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Kolumne 53: Ungereimtheiten in Adventure-Perlen - Part VII

Tim Schafer ist ein wahrlich leibhaftiger Fan von Heavy-Metal-Musik, Harley-Davidson-Bikes und konnte im Jahre 1995 diese Leidenschaft erstmals in einem PC-Titel richtig ausleben. Dabei ist ihm mit 'Vollgas' ein ziemlicher Ausnahmetitel geglückt, der allerdings stetig für seine Kürze und die Action-Sequenzen kritisiert wurde. Nichtsdestotrotz ist sein Adventure alles andere als vergessen, weshalb wir uns im siebenten Part dieser Kolumnen-Reihe anschauen, wo genau in meinen Augen Diskussionsbedarf besteht.

Natürlich gilt einmal mehr, dass wir jedem Leser dieser Zeilen empfehlen, das Adventure vorher gespielt zu haben. Da im Folgenden einige Story-Details besprochen werden, sind selbstverständlich Spoiler nicht zu vermeiden. Also: Erst selbst spielen, dann lesen!
Mobbing am Arbeitsplatz
"Ripburger, sie sind ja total verblödet!" - die ersten Worte von Malcom Corley in 'Vollgas' sind eine handfeste Beleidigung, die er seiner rechten Hand Adrian Ripburger entgegen pfeffert. Tatsächlich wird der Gute sogar insgesamt ganze drei Mal in der ersten Minute des Adventures verbal so stark angegangen ("Sie wissen, dass ich sie nie leiden konnte, Rip ..." / "Ach', mit ihren Ohren ist alles in Ordnung. Das, was dazwischen ist, beunruhigt mich"), dass es im Nachhinein kaum wundert, dass Ripburger einen starken Groll gegen seinen Chef hegt. Immerhin meint Adrian direkt nach dem Mord: "Sie hätten eben in den Aktionärsversammlungen nicht über mich lachen sollen".

Natürlich ist Mord in jeder Sichtweise alles andere als entschuldbar, doch wenn Adrian tagtäglich solch' verbalen Schellen ausgesetzt ist, dürfte der ziemlich darunter zu leiden haben. Um seinen Job zu behalten, kann Ripburger gegen seinen Chef nichts unternehmen und lässt sich dies (wahrscheinlich über Jahre) gefallen. Rein psychologisch betrachtet, befindet er sich in einer bösen Zwickmühle. Eine solche Behandlung nagt früher oder später an jedem Menschen und führt letztlich beinahe immer zu einer Art von Ausbruch. Blickt man daher auf diese Situation mal nicht aus der Comic-Sicht des Adventures, dürfte Ripburger massiv unter dieser Situation leiden. Wen wundert es dann noch, dass er insgeheim seine Rache plant?

Damals ist mir das in der Art gar nicht aufgefallen. Immerhin soll Ripburger recht schnell und direkt als Antagonist eingeführt werden, weshalb seine Beweggründe grundsätzlich kaum behandelt werden. Der Spieler kommt niemals in die Lage, sich mit Ripburgers Situation auseinandersetzen zu müssen. Bei genauem Nachdenken ist das jahrelange Mobbing gegen ihn wahrscheinlich ein ziemlicher Leidensweg und der Initiator für den Mord. Denn egal, wie man es dreht und wendet: Mobbing geht einfach gar nicht und steht dieser Tage zurecht unter Strafe! Oft wissen die "Mobber" gar nicht, was sie da eigentlich phsychologisch bei dem Gegenüber anrichten.
Übertriebene Biker-Liebe
Dass Malcom Corleys Liebe zu Bikern grenzenlos scheint, zeigt vor allem das Intro sehr treffend. Da zertrümmert Ben mit seinem zweirädrigen Gefährt beinahe die Limousine des reichen Fabrikbesitzers und den scheint das überhaupt nicht zu kümmern. Im Gegenteil: Er würde sogar gern mit den Jungs gemeinsam fahren und verfolgt sie. Aber nicht zwingend, um sie zur Rede zu stellen, sondern um sich mit denen über das Biker-Leben auszutauschen. Immerhin impliziert das Gesagte, dass der tadrige Mr. Corley früher einmal selbst mit eigener Gang unterwegs war.

Malcolm mag bereits von älterem Kaliber sein, nimmt vieles damit gelassener und Geld ist ebenso nicht seine größte Sorge, doch finde ich es dennoch höchst unrealistisch, dass das Demolieren des eigenen Fahrzeugs so gelassen hingenommen wird – Bikerliebe hin, Bikerliebe her. Genaugenommen macht dieser eine Moment die Polecats für eine Sekunde sogar richtig unsympathisch. Denn was unterscheidet denn diesen mutwilligen und sinnlosen Vandalismus von dem anderer Gangs im Spiel, die bei ähnlichen Aktionen dann negativ portraitiert werden?
Nicht totzukriegen
Bens Motorradunfall zu Beginn kann man nur überleben, wenn man die Spieleentwickler auf seiner Seite weiß. Mal davon abgesehen, dass das Motorrad Feuer fängt und sich Ben inmitten dieses Flammenmeeres befindet, crasht er zusätzlich noch mit einer ungeheuren Geschwindigkeit in die Pampa. Dabei hätte er sich nicht nur Verbrennungen des xten Grades zuziehen müssen, sondern wohlmöglich jeden Knochen im Leib gebrochen oder gar sein Leben verloren. Allerdings wäre das Adventure dann noch kürzer als es ohnehin schon ist. So erwacht Ben einige Zeit später praktisch unverletzt in Maureens Behausung in dem kleinen Örtchen Melonweed. Sein Bike hat ebenfalls nur wenig abbekommen und benötigt gerade einmal etwas frisches Benzin sowie eine neue Vordergabel um wieder fit für die Straße zu sein. Klar, es ist nur ein Spiel: Aber Ben unverletzt UND das Bike noch beinahe intakt? Das funktioniert wahrlich nur in einem Computerspiel ...
„Gut kombiniert, Watson!“
Maureen beauftragt Ben, ihr Schweißgerät zu finden und fragt sich, wer in dem Örtchen Melonweed das nur geklaut haben könnte. Schnell stellt sich heraus: Todd, der Nachbar von der anderen Straßenseite war´s. Der schweißt nämlich derartig lautstark mitten in der Nacht in seinem Keller vor sich hin, dass Maureen bei gefühlt drei Wohnunterkünften des Ortes eigentlich selbst eins und eins zusammenzählen können müsste. Ihre Frage: "Wer in der Gegend würde so was machen?", wirkt in diesem Zusammenhang jedenfalls beinahe unfreiwillig komisch.
Manchmal besser zweimal hinschauen
Ben fragt die junge Reporterin Miranda, ob sie nicht gemeinsam zum Hinterhalt fahren könnten, damit er seine Gang warnen kann. Das Frauenzimmer lehnt allerdings mit der Begründung ab, überhaupt gar keinen fahrbaren Untersatz zu besitzen. Davon abgesehen, dass diese Story zweifelhaft klingt – Ben hat sie nach seinem Unfall allein mit dem Auto vorfahren hören – steigt Miranda nach dem Gespräch plötzlich in einen Wagen, der direkt unter Maureens Haus geparkt ist. Erkundet man vorher das Areal übersieht Ben das Gefährt. Da selbst wir als Spieler jedoch aus einiger Entfernung die Umrisse erkennen, halte ich es für ziemlich unwahrscheinlich, dass der Biker das Auto tatsächlich nicht erspäht, wenn er direkt davor steht.

Aber ganz egal, wie man darüber denken mag, zu guter Letzt drängt sich nichtsdestotrotz eine These auf: Wäre Miranda ehrlich zu Ben gewesen und mit ihm direkt zum Hinterhalt gefahren, hätten sie mit hoher Wahrscheinlichkeit den Mord an Malcolm Corley verhindert. Denn der geschieht erst ein gutes Stück später.

Ebenfalls an dieser Location noch interessant ist der Punkt, dass Ben beim Blick auf den Briefkasten links im Bild nur meint, er seie leer. Kurz vorher fragte er noch Maureen nach ihrem Nachnamen, die den jedoch nicht preisgeben mochte. Natürlich wäre es ein ziemlicher Bruch in der Geschichte, welche als Exposition erst nach Malcolms Tod offenlegt, dass Maureen den Nachnamen Corley trägt. Nichtdestotrotz hätte Ben Maureens Nachnamen einfach am Briefkasten vor ihrem Haus ablesen können. Und dass sie sich nicht verstellt oder unter einen anderen Namen lebt, beweist der Anschlag auf ihr Leben. Ripbugers Handlanger haben nämlich nicht die geringsten Probleme, das begabte Frauenzimmer aufzuspüren.
Perfektes Timing
Miranda lauert Malcolm Corley im Gebüsch an einer Raststätte auf und beginnt mit den Worten: "Jetzt mach irgendwas kriminelles, überfall irgendwen oder sowas.", reihenweise Fotos des Fabrikbesitzers zu schießen, der gerade singend aus der Toilette kommt. Wie es der Zufall so will, schlägt inmitten dieser Bilderfolge plötzlich Adrian auf seinen Vorgesetzten ein.

Hätte Miranda erst während des Mordes drauf los geknipst, wäre es sinniger gewesen. Aber ihren kostbaren Film direkt mit Malcolm vollzuknipsen, der gerade vom Klo kommt und sich den Reißverschluss der Hose zuzieht, ergibt keinen Sinn. Man stelle sich vor, Ripburger hätte nur zwanzig Sekunden später das feige Attentat vollzogen: Miranda hätte in diesem Fall den kompletten Film damit abgelichtet, wie sich Malcolm Corley an seiner Hose zu schaffen macht. Für den eigentlichen Mord wäre dann wohlmöglich gar kein Platz in der Kamera gewesen.
Aufmerksamer Zuhörer
Es stimmt zwar, dass Maureen gegenüber Ben die Äußerung nach der Reparatur seines Bikes verliert, dass sie keine Kamera besäße, um ihn darauf sitzend zu knipsen, doch klang das für mich (zumindest in der deutschen Fassung) wie ein salopp formulierter, leicht sarkastischer Spruch. Keineswegs wie ein unumstößlicher Fakt. Dass Ben anschließend daraus Schlüsse zieht, halte ich daher ein wenig aufgesetzt. Zumal die Kamera eigentlich nichts aussagt und die Trümmer der Hebebühne eine viel deutlichere Sprache sprechen.
Die schnellsten Nachrichten der Welt
Ben ahnt Schlimmes als er direkt nach der Tat in den Kickstand kommt und vom Barkeeper mit "Hallo Killer" begrüßt wird. Kurz darauf berichten bereits die Nachrichten über das Top-Thema des Corley-Mordes. DAS nenne ich mal flott. Doch woher wissen eigentlich die Medien so kurz nach dem Mordanschlag, welche Tatwaffe benutzt wurde? Der Leichnam kann in dieser kurzen Zeit unmöglich bereits derart genau untersucht worden sein, dass man einen Stock als Tatwaffe vermutet. Könnte Miranda – als einzige Zeugin – die Presse darüber informiert haben? Wohl kaum, denn dann hätte sie vermutlich direkt mit Adrian Ripburger den wahren Mörder benannt. Weshalb Miranda nicht ohnehin zumindest anonym die Behörden informierte, bleibt sie dem Spieler bis zum Ende schuldig. Sie mag Angst haben, aber selbst als Ben sie hinter dem Kickstand anspricht, hätte er sie doch ermuntern können, die Polizei über seine Unschuld und die seiner Gang-Mitglieder zu informieren. Das hätte ihm einiges an Ärger erspart.
Das großmäulige Frauenzimmer
Nicht so richtig klar ist, auf welcher Seite die junge Reporterin Miranda eigentlich steht. Warum macht sie sich nach dem Corley-Mord nicht einfach schnurrstracks zur Straßensperre der Polizei auf? Die hat nämlich alle Straßen im Umkreis von Melonweed gesperrt und könnte dem ängstlichen Frauenzimmer problemlos Schutz anbieten. Nebenbei wäre es ihr dann möglich gewesen, als Zeugin des Corley-Mordes, die Anschuldigungen gegen Ben und seine Gang – auch ohne die Fotos – ein gutes Stück zu entkräften.
Tiefschlaf
Um durch die Straßensperren zu gelangen, arbeitet Ben widerwillig mit einem Trucker zusammen, der ihn als Gegenleistung für gefälschte FBI-Ausweise mitnimmt. Im Motorraum bleibt der Biker dann auch tatsächlich unentdeckt und macht ein Nickerchen, beschwert sich allerdings vorher noch, dass ihm der Geruch von Benzin in die Nase steigt. Besagte Leitung könne beschädigt sein. Seine Ahnung sollte sich als richtig herausstellen. Dummerweise verwendet der Trucker den Benzinschlauch seines Bikes zur Reparatur. Aus irgend einem Grund bekommt Ben jedoch nichts davon mit, wie der LKW-Fahrer seinen Schlauch verbaut. Was verwundert, befindet er sich doch unmittelbar in der Nähe des Motorblocks, als er durch die Werkzeuggeräusche erwacht. Er hätte dem Trucker praktisch direkt auf die Finger schauen können.

Des Weiteren ist nicht ganz klar, wieso Ben vorn über den Kühler einsteigt, zum Verlassen allerdings den rückseitigen Schacht nutzt. Was ein Umweg, zumal der Kühler doch offen steht, als der Trucker seine Reparaturen vornimmt. Ich denke, dies ist wohl der Geschichte geschuldet. Wäre Ben vorn über den Kühler ausgestiegen, hätte er nämlich direkt gesehen, was der Trucker so treibt und ihn umgehend zur Rede gestellt. So wird durch den Ausstieg über den rückseitigen Schacht sichergestellt, dass der LKW-Fahrer zumindest noch das Weite suchen und damit die nächsten Handlungsstränge auslösen kann.
Eine Staatsgewalt mit fragwürdigen Prioritäten
Also die Arbeit der Behörden ist in 'Vollgas' nicht so richtig nachvollziehbar. Wir fassen zusammen: Ben möchte aus dem Benzinturm in Melonweed Treibstoff stehlen und scheucht dabei eine halbe Armee Polizisten auf. Die durchsuchen anschließend gar den Umkreis. Als jedoch die Cavefish-Gang einen LKW angreift und bei dessen Explosion die einzige Brücke im Umkreis zerstört, ist weit und breit nicht eine Sirene zu hören.
„Go home physics, you are drunk!“
Als das flügellose Transportflugzeug durch Ben im letzten Moment gestoppt wird, bevor es in die Poyahoga-Schlucht stürzt, scheint die Physik kurz mal nicht hinzuschauen. Allein die Wucht, mit dem der LKW beim Stillstand des Flugzeugs durch die Front kracht, hätte jedes Gleichgewicht zerstört, als der sich mit dem hinteren Teil verharkt. Stattdessen hängt das Konstrukt aus LKW und Flugzeug in der Luft, als wäre es schwerelos. Sieht man davon aber ab, müsste der hintere Teil im Stand ein ungeheures Gewicht besitzen, um ein Gleichgewicht gewährleisten zu können. Man sieht jedoch auf einen Blick, dass das niemals der Fall sein kann.
Liebe auf den dritten Blick
Ein wenig wunderlich wirkt auf mich die finale Szene des Adventures, in der Maureen Ben zum Essen einläd und ihm gegenüber anmerkt, sich zu wünschen, dass sich zwischen beiden nichts ändere. Tatsächlich möchte ich gern wissen, auf was sie da eigentlich anspielt. Denn nachdem sie zu Beginn Bens Bike repariert, hat sie aufgrund des Verdachts, dass er der Mörder ihres Vaters war, ausschließlich nichts als Verachtung für ihn übrig. Verständlich. Doch selbst als sie die Wahrheit erfährt, zeigt sie ihm weiterhin die kalte Schulter. In einem Dialog, als Ben sie auf die Geheimtür in der Fabrik anspricht, welche direkt zu Malcolms Büro führt, rutscht ihr sogar trotzig raus, dass Ben ihr auf die Nerven gehen würde. Das Frauenzimmer wirkt also durchweg im Spiel hart und unantastbar. Woher also kommt also plötzlich diese Zuneigung zwischen den beiden?
Interessante Trivia-Punkte
(Die Ungereimtheiten sind hier abgeschlossen, allerdings folgen im Anschluss noch einige Trivia-Infos, die wir im Rahmen dieses Artikels für Euch zusammengetragen haben. Wer sich dafür nicht interessiert, springt einfach zum letzten Absatz.)
Namensänderung für den deutschsprachigen Raum
Aufgrund rechtlicher Diskrepanzen entschied man, den englischen Originaltitel 'Full Throttle' für den deutschen Markt anzupassen und verwendete mit 'Vollgas' schlicht die wortwörtliche Übersetzung, bei der "Full Throttle" lediglich als Untertitel aufgeführt wird. Der originale Name basiert übrigens darauf, dass Hauptcharakter Ben ursprünglich Ben Throttle heißen sollte und man eine gewisse Mehrdeutigkeit im Titel anstrebte. Diese Idee verwarf man jedoch, da es in der Kinderfernsehserie 'Biker Mice from Mars' bereits eine Figur namens Throttle gab. Somit trägt Ben offiziell im Spiel keinen Nachnamen. In der 2017 erschienenen Remastered-Fassung wurde übrigens leider auch in der deutschen Fassung der Titel 'Vollgas' durch 'Full Throttle' ersetzt.

Kleine Anekdote am Rande: Im Internet stieß ich in der Vergangenheit immer mal wieder auf Schlauberger, welche den englischen Original-Titel selbstsicher mit "Volltrottel" übersetzten. Es mag zwar ähnlich wie "Full Throttle" klingen, stimmt aber so ganz und gar nicht ...

Die englische und deutsche Fassung sind übrigens inhaltsgleich. Englische Spieler durften sich allerdings zusätzlich über eine lippensynchrone Lokalisierung freuen sowie Mark Hamill in der Rolle des Adrian Ripburger. Allein der Name des bekannten Luke-Skywalker-Darstellers sorgte damals für einiges an Aufsehen und ist immer noch Grund genug, mal einen Durchlauf mit der englischen Fassung zu wagen.
SCUMM und INSANE
INSANE in 'Rebell Assault' (links) und den Fahrabschnitten von 'Vollgas' (rechts)
'Vollgas' unterteilt sich grundlegend in zwei Spielabschnitte: den Adventure- und den Motorrad-Part. Da beide vollkommen andere Anforderungen an die Technik stellen, fanden erstmals in der Geschichte der 'LucasArts'-Adventures gleich zwei Engines Verwendung. Für den normalen Adventure-Part kam wie üblich SCUMM (Script Creation Utility for Maniac Mansion) zum Einsatz – hier in der Version 7 – die bereits in 'Sam & Max Hit the Road' und im gleichen Jahr in 'The Dig' die Grundlage darstellte. Grundsätzlich unterschied sie sich von der Version 6 dadurch, dass kein permanent dargstelltes Inventar oder Verben mehr zu sehen waren. Das Interface erschien nun lediglich auf Mausklick und wurde für die Dauer der Verwendung als Ebene über das Spielgeschehen gelegt. Dadurch konnten die Location-Grafiken den vollen sichtbaren Bereich des Bildschirms in Anspruch nehmen und mussten sich diesen nicht mehr mit dem Inventar teilen. In der Vergangenheit nahm das nämlich allein stets gut ein Drittel des sichtbaren Bildes ein.

Für die Motorrad-Sequenzen griff man hingegen zur ebenfalls hauseigenen INSANE-Engine (INteractive Streaming ANimation Engine). Die basiert grundlegend darauf, vom Spieler steuerbare Objekte vor einem selbstablaufenden Film zu positionieren. Je nachdem, wo sich dieses – in diesem Fall Bens Bike – befindet, reagiert der selbstablaufende Film im Hintergrund, um beispielsweise die Kameraposition anzupassen. Wobei in 'Vollgas' allerdings bereits die stark weiterentwickelte Version des Nachfolgers 'Rebell Assault II' zum Einsatz kam. Alleinstellungsmerkmal der INSANE-Engine war vor allem das Reagieren auf Kollisionen mit Hindernissen des Filmes: Überfährt man in 'Vollgas' beispielsweise die Mittellinie der Straße oder touchiert den sandigen Rand des Highways wird ein Sound ausgegeben. Außerdem verliert Ben das Gleichgewicht und stürzt, wenn er zu lange über den unbefestigten Randstreifen fährt. So simulierte der Film recht clever, Teil der normalen Spiel-Welt zu sein. Die Implementation gestaltete sich jedoch alles andere als leicht, da die INSANE-Engine nicht dazu gedacht war, Variablen von SCUMM entgegenzunehmen und erst entsprechend umprogrammiert werden musste. Davon abgesehen wird INSANE ebenfalls für das Abspielen der normalen Zwischensequenzen in sämtlichen nachfolgenden 'LucasArts'-Adventures verwendet.
In welcher Zeit spielt 'Vollgas' eigentlich?
Das Adventure spielt in einer alternativen amerikanischen Zukunft. Das Team ließ sich besonders vom Kult-Film 'Mad Max II' inspirieren. Obwohl im Adventure jedoch ebenfalls wie im Blockbuster alles postapokalyptisch scheint, spielt 'Vollgas' keineswegs nach einem Atomkrieg, sondern schlicht in einer alternativen zukünftigen Realität irgendwo in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dummerweise wiederspricht der gewählte Song 'Chitlins, Whiskey and Skirt - Increased Chances', welcher in Todds Trailer zu hören ist, diesem Fakt ziemlich deutlich. Der Liedtext dreht sich nämlich um das Leben nach der Apokalypse. In den Entwickler-Kommentaren der Remastered-Version deutet Tim Schafer an, dass es vor allem diesem Song zu verdanken sei, dass sich das beharrliche Gerücht hielt, 'Vollgas' würde nach einem Atomkrieg spielen.
Die verschollene Schwester
Vollkommen unbekannt war lange Zeit, dass Maureen ursprünglich eine Zwillingsschwester haben sollte. Tina schaffte es allerdings nicht ins fertige Spiel und es ist auch weitestgehend unklar, welche Rolle sie in der Geschichte letztlich genau innehaben sollte. Wer jedoch eins und eins zusammenzählt, bemerkt bei Recherchen im Netz oder dem Anhören des Entwickler-Kommentars in der Remastered-Version recht schnell, dass das Adventure eigentlich viel umfangreicher hätte werden sollen. Diverse Budgetprobleme sorgten allerdings dafür, dass einige Elemente es nicht ins Spiel schafften. So auch Tina, Maureens Zwillingsschwester.

Davon abgesehen wurde Maureen im fertigen (englischen) Spiel durch Kath Soucie synchronisiert. Ihre Stimme war dieser Tage sehr gefragt im Zeichentrickgeschäft und auch Tim war von ihrer Stimme sehr angetan. So sehr, dass sie Jahre später bei Herrn Schafers eigener Firma 'Double Fine' für 'Brutal Legend' noch einmal mit dem Mastermind zusammenarbeite. Darin vertonte sie die Rolle der Lita Halford im englischen Original.
Tim Schafers altes Auto
Das Cabrio auf den Schrottplatz ist eine Hommage an Tim Schafers geerbtes Auto: ein 69er LeMans. Dieser fing beim Fahren mit den LucasArts-Kollegen zum Mittagessen plötzlich unerwartet Feuer und hatte sogar einen Löscheinsatz zur Folge – wie der Kult-Schöpfer in den Entwicklerkommentaren der Remastered-Version verrät. Der Wagen war damit Totalschaden. Als Tim diese Geschichte dem Grafiker Peter Chan erzählte, welcher zufälligerweise gerade an der Schrottplatz-Location zeichnete, nahm der das gleich als Inspiration: "Tja, Tims Auto ist wohl hinüber. Ich pack es auf den Schrottplatz." Und somit landete es tatsächlich auf der virtuellen Endlagerstätte in 'Vollgas'. Schaut man den Wagen an, meint Ben anlehnend an den realen Vorfall: „Uuuh, völlig ausgebrannt. Vergiß es“. Eine richtig schöne Idee!
Allerhand Star-Wars-Anspielungen
Als Ben Miranda hinter dem Kickstand trifft und zum Corley-Mord befragt, fleht die ihn regelrecht an, dass er doch bitte ihren Redakteur informieren solle, damit der sie aus ihrer misslichen Lage befreit. Die Worte, die sie dabei wählt, sind natürlich so eine eindeutige Hommage an George Lucas' 'Star Wars'-Opera, dass sie niemandem entgangen sein dürfte: „Hilf mir, Ben! Du bist meine einzige Hoffnung!“ Die Cavefish haben zudem eine ziemlich große Ähnlichkeit mit den Tusken-Räubern aus der beliebten Sternensaga. Abschließend wird natürlich auch dem Schöpfer dahinter einmal mehr Tribut gezollt: Als die vier Kontrahenten des Destruction Derbies dem Publikum vorgestellt werden, sollte die Ähnlichkeit des ersten Teilnehmers mit dem Star-Wars-Vater George Lucas sicherlich ebenfalls jedem ins Auge gesprungen sein. Man kann hiervon halten, was man möchte, aber vor allem Anspielungen wie diese machten mir 'LucasArts' immer wieder so richtig schön sympathisch.
Kein Freund der Straßenkämpfe
Die Abschnitte auf dem Motorrad sind nur zum Teil gemocht, öfter werden sie allerdings gern gemieden und können für Unwillige gar das Ende des Adventures bedeuten. Wer sich lieber ausschließlich auf den Adventure-Part stürzen möchte, der drückt einfach jederzeit während dieser Sequenzen die linke Shift-Taste + V. Damit gewinnt Ben den Kampf direkt. Das Derby-Rennen gegen Ende lässt sich damit übrigens ebenfalls anstandslos überspringen. Die Tastenkombination funktioniert übrigens ebenfalls in der Remastered-Version anstandslos. Allerdings muss man generell aufpassen, da der Gegner mit dem Rückstoßbooster beim ersten Aufeinandertrffen entkommen muss, bevor man ihm bei der zweiten Begegnung das begehrte Tuning-Teil abnehmen kann.
Das Spiel mit dem Messer
Spricht man den Trucker Emmet im Kickstand nach dem Corley-Mord immer wieder an und behauptet großspurig, das Spiel mit dem Messer zu beherrschen, wird er nach einiger Zeit nachgeben und lässt es Ben versuchen.
Nur noch eine Erinnerung
Als Ben die Poyahoga-Schlucht erreicht, die von den Cavefish vor seinen Augen zerstört wird, muss er es dem Stunt-Man Ricky Myran gleichtun und einen Sprung über den todbringenden Abgrund wagen. Ursprünglich war geplant, dass Ben den waghalsigen Springer tatsächlich im Spiel treffen sollte. Budget-Probleme sorgten aber leider dafür, dass seine gesamte Rolle vollständig gestrichen wurde. Dessen Name findet seinen Ursprung übrigens in Tim Schafers Vergangenheit: Der Knabe war nämlich ein Mitschüler in der vierten Klasse.
Wenig zu zeigen
Interessante Anekdote am Rande: Die oben gezeigte Szene am Tor und die darauffolgende am Melonweeder Benzinturm waren die erste beiden Locations, die fertiggestellt wurden. Mit denen ging man dann auch bereits auf erste Promo-Tour beispielsweise zur Consumer Electronics Show 1994 (kurz CES 1994), um Feedback einzuholen. Obwohl in dieser Demoversion eigentlich noch gar nicht viel spielbar war und man gerade einmal das Schloss am Tor knacken und ein wenig am Benzinturm herumklicken konnte, waren die Zuschauer sehr angetan von dem, was sie da sahen. Obendrein gab dies den Machern dahinter verständlicherweise gehörig Auftrieb, auf dem richtigen Weg zu sein. Selbst als man Kontakt zu Musiklabels knüpfte, um dafür zu werben, Musik bestimmter Gruppen als Soundtrack verwenden zu wollen, waren es diese beiden Szenen, die vorgeführt wurden. Man hatte zu diesem frühen Stadium der Entwicklung schlichtweg noch nicht mehr zu zeigen.
Bens Winde
In der Remastered-Version verraten die Entwickler in den Kommentaren ein Easter-Egg, bei dem in den Safe Malcolm Corleys das Geburtsdatum des Game Designers und Programmierers Mark Crowley eingeben werden muss. Der erblickte am 14.12.1962 das Licht der Welt. Gibt man also 121462 als Kombination ein, lässt Ben seinen Winden freien Lauf... Interessant ist außerdem, dass selbst Tim Schafer nichts von diesem Easter Egg gewusst zu haben scheint. Zumindest zeigte er sich bei den Aufnahmen der Entwicklerkommentare selbst überrascht, als er davon hörte.
Zwei eingestellte mögliche Nachfolger
Gleich zwei potentielle Fortsetzungen sind im Laufe der Jahre in Entwicklung gewesen. Für Adventure-Fans sollte sich dabei vor allem 'Full Throttle: Payback' als besonders interessant herausstellen. Erneut als reines Adventure geplant, wäre damit die Geschichte des Vorgängers direkt fortgesetzt worden. Das war zwar ebenfalls mit 'Full Throttle 2: Hell on Wheels' so angedacht, zugleich sollte jedoch das Spiel-Konzept vom Adventure in Richtung Action-Adventure/Beat'em-Up-Genre weichen. Letztlich sind beide Titel niemals erschienen. Schauen wir uns also gemeinsam an, welche Informationen bis heute an die Öffentlichkeit durchgedrungen sind:

(1) 'Full Throttle: Payback'

Der wahre und direkte Nachfolger ging im Frühling 2000 in Entwicklung und sollte nahtlos an die Geschichte des Vorgängers anschließen. Da der ehemalige Projektleiter Tim Schafer 'LucasArts' bereits auf eigenen Wunsch verlassen hatte, reichte man das Zepter an Larry Ahern weiter, der am Vorgänger mitarbeitete, einen Überblick über die Geschichte besaß und am Geeignesten schien. Art-Director wurde Bill Tiller.

Einige Monate später – im November 2000 – war die Vorproduktion bereits in vollem Gange. In diversen Meetings besprach und zeigte man regelmäßig die Fortschritte, was zur Folge hatte, dass Kollegen das Adventure grundsätzlich positiv in der Firma wahrnahmen. Zumindest solange, bis plötzlich negative Stimmungen im Management umhergingen, weche das Design kritisierten, was letzten Endes sogar zur Einstellung führte. Larry Ahern und Bill Tiller verließen nicht lange danach 'LucasArts'. Mr. Ahern ging zu 'Microsoft' und arbeitete dort als Grafiker – unter anderem beim 'Microsoft Flight Simulator'. Danach verließ er auch diese Firma und gründete 'Crackpot Entertainment' mit seinem ehemaligen 'LucasArts'-Kollegen Mike Levine. Bill Tiller wechselte zu 'ArenaNet' und arbeitete dort an 'Guild Wars', bevor er 2002 'Autumn Moon Entertainment' mitgründete und die Adventures 'A Vampyre Story' und 'Ghost Pirates of Vooju Island' entwickelte. 'LucasArts' selbst äußerste sich übrigens niemals offiziell über die Gründe der Einstellung des Projekts.

Die geplante Handlung von 'Full Throttle: Payback' sollte die Geschehnisse nach Adrian Ripburgers Ableben weiterspinnen und dessen Beweggründe näher beleuchten. Denn der war nur Befehlsempfänger für eine viel mächtigere Person. Der lokale Gouverneur möchte nämlich sämtliche Highways durch Hover Pads ersetzen, weshalb Corley Motors auch unter Ripburger geplanter Führung entsprechend Hover Vans herstellen sollte. Als Anteilseigner aller beteiligten Firmen hätte der Politiker sich eine "goldene Nase" verdient und sehr viel Geld in seine eigenen Taschen gespült. Dass mit diesen Plänen die Trucker- und Biker-Gemeinden alles andere als einverstanden gewesen wären, dürfte wohl klar sein: Ohne Highways sind sie nämlich obsolet und ihnen wird die Grundlage entzogen. Aufgrunddessen wird eine Revolte ins Leben gerufen, der allerdings Father Torque durch einen Mordanschlag der Rotwheelers zum Opfer fällt – bezahlt vom Gouverneur. Leider hat Ben selbst noch immer sehr mit den Medien zu kämpfen, die ihn gern zum Tod Adrian Ripburgers befragen möchten. Erst als er sich mit einer Reporterin zusammenschließt, können beide die wahren Hintergründe der Geschehnisse aufdecken, den lokalen Politiker des Mordes anklagen und damit auch dessen Plänen ein Ende setzen.
'Full Throttle: Payback' - Konzeptzeichnungen der nur wenigen Monate in Entwicklung befindlichen Adventure-Fortsetzung - die Einstellung folgte im November des Jahres 2000

(2) 'Full Throttle 2: Hell on Wheels'

Warum letztlich die erste Fortsetzung durch das Managment derart in die Kritik geriet, ist bis heute nicht vollkommen geklärt. Dass Bill Tiller und Larry Ahern allerdings zeitnah nach der Einstellung das Unternehmen verließen, lässt doch einige Reibungspunkte vermuten. Beim zweiten Versuch 2002 übernahm jedenfalls Sean Clark das Ruder, der diesen Job bereits mit 'The Dig' innehatte. Das Management, allen voran der damalige 'LucasArts'-Präsident Simon Jeffery, schwärmte vor der Presse nach der offiziellen Ankündigung in den höchsten Tönen. Er sprach sogar von einer neuen „Ära der Spieleentwicklung“. Die eigentliche Produktion schien auch erst einmal gut voranzuschreiten, brachte einen Trailer und einige Screenshots hervor – letztere findet Ihr ein wenig weiter unten. Selbst eine Demoversion war beinahe fertiggestellt, die auf der Messe E3 2003 (Electronic Entertainment Expo) zur Verfügung stehen sollte.

Die ersten Bilder ließen jedoch viele Fans des Vorgängers ein wenig verstimmt zurück. Immerhin zeigten die nicht nur eine Abkehr der liebgewonnen gepixelten 2D-Grafik und die Wandlung in die dritte Dimension, sondern obendrein einen Wechsel des gesamten Genres. 'Full Throttle 2: Hell on Wheels' war nämlich als Action-Adventure geplant, welches erstmals, neben dem PC, für die Konsolen PlayStation 2 und XBox erscheinen sollte. Vielleicht ließen die kritischen Fans letztlich das 'LucasArts'-Management aufhorchen. Denn kurz vor der E3 2003 wurde der Titel völlig überraschend eingestellt. Der damalige Präsident Simon Jeffery äußerte sich plötzlich vollkommen gegensätzlich zu seiner wenige Monate jungen Euphorie und gab folgende Erklärung heraus:
„We do not want to disappoint the many fans of Full Throttle, and hope everyone can understand how committed we are to delivering the best-quality gaming experience that we possibly can.“ – Simon Jeffery, LucasArts (2003)
Die Handlung des geplanten Ablegers glich übrigens nicht der des ersten Versuchs. In 'Full Throttle 2: Hell on Wheels' hat nämlich irgendjemand den Biker-Hort El Nada dem Erdboden gleichgemacht. Ben kommt dabei einer rivalisierenden Gang, den Hound Dogs, auf die Schliche, die sich mutmaßlich für diesen Angriff verantwortlich zeigen. Allerdings ist da noch mehr: Auf seinen Ermittlungen deckt Ben noch einige weitere zwielichtige Dinge auf. Zu guter Letzt schließt er sich mit seinem alten Freund und Mentor Father Torque sowie seiner Ex-Verflossenen Maureen zusammen, um sich den Drahtziehern in den Weg zu stellen.
'Full Throttle 2: Hell on Wheels' - Einige Screenshots des im Jahre 2003 eingestellten Action-Titels

Vollgas Remastered
Satte 22 Jahre hat es gebraucht, um Tim Schafers Meisterwerk wieder in die Gegenwart zu holen. Die Neuauflage stellte das Team allerdings vor einige große Probleme, weshalb sich die Arbeiten immer wieder verzögerten. Das Größte davon offenbarte sich nicht im Sichten der alten Daten von 'LucasArts', sondern im Auffinden. Während sämtliche Locations noch im Original vorlagen, verpasste es die Adventure-Schmiede leider, die Motorrad-Fahrsequenzen zu archivieren, weshalb diese gänzlich neu erstellt werden mussten. Damit konnten nur die Locations nachgezeichnet und neu koloriert werden. Hierzu holte man übrigens einige Größen von damals wie Larry Ahern und Peter Chan mit ins Boot, die schon am Original mitwirkten. Die englischen Sprachaufnahmen lagen indes nur in Mono vor, eine Neuaufnahme war jedoch ausgeschlossen. Bens Sprecher – Roy Conrad – starb nämlich leider bereits vor einigen Jahren und hätte sicherlich zum Unmut der Fans ersetzt werden müssen. Deshalb entstaubte man die alten DAT-Kassetten, auf denen die unkomprimierten Original-Aufnahmen gespeichert waren, welche nichtsdestotrotz aufwendig eingelesen und digital nachbearbeitet werden mussten. Obendrein gab es nur dieses eine Original. Wäre die Kassette beschädigt oder nicht mehr auffindbar gewesen, hätte es keine Kopie mehr gegeben. Im Rahmen des Remasteres kontaktierte man außerdem die Heavy-Metal-Band 'The Gone Jackals', um die Master-Audio-Aufnahmen von damals zu ergattern. Die lagen nämlich in Stereo vor, während die im originalen Adventure nur in Mono abgemischt worden und von daher nicht für den Remaster verwendet werden konnten.

Der gesamte Remastering-Prozess brachte den Double-Fine-Chef übrigens ziemlich ins Grübeln und er stellte sich die Frage, warum sie das damals nicht besser archivierten und ob er es heute mit seiner Firma besser macht. Tatsächlich ist es jedoch so, dass das Erstellen guter Archive Zeit kostet, die viele Unternehmen einfach nicht aufbringen möchten. Dennoch mahnt Herr Schafer in einem Interview seine Kollegen weltweit, es dennoch zu tun, um sich Jahre später nicht über sich selbst zu ärgern...
„So you really have to push yourself to create good archives, and to put away a machine that can do the actual build of the game. And that's something I hope all developers do, or they'll be kicking themselves later.“ – Tim Schafer, Double Fine
(Quelle: http://www.gamesindustry.biz/articles/2017-03-09-digital-archeology)
'Vollgas Remastered' - Nach über 20 Jahren eine Neuauflage des Klassikers

Und noch mehr Trivia
'Vollgas' war aus verschiedenen Gesichtspunkten absolutes Neuland für 'LucasArts'. Es ist bespielsweise das erste Adventure der Schmiede, welches das Budget von einer Million US-Dollar zugesprochen bekam. 'The Secret of Monkey Island' kostete fünf Jahre zuvor vergleichsweise günstige 200.000 US-Dollar. Für Bens Abenteuer sollte allerdings selbst diese Million noch zu wenig sein, weshalb leider einige Kürzungen hingenommen werden mussten, von denen ich die gewichtigsten bereits in den obigen Absätzen erwähnte. Die vielen Zwischensequenzen und Animationen sorgten zudem dafür, dass 'Vollgas' als erstes Adventure der Firmengeschichte nicht mehr auf Disketten ausgeliefert werden konnte und ausschließlich auf CD-ROM erschien. Im gleichen Atemzug verabschiedete man sich obendrein von der Soundschnittstelle MIDI und untermalte die Biker-Hatz mit einem digitalen Soundtrack. Als Tim Schafer und der damalige LucasArts-Präsident Jack Sorensen Termine mit großen Labels der Musik-Branche machten, musste man den Mannen dort allerdings erst einmal zu verstehen geben, dass man kein Geld dafür bezahlen könne. Tatäschlich bot man 'LucasArts' den gesamten Katalog von 'Black Velvet Untergrund' an, den Herr Schafer allerdings für unpassend hielt. Ebenso war 'The Clash' im Gespräch. Außerdem hatte es Mister Schafer auf den Track "Kickstand" von 'Soundgarden' abgesehen, den er aber leider nicht bekam, da das Plattenstudio den Track nicht kostenlos zur Verfügung stellen wollte. Den Zuschlag erhielt letztlich 'The Gone Jackals', deren Album 'Bone to Pick' wahrscheinlich nur aufgrund des Adventures ungeheure Bekanntheit erreichte. Aufgrund der niedrigen Abtastrate dort drohte der wuchtige Soundtrack im Original von 1995 allerdings ein wenig im Spiel unterzugehen und zuviel Qualität zu verlieren. So bedienten sich die Sounddesigner eines cleveren Tricks, indem sie die Tracks 50% übersteuerten. So klangen sie trotz niedriger Qualität satter und kräftiger.

Der Sound von Bens Motorrad wurde live aufgenommen, was im Gaming-Sektor damals absolut unüblich gewesen war. Der Sounddesigner Clint Bajakian traf sich mit einem Tonverantwortlichen von 'Lucasfilm' (Gary Rydstrom), der bereits für 'Jurrassic Park' oder 'Der Soldat James Ryan' tätig gewesen war und den Weg für neue Ideen ebnete. Das Anlassen von Bens Motorrad ist beispielsweise keine reine Aufnahme eines realen Bikes. Dem ist nämlich zusätzlich ein Löwenschrei untergemischt. Die Motorräder der anderen Gruppierungen, wie die der Vultures, stammen aus einer Sounddatenbank und waren ursprünglich das Summgeräusch von Bienen in einem Glas. Dieses wurde dann unterschiedlich schnell abgespielt: Für die Rottwheelers verlangsamt, für die Cavefish extrem beschleunigt, um die markanten Töne der Bikes widerzuspiegeln.

Reichlich unbekannt ist übrigens, dass Norman Matt die deutsche Übersetzung anfertigte. Das ist vor allem im dem Zusammenhang interessant, da der bald darauf den Job an den Nagel hing und als Synchronsprecher durchstartete. In dieser Rolle lieh er der ikonischen Figur des deutschen Guybrush Threepwood in 'The Curse of Monkey Island' seine Stimme. Er tat dies ebenfalls für die beiden Fortsetzungen 'Die Flucht von Monkey Island' und 'Tales of Monkey Island'. Was Dominic Armato in der englischen Sprache schaffte, schatte Herr Matt in der deutschen: Seine Stimme unumkehrbar mit Guybrush Threepwood zu verbinden, dass es schier unmöglich scheint, sich eine andere Stimme für seinen Charakter auch nur vorzustellen.

Als sich Tim Schafer an die Konzeption der Rätsel setzte, war das vor dem Schrottplatz das erste, was er sich ausdachte. Bei dem müssen wir mit einem Schloss das Tor sichern, damit Ben die Mauer erklimmen kann. Hier traf Herr Schafer eine Entscheidung, es bei Vollgas anders als bei den bisherigen 'LucasArts'-Adventures zu machen und zu vermeiden, dass Protagonist Ben viele Gegenstände mit sich tragen oder diese kombinieren muss. Stattdessen sollte alles direkt auf dem Bildschirm in der Location stattfinden.
Das kritikbehaftete 'LucasArts'-Abenteuer
„Immer, wenn ich Asphalt rieche, denke ich an Maureen. Das Letzte, woran ich mich erinnern konnte, bevor mir schwarz vor Augen wurde: der schwere Geruch von Asphalt. Und das Erste, was ich sah, als ich aufwachte, war ihr Gesicht. Sie sagte, sie würde mein Bike wieder in Ordnung bringen. Umsonst. Ohne Haken. Aber ich hätte wissen müssen, daß die Dinge niemals so einfach sind. Ja, wenn ich an Maureen denke, denke ich an zwei Dinge: Asphalt ... und Ärger.“
Es ist eigentlich kaum zu glauben, wie oft ich diese ersten Worte Bens im Intro von 'Vollgas' bereits vernommen habe. Ähnlich wie die ikonische Einleitung von 'Baphomets Fluch' („Paris im Herbst ...“) sorgen auch die Worte des Bikers immer wieder dafür, dass ich Lust darauf bekomme, den Corley-Mord noch einmal aufzuklären und die Polecats zu entlasten. Das habe ich natürlich im Rahmen dieser Kolumne getan und ich muss sagen, dass sich meine grundlegende und überaus wohlwollende Meinung über den Titel all die Jahre nicht veränderte: Ich liebe einfach das Setting, die Charaktere, die Geschichte und die Grafik, bin jedoch kein Freund der Straßenkämpfe. Auch hätte der Titel gern länger sein dürfen. Während meiner Recherchen fand ich allerdings heraus, dass aus Budgetgründen ziemlich viel dem Rotstift zum Opfer fiel. Da ist es um so bemerkenswerter, dass 'Vollgas' in seiner letztlich veröffentlichten Form, trotz einiger Kritikpunkte, dennoch bei vielen Spielern und natürlich meiner Wenigkeit so hoch in der Gunst steht. Ich wollte jedenfalls gern mehr davon und ärgere mich eigentlich noch immer sehr, dass die geplante Adventure-Fortsetzung nie erschien. Auf dem Papier liest sich der Nachfolger einfach richtig gut und zeigt letztlich, dass die Entwickler generell mehr mit der Story vorhatten als es zuerst den Anschein macht. Ripburgers Pläne, Corley Mortors zu übernehmen, sollten eben nur der Auftakt einer viel größeren Verschwörung sein.

'Vollgas' gehört zu den All-Time-Favorites und den besten Adventures aller Zeiten – zumindest für mich. Ich kann jedenfalls nicht verstehen, dass der Titel nur aufgrund seiner Kürze und der Motorradpassagen oft gar zum "Schwarzen Schaf" der 'LucasArts'-Adventures degradiert wird. Es war eben ein Versuch, mit den Abenteuerspielen eine neue Richtung einzuschlagen. Dass es nicht gut ging, verstanden die Mannen dahinter letztlich auch und setzten mit den nächsten Adventures die bewährte Linie wieder treu fort. Doch überhaupt diese neuen Dinge ausprobieren, sollte nicht negativ gesehen werden. Der Beginn von Innovationen ist eben das Versuchen und Experimentieren. Es kann natürlich nach hinten losgehen, ganz klar, aber ohne einen Versuch findet man es eben nicht heraus. 'Vollgas' zählt jedenfalls dennoch zu meinen Lieblingen der einstigen kalifornischen Schmiede. Ich mag zwar Ungereimtheiten für mich aufgestöbert und in diesem Artikel zusammengefasst haben, dennoch war es ein tolle Sache, Bens Reise so detailliert noch einmal zu erleben und Punkt für Punkt durchzugehen. Es hat schlicht etwas Interessantes, mal mehr darüber sagen zu können, als man es in einem Review machen würde. Allerdings ist dies ein wahres Privileg und das bekommen von mir nur die besten Adventures ... und damit auch 'Vollgas' von Mastermind Tim Schafer.

Fortsetzung in der nächsten Kolumne …

Falko Tetzner _ 27.04.2017

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