, bei dem man die Logik zu dessen Gunsten vernachlässigte.
(Un-)sterblichkeitskristalle
Mithilfe der grün schimmernden Lebenskristalle schafft es Boston, seinen zu Beginn verstorbenen Kollegen Dr. Brink wiederzubeleben. Der ist daraufhin nicht nur wieder lebendig, sondern fühlt sich besser als jemals zuvor. Soweit, so bekannt – allerdings: Brink verfällt neben aller Heilung dem Wahn, immer mehr Kristalle um sich zu scharren und kann plötzlich keinen einzigen mehr entbehren.
Hier stellen sich zwei hauptsächliche Fragen - Erstens: Was genau will denn Brink mit den Kristallen tun? Im Laufe des Spieles kommt er immerhin in den Besitz von nicht wenigen der grünen Dinger. Er meint zwar, dass jede Anwendung ihn noch intelligenter machen würde, aber irgendwann muss da ja mal das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Und was soll das überhaupt bedeuten? Bedeutet "intelligenter zu werden" auf einen Schlag mehr Wissen zu bekommen oder die Fähigkeit, neues Wissen besonders schnell aufzunehmen? Des Weiteren sehen wir lediglich ein einziges Mal, wie Brink die Kristalle wirklich anwendet, als er sich einen davon auf den frisch abgesägten Stumpf seines Armes drückt, um die Wundheilung beträchtlich zu beschleunigen. Was er mit dem Haufen anderer Kristalle aus der Kammer zu Beginn anstellte, erfahren wir ebenso nicht wirklich. Ohne Taschen hätte er immerhin nur so viel mitnehmen können, wie er überhaupt tragen kann, womit das Hin- und Herschleppen ganz schön Zeit in Anspruch genommen haben muss. Oder hat er etwa alle bei sich angewendet? Scheint aber nicht so, wenn er einen für seinen Armstumpf übrig hatte.
Und Zweitens: Machen die Kristalle wirklich unsterblich? Anscheinend ja nicht unbedingt, da ihre Kraft mit jeder Anwendung am gleichen lebenden (oder toten) Objekt schwächer wird. Der Erfinder meinte immerhin, dass ihre Wirkung auf seinen Körper bald vollkommen verloren ist und er nicht mehr wiederbelebt werden kann. Aber warum sollte man Kristalle eigentlich noch einmal verwenden, wenn sie doch bereits bei der ersten Anwendung unsterblich machen? Ich denke, das ist so zu verstehen, dass die Kristalle zwar tote Zellen wiederbeleben, deren Alterung allerdings anschließend erneut eintritt. Sprich: Stirbt man mit 20 Jahren, erwacht man als 20-Jähriger wieder von den Toten, lebt sein Leben weiter und stirbt irgendwann an Altersschwäche mit vielleicht 100 Jahren. Wendet man nun die Kristalle erneut an, erwacht man eben dieses Mal als 100-Jähriger und braucht demzufolge bald wieder eine Behandlung mit den Kristallen, da in einem derart alten Leben praktisch kaum noch etwas drin steckt. Das dürfte auch erklären, warum der Alien-Erfinder nach den Gesprächen direkt wieder stirbt.
Große Klappe und nichts dahinter
Etwas ungeschickt wirken meiner Meinung nach die Szenen, in denen Boston mit Brink auf Konfrontation geht. Denn obwohl der Commander jedes Mal mit seiner militärischen Ausbildung prahlt, scheint ihn der Archäologie und Bücherwurm Brink relativ leicht besiegen zu können. Der finale Kampf wäre sicherlich ebenfalls zugunsten Brinks ausgegangen, hätte der nicht versehentlich das Gleichgewicht verloren und über die Klippe gestürzt. Boston meint anschließend zwar zu Maggie, dass er das nicht wollte, doch eigentlich hat er überhaupt nichts gemacht.
Natürlich bin ich mir bewusst, dass Brink unter dem Einfluss der Kristalle übernatürliche Kräfte bekommen zu haben scheint. Wie das aber letztlich im Spiel ´rüberkommt und wie Boston trotz seiner militärischen Ausbildung jedes Mal als Verlierer aus den Konfrontationen hervorgeht, ist nicht so gut gelöst. Vor allem Bostons "Ich wollte das nicht"-Ausspruch wirkt letztlich so, als schmücke sich unser Commander mit fremden Blumen. Denn ER hat Brink ganz sicher nicht besiegt.
Sternzeit Sechs ... so wunderbar ... und so nachfragedürftig
Die wirklich großen Fragezeichen drängen vor allem bei der Sternzeit Sechs unangefochten in den Vordergrund. Das beginnt alleine schon mit der Tatsache, dass Boston entgegen der Warnung des Erfinders die seltsame Dimension betritt, sicherheitshalber am Eintrittspunkt verbleibt, um jederzeit direkt wieder zurückfinden zu können. Die Aliens nutzen ihn anschließend, um endlich den lange ersehnten Ausgang in die reale Welt auszumachen.
Das war´s? Die gesamte Spezies hatte nicht die Willenskraft, einfach einen der Ihrigen am Eingang zurückzulassen, um zurückkehren zu können? Sind wirklich alle wie Lemminge hintereinander in das Portal getreten, ohne abzuwarten, ob da überhaupt jemand wieder herauskommt? Hat der Erfinder denn keine Tests gemacht? Davon abgesehen war er doch selbst in der realen Welt zurückgeblieben. Hätte er nicht dasselbe tun können wie Boston? Nämlich einfach kurz in die Sternzeit Sechs reisen, am Eintrittspunkt verbleiben und dann seine Spezies wieder in die echte Welt zu führen? Er hätte ebenfalls eine Sonde hineinschicken können, um nicht in die Gefahr zu geraten, ebenfalls in Sternzeit Sechs gefangen zu sein. Dagegen spricht natürlich der Punkt, dass der Erfinder nicht wissen konnte, wie einfach es in der Sternzeit Sechs sein würde, sein Volk zu retten. Er fürchtete ebenfalls nicht genug Willenskraft zu besitzen und entschied sich daraufhin, zurückzubleiben und nachkommende Besucher des Planeten zu warnen. Vorher hätte er mal lieber ein paar Testpersonen durch schicken sollen, als gleich seine gesamte Rasse! Außerdem deutet er an, dass sich auch andere Rassen an der Sternzeit Sechs versuchten und ebenso scheiterten. Wenn ja, wo sind die? Am Ende retten wir ausschließlich die Alien-Spezies des Erfinders.
Das bringt uns gleich zur nächsten Ungereimtheit: Boston rettet die Aliens aus Sternzeit Sechs, plötzlich geht einer von ihnen wieder zurück, um die beiden Verstorbenen Crew-Mitglieder Maggie und Dr. Brink zu holen. Die Wiedersehensfreude ist groß, aber wie hat denn das Alien nun ohne Hilfe den Ausgang gefunden? Wie hat es das überhaupt gemacht, Maggie und Brink zurück in die Welt der Lebenden zu bekommen? Nichts davon wird auch nur im Ansatz erklärt. Der kurze Einblick in die mysteriöse andere Dimension reicht letztlich nicht, um sich gewisse Dinge selbst herleiten zu können.
Warum ist Brink am Ende ein alter Mann?
Ebenso eine Frage, die sich niemand wirklich beantworten konnte: Brink und Maggie werden von dem Alien aus Sternzeit Sechs geholt und beide erfreuen sich bester Gesundheit. Doch wieso ist Brink plötzlich ein Mann im Greisenalter? Zumal sich auch niemand wirklich daran stört. Brink und Maggie nehmen das nicht wahr und Brink selbst scheint das Überspringen einiger Lebensabschnitte im Eiltempo gleichermaßen nicht zu kümmern.
Eine mögliche Herleitung: Wir erfahren durch Bostons Reise in die Sternzeit Sechs, dass die Einblicke in alle möglichen Zukünfte gewährt. Somit könnte Brink also eine Version aus einer möglichen Zukunft sein. Allerdings starb er in der bestehenden Zeitlinie beim Sturz von der Klippe. Es muss also eine Version von Brink sein, die überlebte. Entweder hat er also den Sturz überlebt oder in einer alternativen Zeitlinie Boston im Zweikampf getötet und starb selbst erst viele Jahre später einsam auf dem fremden Planeten. Abgesehen von der Frage, wie er sich so lange selbst ernähren konnte, wäre das eine mögliche Erklärung für seine Spontan-Alterung.
Ein zweite Möglichkeit deutet der Erfinder an. Der meinte nämlich, dass die Kristalle zwar offensichtlich ewiges Leben schenken, in Wirklichkeit aber Leben nehmen. Hat Brink vielleicht durch den Kristall ein Teil seines Lebens für immer verloren und ist nun - befreit vom Wahnsinn der Kristalle - in dem Lebensstadium, das ihm übriggeblieben ist?
Warum versteht Boston plötzlich die Aliens?
Boston reist in die Sternzeit Sechs und ist selbst überrascht, die Aliens verstehen zu können. Ihm wird schnell mitgeteilt, dass es in dieser Dimension praktisch keinerlei Kommunikationshürden gibt. Jeder Geist kann mit allen anderen perfekt kommunizieren. Alles schön und gut, aber was ist ab dem Moment, als Boston die Sternzeit Sechs wieder verlässt. Müsste er dann nicht eigentlich nichts mehr verstehen können?
Knapp daneben ist eben auch vorbei
Durch den Erfinder erfahren wir, was die seltsame Geistererscheinung gewesen war, mit der es Boston mehrmals im Verlauf des Adventures zu tun bekommt. Es sind die Aliens, die aus Sternzeit Sechs versuchen, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Ermöglicht wird dies, da die Grenze zwischen beiden Welten sehr dünn ist. Wenn aber die Aliens mit Boston Kontakt aufnehmen können, impliziert das doch, dass sie wissen, wo sich die Realität befindet. Somit müssten sie zumindest bereits in der Nähe des möglichen Ausgangs aus der Sternzeit Sechs sein - oder? Beim erstmaligen Kontakt mit Boston schaffen sie es sogar, feste Materie – in Form des Stabes – durch die Barriere zu befödern. Warum können sie das dann nicht mit sich selbst?
Interessante Trivia-Punkte
(Die Ungereimtheiten sind hier abgeschlossen, im Anschluss folgen ein paar Trivia-Infos. Wer sich dafür nicht interessiert, springt einfach zum letzten Absatz.)
Steven Spielberg gilt als Initiator des Adventures
Bereits im Jahre 1989 besaß Kult-Regisseur Steven Spielberg die Idee zu 'The Dig'. Das sollte allerdings nicht unter diesem Namen erscheinen, sondern war eigentlich eine Geschichte für seine TV-Serie 'Amazing Stories' (dt. 'Unglaubliche Geschichten'). Da jedoch das Budget für die Umsetzung zu hoch und auch die Effekte kaum zu bewerkstelligen gewesen wären, sprach er daraufhin seinen alten Freund George Lucas an, der die Idee direkt an 'Lucasfilm Games' weiter gab.
„Alle guten Dinge sind drei“
Frühe Konzeptzeichung der ersten Grabung auf dem Alien-Planeten
(Quelle: http://mixnmojo.com/features/sitefeatures/LucasArts-Secret-History-The-Dig/3)
Obwohl die Idee und Rechte für 'The Dig' bei 'Lucasfilm Games' (ab 1992 'LucasArts') seit 1989 vorlagen, dauerten es dennoch sechs Jahre und drei Fassungen lang, bis es in den Händlerregalen zum Verkauf angeboten werden konnte.
Version eins wurde rund 18 Monate durch Projektleiter Noah Falstein betreut, allerdings nie fertiggestellt, da die Geschichte einfach nicht den richtigen Nerv traf, die den Schwerpunkt auf das Erforschen einer Alien-Stadt legte und damit nur in Ansätzen an das Projekt Steven Spielbergs erinnerte. Denn hier reiste das Team ebenfalls auf einen wüsten Planeten und entdeckte dort ganze Runinen alter Städte. Im Laufe der Handlung wäre offenbart worden, dass sich die früheren Bewohner im Krieg untereinander befanden und letztlich gar mit toxischen Waffen aufeinander los ging und damit ihren eigenen Heimatplaneten unbewohnbar machten. Überlebende froren sich im Cryoschlaf ein, hoffend, dass irgendwann nicht nur die Luft wieder atembar wäre, sondern sie jemand aus ihrem langen Tiefschlaf erwecken würde. Genau das wäre hier letztlich die Aufgabe des Spielers gewesen: Die Alienstadt erforschen; die Hintergründe des Krieges aufdecken; die Cryo-Kammern finden und zu guter Letzt die Aliens wiedererwecken, damit die eine zweite Chance bekommen, es dieses Mal richtig zu machen.
1992/93 beauftragte man dann 'Loom'-Erfinder Brian Moriarty, der sich aufgrund der Kritik an der Handlung des Vorprodukts sehr stark an die Vision von Steven Spielberg lehnte, die nebenbei bemerkt mehr Brutalität innegehabt hätte. So sehr, dass der Kult-Regisseur letztlich eine Bitte an das Team äußerte, gewisse Szenen in ihrem Gewaltgrad abzuschwächen, da er für 'Jurassic Park' 1993 Kritik für selbigen einstecken musste. So war unter anderem eine Szene im Spiel geplant, bei der ein Crew-Mitglied von einer Säure-ähnlichen Masse entsprechend grausam aus dem Leben schied. Obendrein hatte der Plot eine vollkommen andere Prämisse: Die Aliens sind hier nämlich nicht in Sternzeit Sechs gefangen, sondern haben mit ihr eine Dimension gefunden, die deren Bewohnern ewiges Leben ermöglicht. Die entsendeten Kristallraumschiffe sollten die verschiedenen Spezies kontaktieren, zum Planeten der Außerirdischen transportieren, um ihnen letztlich ebenfalls die Möglichkeit auf Unsterblichkeit zu bieten. Im folgenden seht Ihr einige der sehr wenigen jemals überhaupt veröffentlichten Screenshots zu dieser zweiten Fassung. Auf denen sieht man ebenfalls einen weiteren Protagonisten, auf den ich im Anschluss eingehen werde.
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Einige der wenigen Screenshots der nie veröffentlichten zweiten Version von 'The Dig'. Die entstand unter der Feder des 'Loom'-Erfinder Brian Moriarty, bot einen leicht anderen Grafikstil, einen vierten Protagonisten und erzählte eine Abwandlung der bekannten Geschichte
Runde drei fiel Sean Clark zu, der 'The Dig' endlich zur Veröffentlichung im Jahre 1995 brachte. Allerdings sah man dem Titel nun die langwierige Entwicklungsszeit an. Adventures der Konkurrenz waren grafisch schon viel weiter und setzten längst auf den Super-VGA-Standard (SVGA). In diversen Internet-Medien liest man des Öfteren davon, dass die Verkaufsversion in Wirklichkeit bereits die vierte Umsetzung des Adventures gewesen sein soll. Denn es gab da noch ein viertes Teammitglied.
Der vierte Astronaut
Ein frühes Concept-Art zeigte noch den vierten Astronauten Toshi Olema auf dem Cover
In den einzelnen Fassungen von 'The Dig' hielt sich beharrlich die Idee, einen zusätzlichen Astronauten mit auf den desolaten Planeten zu entsenden. Der ist auf den obigen Screenshots der niemals veröffentlichten Version von Brian Moriarty ebenfalls zu sehen. Diese vierte Rolle besetzte der japanische Geschäftsmann Toshi Olema, der die Mission zusammen mit der NASA finanzierte und sich damit das Recht erkaufte, auf die Reise zu gehen. Später existierten noch weitere Vorschläge den Japaner weiblich zu machen und mit Dr. Toshi Olema einen Doktortitel in der Psychologie zu verpassen. Aber ob weiblich oder nicht: Toshi schaffte es nicht ins fertige Spiel und kam nie über den Konzeptentwurf hinaus.
Der Name des unbekannten Planeten
Tatsächlich erfahren wir im fertigen Spiel nichts dazu, wo wir uns im unendlichen Raum überhaupt befinden oder wie der Name des Planeten heißt, den Boston, Maggie und Brink unfreiwillig besuchen. Wer bei den End-Credits aber genau hinschaut, liest dort eine Bezeichnung, die vorher im Adventure nicht verloren wird. Der Erfinder wird nämlich als „Cocytan Leader“ (dt. „Cocytianischer Anführer“) bezeichnet. Dies könnte ein Anhaltspunkt sein. Allerdings könnte damit auch der Name der Alien-Rasse gemeint sein. Erklärt wird's leider nirgendwo.
„Hast Du diesen Jungen gesehen?“
Persönlich empfinde ich die deutsche Sprachversion von 'The Dig' durchaus geglückt und ich habe lediglich im Nachhinein mal in die englische Fassung hineingehört. Meiner Meinung nach ist die selbstredend natürlich ebenfalls sehr gut, doch wenn eine gute deutsche Synchro vorhanden ist, dann greife ich doch lieber auf diese zurück. So wird Maggie beispielsweise von der "deutschen" Dana 'Akte X' Scully gesprochen.
Im Englischen wurde für Boston Low Robert Patrick verpflichtet, den Filmliebhaber wohl vor allem aus dem Kult-Blockbuster 'Terminator 2: Judgement Day' kennen dürften. Deshalb findet sich auch die ein oder andere Anspielung auf seine Rolle wieder. Schaut man sich beispielsweise den PenUltimate genauer an, meint Boston, dass es sich hierbei um das "Modell T-1000" handle - eine überdeutliche Referenz an Patricks Rolle als Terminator 1000 (oder kurz T-1000).
Später kann man Maggie auch mit den Worten "Have you seen this boy?" im englischen Original nach Dr. Brink fragen. Ein direktes Zitat aus 'Terminator 2: Judgement Day', als der T-1000 nach seinem Primärziel John Connor herum fragt.
Lass mal sehen, Boston!
Ein kleines Easter-Egg sehen wir, wenn wir irgendwo im Spiel die Tastenkombination CTRL+B betätigen. Dann lässt Boston nämlich buchstäblich die Muskeln spielen. Die anderen Mitstreiter reagieren übrigens auf diese Aktion mit einem kleinen Spruch in den verschiedenen Situationen und Szenarien des Spieles.
Der Commander beim Tauchgang
Aber es gibt da auch noch ein zweites Easter-Egg, das man in der Kommandozentrale aktivieren kann, in der man die leuchtenden Stäbe positionieren muss. Wer hier "SWANS" eingibt, sieht plötzlich einen weiteren Boston draußen im Ozean vorbei schwimmen. Der Commander kommentiert das Geschehen ungläublich mit einem simplen "Mmmm".
Unterschiede zwischen Demo- und Verkaufsversion
Szene aus der Demoversion, die so nicht in der Release-Fassung vorkam
Eigentlich gehörte es bei ‚LucasArts‘ irgendwie zum Standard-Vorgehen, eine Demoversion eines kommenden Adventures zu veröffentlichen, die Inhalte besitzt, die in der Verkaufsfassung anders zu finden sind oder fehlen. Bereits beim Start der Anspielfassung von ‚The Dig‘ fällt dem Musikliebhaber eine deutliche Diskrepanz zwischen den Musikstücken zum fertigen Adventure auf. Kurzum: Der Soundtrack ist ein gänzlich anderer. Und obwohl mir persönlich die an Wagner angehauchten Melodien in der Verkaufsversion sehr zusagen und schon etwas Besonderes im Genre sind, haben es mir auch die wenigen Musikstücke der Demo so richtig angetan. Sie wirken im Gesamtpaket noch ein ganzes Stück filmiger, während die final verwendeten Stücke wiederum atmosphärischer klingen. Zu Beginn der End-Credits gibt es jedoch auch im fertigen Spiel ganz kurz einen Auszug des vorherigen Soundtracks zu hören.
Aber nicht nur die Musik zeigt, dass die Demo scheinbar lange vor der Veröffentlichung des Adventures erstellt wurde. Alle (englischen) Sprecher sind nämlich ebenfalls noch nicht die finalen, machen für meine Ohren jedoch ebenfalls einen guten Job.
Noch mehr Trivia
Maggie sollte ursprünglich übrigens Judith heißen. In Bill Tillers 'A Vampyre Story' wurde auf das "Zu schwer zum Tragen"-System gesetzt, bei dem der Charakter große Gegenstände nicht in das Inventar aufnimmt, sondern diese erst holt, wenn sie tatsächlich benutzt werden. Diese Idee stammt aus einer der unveröffentlichten Versionen von 'The Dig', an welcher Bill Tiller ebenfalls mitwirkte. Dr. Brink soll angeblich Deutscher sein bzw. deutsche Wurzeln haben. Richtig bestätigt wurde das zwar nie, aber der recht deutsch klingende Akzent im englischen Original heizte diese Vermutung immer an. In einem frühen Preview-Artikel der englischen Zeitschrift 'PC GAMER' wurden zudem alle drei Charaktere vorgestellt. Brink wurde darin ebenfalls als deutscher Wissenschaftler betitelt - genau so übrigens wie im erschienen Roman zum Spiel.
Obwohl es zumindest gefühlt manchmal so scheint, als habe 'The Dig' lediglich ein kleines Publikum angesprochen und wird daher gern vergessen, könnte das kaum weiter von der Wahrheit entfernt sein. Mit über 300.000 verkauften Einheiten ist es nämlich sogar das erfolgreichste LucasArts-Adventure überhaupt. Zum Vergleich: Zwei Jahre später soll sich 'Monkey Island III' gerade einmal um die 40.000 Mal verkauft haben.
Spannend, Spannender, 'The Dig'
Wenn ich an 'The Dig' denke, schießt mir jedes Mal sofort wieder der Tag in den Kopf, als ich es kaufte. Mit meinem jüngeren Bruder und einem guten Freund haben wir uns am späten Nachmittag zusammen ´rangesetzt und ohne jede Pause bis in die frühen Morgenstunden durchgerätselt, so gepackt hatte uns LucasArts' Science-Fiction-Debüt. Rund zwei Jahre zuvor hatte ich die englische Demoversion am PC meines Vaters gespielt (wie später auch das Hauptspiel) und bestimmt unzählige Male wieder gestartet. Die Musik, die Atmosphäre ... ich wusste sofort: 'The Dig' ist etwas ganze Besonderes! Schade fand ich hingegen nur, dass der filmische Musik-Score im fertigen Spiel durch die an Wagner angelehnten Kompositionen ausgetauscht worden. Denn die Musik in der Demo war es vor allem, die dieses Mysterium so richtig anfeuerte und mich dazu veranlasste, das PC-Adventure zu kaufen, obwohl ich selbst - als damals reiner Amiga-User - gar keinen PC besaß.
Aber so richtig schade ist für mich der Wegfall des vierten Astronauten Toshi Olema. Vor allem die Idee der weiblichen Variante, mit Doktortitel in der Psychologie hätte die Handlung und die Konflikte unter den Personen - allen voran Dr. Brinks Wahnsinn - sicherlich auf eine ganz neue Ebene gehoben. Gerade sie als Psychologin hätte sicherlich auf Brink vollkommen anders einwirken können als es Boston getan hat, der letztlich immer nur mit seiner Militärausbildung prahlte, dann aber kaum eine Chance gegen den Archäologen hatte.
Trotz offiziell eigentlich recht guter Verkaufszahlen für ein Adventure der damaligen Zeit hatte ich aber immer das Gefühl, der Titel würde irgendwie jedes Mal untergehen und in den Hitlisten der besten Adventures vergessen. Und das ist ein richtig großer Fehler! Wer ein spannendes Adventure sucht, wird vor allem im LucasArts-Portfolio nicht daran vorbeikommen. Außerdem sind SciFi-Adventures ohnehin schon immer ziemlich rar gewesen und 'The Dig' gehört zweifellos mit zum absolut Besten in diesem Genre überhaupt! Ein echt tolles Meisterwerk!
Fortsetzung in der nächsten Kolumne …
Falko Tetzner _ 25.11.2016
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