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Einleitung: Part I
Amiga 500: Part II | Part III | Part IV | Part V | Part VI
Part VII | Part VIII | Part IX | Part X | Part XI
Part XII | Part XIII | Part XIV | Part XV
Commodore 64: Part XVI | Part XVII
Amiga 1200: Part XVIII | Part XIX | Part XX
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Kolumne 36: (Zu) lang ist's her - Part VI
Adventures waren seinerzeit natürlich auch dem Amiga die großen Verkaufsschlager, an die man sich selbst heute noch sehr gern erinnert. Im nunmehr sechsten Teil unserer Kolumnen-Reihe schauen wir uns einmal mehr Klassiker in genau diesen Bereichen an, die oft richtige Zeitfresser sein konnten. Im Internet nach Lösungen schauen: Fehlanzeige. Vielleicht sind diese Titel auch gerade deswegen so im Gedächtnis haften geblieben, weil man eben eine Menge Zeit mit ihnen verpulverte und sich letztlich selbst heute noch an jeden Pixel zu erinnern scheint. Wie dem auch sei wir wünschen Euch jedenfalls nun Viel Spaß mit dem sechsten Teil unserer Kolumnen-Reihe rund um zuckersüße Gaming-Nostalgie.
Indiana Jones and the Last Crusade
Da ich in dieser Kolumne mit ‚Future Wars‘ mein erstes Adventure überhaupt benennen werde, das ich jemals als erstes komplett durchgespielt habe, muss ich natürlich zwangsläufig auch auf mein allererstes überhaupt eingehen: Diese Ehre gebührt nämlich ‚Indiana Jones and the Last Crusade‘. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich vor dieser Spielerfahrung die Filme tatsächlich nicht gesehen hatte und der Peitschenschwinger mir gänzlich unbekannt war – aus heutiger Sicht löst das selbst bei mir Kopfschütteln aus. Außerdem war mir beim ersten Start überhaupt nicht klar, was dieses Adventure eigentlich von mir wollte und nachdem ich einige Zeit durch das Barnett College geschlichen bin, entließ ich eine der drei Disketten wieder aus meinem Laufwerk und legte sie schulterzuckend zu den anderen. Erst Wochen später entbrannte die Diskussion erneut, als mir ein bereits genannter guter Freund das Spiel ‚Future Wars‘ übergab und mich in das Genre ein wenig einwies. Das zockte ich dann auch tapfer durch und währenddessen sind so manche Funken für das Genre übergesprungen. Adventures hatten mich erstmals so richtig gepackt und ich schämte mich beinahe, als ich ‚Indiana Jones III‘ anschließend wieder ins Laufwerk legte, da mir nun die Aufgaben und das Spielprinzip nicht nur absolut klar waren, sondern auch total offensichtlich schienen. Ich konnte mich selbst nicht verstehen, wie ich das nicht gleich direkt kapieren konnte. Aber wir haben eben alle einmal klein angefangen (das gibt mir etwas Trost) und all´ die Scham war ohnehin schnell wieder verflogen, weil ein Klassenkamerad sich parallel ebenfalls an den Titel setzte und wir das Abenteuer zwar jeder für sich, aber dann doch irgendwie gemeinsam durchrätselten. Zu der Zeit saß auch bereits mein jüngerer Bruder neben mir am Schreibtisch und unterstützte tatkräftig beim Knobeln. Jeden Morgen in der Schule wurde dann der aktuelle Stand mit dem Klassenkammeraden und der Frage „Und … Wo bist Du?“ eingeleitet und sich gegenseitig geholfen. War der Kumpel schon weiter, spoilerte er direkt alle Rätsel und ich konnte kaum erwarten, wieder nach Hause zu kommen und diese auch in meinem Spiel zu lösen. Zurückblickend hat das wirklich tierischen Spaß gemacht und war der Startschuss für viele solcher Sessions. Das Ganze glich dann oft einem indirekten Wettbewerb und letztlich waren mehr als zwei Augen schon immer besser für dieses Genre.

Bereits während des Durchspielens schaute ich mir auch endlich die drei Filme an und mein Faible für die Reihe durchbrach kurzerhand gleichmal alles, was ich je erlebt hatte – so sehr hatte mich das Erlebnis geflasht und mich zum Indy-Fan durch und durch gemacht. Und plötzlich sah ich auch das Spiel mit völlig anderen Augen. Querverweise auf die Blockbuster gab es natürlich zuhauf, aber man ließ auch genügend Grübelkost für Leute übrig, die das Abenteuer bereits im Kino erlebt hatten. Dies wirkte jedoch keineswegs aufgesetzt, sondern gut durchdacht. Gerade das Rätsel mit dem Passierschein galt für mich als kleiner Geniestreich: Denn als Indy im Film in Berlin auf den Ober-Spinner Adolf Hitler trifft, übergibt er ihm das Gralstagebuch, welches der größenwahnsinnge Diktatur munter unterschreibt – unwissend, dass es sich dabei ja eigentlich um das Buch handelt, was er die ganze Zeit haben will. Im Adventure kann man ihm den Schmöker dann zwar ebenfalls in die Hand drücken, aber es macht viel mehr Sinn, ihm einfach den Passierschein zu geben, der einem dann fortan an sämtlichen Schlagbäumen auf den Landstraßen freie Durchfahrt gewährt und damit das Abenteurer-Leben ein ganzes Stück vereinfacht. Allerdings konnte man sich auch durchboxen oder dem ein oder anderen so geschickt zuquasseln, dass der einen freiwillig durchließ. Überhaupt waren einige Abschnitte des Titels optional oder konnten gar vollkommen anders gelöst werden. Das erhöhte den Spielspaß durchaus nicht unbeträchtlich.
Obgleich das Adventure auf verschiedene Weisen beendet werden kann, ist die eigentliche Grund-Story sinnigerweise deckungsgleich, die Indy auf die Suche nach dem Heiligen Gral schickt. Unser Peitschenschwinger hockt gerade gestresst im Barnett College und kann sich kaum den Weg in sein Arbeitszimmer freikämpfen, da kommt er auch schon vom Regen in die Traufe: Nicht nur, dass er völlig verdutzt ein Paket seines Vaters in der täglichen Post vorfindet, welches nicht weniger als dessen Lebenswerk – das Gralstagebuch – beinhaltet, wird er kurz darauf auch noch vom Industriemagnaten Walter Donevan angesprochen. Der ist nämlich momentan selbst auf der Suche nach eben jenem heiligen Kelch, hat aber seit geraumer Zeit nichts mehr von seinem Projektleiter gehört, ohne den das Unterfangen zum Scheitern verurteilt ist. Mit der Bitte, dass Indy diesen Job doch nun bitte übernehmen solle, kommt außerdem noch ein sehr wichtiges Detail zum Vorschein: Donavans früherer Projektleiter war Dr. Henry Jones – Indys Vater. Logisch, dass den Sohn nun nichts mehr davon abhält, sich ebenfalls auf Gralssuche zu begeben und den Spuren des Vaters nachzujagen.

Die Amiga-Fassung wurde auf insgesamt 3 Disketten ausgeliefert und entsprach optisch der EGA-Version des PCs. Es war zwar alles ganz nett gepixelt, aber vom Hocker reißen konnte es wohl nur die Wenigsten. Das schaffte erst die später erschienene VGA-Fassung, die allerdings nur auf einem DOS-Rechner zu haben war. Die Locations sind dort zwar unverändert, aber eben mit den zusätzlichen Farben der VGA-Palette aufgehübscht. In diesen 256 Koloriten sah ‚Indiana Jones III‘ einfach richtig gut aus. Ich habe mich daher wirklich immer sehr geärgert, dass der Amiga da aus technischen Gründen außen vor blieb. Aber die VGA-Fassung zeigte eben bereits damals, was eine große Farbpalette doch ausmacht, wenn es um die Präsentation geht. In Sachen Sound und Musik war die Amiga-Fassung letztlich nur bei den realitätsnäheren Soundeffekten dem PC-Vorbild überlegen, ansonsten klang die melodische Untermalung doch ziemlich stark nach Midi-Sound und damit deutlich unter dem, was eigentlich auf Commodores „Freundin“ möglich gewesen wäre. Empfand ich damals allerdings nicht als so schlimm, da ohnehin der Titel nur recht selten überhaupt Melodien bot.

Obwohl Indy auf seinem Abenteuer mehr als nur einmal sterben konnte, verzieh ich ‚Lucasfilm Games‘ (vor der Umbenennung zu ‚LucasArts‘ im Jahre 1992) diesen Punkt ausnahmsweise. Das lag wahrscheinlich daran, dass die Ableben vorhersehbar und problemlos vermeidbar waren. Eben nicht wie bei ‚Sierra‘, wo der Protagonist sogar beim Laufen mal eben einfach Klippen oder Abgründe hinabstürzen konnte. Dies empfand ich ohnehin immer als Mischung aus albern und nervig. Glücklicherweise zeigt ich Indy als deutlich gescheiterer Genosse und damit natürlich gleichermaßen im Sinne seiner Figur. Gescheit musste man aber auch als Spieler für die Rätselkost sein, die oft nur in Verbindung mit dem Gralstagebuch zu lösen war. Besonders im Gedächtnis ist mir dabei das Melodien-Rätsel in den Katakomben von Venedig, welches sich gewiefterweise bei jedem Spieldurchlauf verändert und damit immer neu angegangen werden musste. Was hatte ich da herumprobiert und letztlich zeigte sich die Lösung doch so simpel. Davor durfte man sich noch als übereifriger Bücherwurm durch Venedigs Bibliothek wühlen, um hilfreiche Lektüre zu finden. Und da gab es einige: Beispielsweise ein Buch über die venezianischen Katakomben, wie auch eines, dass das Fliegen eines Flugzeuges beschreibt. Hatte Indy Letzteres nicht im Gepäck und studiert, war ihm ein alternativer Weg beim Zeppelin versperrt, bei welchem er - anders als in der Filmvorlage - direkt ein Flugzeug vom Berliner Flughafen stehlen und mit der Handlung des Filmes brechen konnte.

‚LucasFilm Games‘ hatte sich bereits damals immer sehr weit entfernt vom Konkurrenten ‚Sierra‘ bewegt, allerdings schauten sich die Mannen aus Kalifornien das Punktesystem der Los Angeler Schmiede ab. Der so genannte „Indy Quotient“ kurz „IQ“ sollte dabei als Ansporn dienen, sämtliche optionalen/alternativen Lösungswege zu finden und auszuprobieren. Was mich angeht, so brauchte ich diesen Highscore nicht, um mich auf die Jagd nach den anderen Weggabelungen zu begeben. Ich hatte so einen Spaß daran, dass ich letztlich auch wirklich alle fand und damit den maximalen Score erreichte. Das war selbstverständlich Ehrensache, denn das Adventure ‚Indiana Jones III‘ offenbarte mir eine ganz neue Welt – vor allem weil mein jüngerer Bruder und ein guter Klassenkamerad an Bord waren. Mit diesem Abenteuer und den drei Filmen war ich plötzlich ein Mega-Fan eines ganzen Franchises geworden und konnte eigentlich nie genug davon bekommen. Denn wenn es nach mir ginge, könnte LucasFilms neuer Eigentümer ‚Disney‘ gern – neben ‚Star Wars‘ – gleich noch das Indy-Franchise fortführen. Denn bei beiden gibt’s bei mir einfach kein Halten mehr!
'Indiana Jones III' (Amiga/1989) holte das Abenteuer von der großen Leinwand auf den kleinen Amiga-Monitor

Future Wars – Time Travellers
Wenn ich heute von Entwickler ‘Delphine Software’ spreche, bekomme ich wahrscheinlich immer noch leuchtende Augen. Obgleich die Mannen aus Frankreich gerade einmal drei echte Adventures ablieferten, haben sie wohl für immer einen festen Platz in meinem nostalgischen Herzen sicher. Das liegt hauptsächlich an ‚Future Wars‘, ihrem ersten Werk überhaupt und gleichzeitig meinem allerersten Adventure-Titel, den ich komplett durchspielte (davor hatte ich wie schon erwähnt lediglich ‚Indiana Jones III‘ angespielt). Das reinrassige Adventure war nicht nur herausfordernd, sondern verzieh´ keinerlei Fehler und hatte damit mindestens ein ungeliebtes Element. Dennoch überstrahlte die tolle Geschichte all das einfach zu sehr und war der Inbegriff des Ausspruchs „Vom Kleinen zum Großen“: Als Fensterputzer eines Hochhauses wird dem Helden der Geschichte von seinem Vorgesetzten derart die Leviten gelesen, dass der sich einen Streich ausdenkt, indem er einen Eimer voll Wasser über einer halboffenen Türe deponiert. Allerdings entdeckt er auf seiner Tour durch das fremde Büro des Vorgesetzten auch so einige Merkwürdigkeiten, denen er nachgeht. Und ehe man sich versieht, steht man plötzlich in einem geheimen Raum – vollgestopft mit modernem Equipment, das keinesfalls aus der Gegenwart stammen kann. Schnell offenbart sich der wahre Sinn dieser Technik: eine Zeitmaschine. Ein kleiner Fehltritt löst dann auch noch eine Kettenreaktion aus und der namenloser Held wird geradewegs ins finstere Mittelalter geschossen. Der gute Freund, der mir das Spiel überhaupt erst empfohlen hatte, verschwieg mir natürlich ganz bewusst dieses Detail. Im Nachgang eine gute Entscheidung, mich damit nicht zu spoilern. Denn so entfalte das alles erst seine richtige Wirkung auf mich. Tut mir nun natürlich schon irgendwie leid, dass ich Euch damit eventuell den Spaß genommen habe. Denn spätestens ab hier war damals meine Neugier absolut am Kragen gepackt und ich wollte einfach nur noch wissen, wie es weitergeht. Allerdings hatte ich damals mit Adventures praktisch keinerlei Erfahrung und kam recht schnell nicht mehr voran. Außerdem genügte ein falscher Klick und man verhalf beherzt dem zeitreisenden Fensterputzer zum frühen Ableben. Besonders schwer zu ertragen waren für mich aber hauptsächlich die Sackgassen. Die stellten etwas vollkommen Unerwartetes dar und erst mein Kumpel wies mich darauf hin, dass das Spiel die überhaupt besaß. Irgendwie war meine Erwartungshaltung, mir würden kleine Fehler beim Lösen der Grübelkost verziehen. Aber falsch gedacht: War eine Rätselkette nicht korrekt gelöst, hatte man besser einen Spielstand von davor parat, sonst durfte man ganz unentspannt direkt von Neuem beginnen. Ganz ehrlich: Ich empfand solche Mechaniken schon immer als absolut unnötig! Wer bitte denkt sich denn so ein Konzept aus? Meiner Meinung nach verdirbt man hier schneller den Spielspaß als man ihn vorher aufbaut. Ob dieses System aus Bequemlichkeit, Kostengründen oder mit dem Gedanken einherging, den Spieler möglichst lange an das Adventure zu binden, kann ich indes nicht sagen. Tatsache ist jedoch, dass es für Abenteuerspiele zu dieser Zeit (leider) nichts Ungewöhnliches gewesen war, auf fiese Sackgassen zu setzen. Ein Freund davon war ich deshalb aber keineswegs und man hörte mein erleichtertes Aufatmen sicherlich bis zur Skywalker Ranch, als ‚LucasArts‘ mit der ersten Affeninsel dieses Konzept endlich zu Grabe trug und damit ganz nebenbei den neuen Standard im Genre etablierte.
Auch das penible Absuchen von Locations war für mich damals noch vollkommen neu. Bei ‚Future Wars‘ ging das gern mal soweit, dass man auf Verdacht eine bestimmte Stelle in der Location – beispielsweise ein Stück Wiese – untersuchte, um wichtige Gegenstände ausfindig zu machen. Ohne irgendwelche Hinweise des Protagonisten natürlich. Oft musste man die Figur zusätzlich korrekt positionieren, um überhaupt Objekte aufnehmen oder Benutzen zu können. Denn alleine tat unser Held das keineswegs. Da ich damals mit dieser Art von Schwierigkeitsgrad schlicht überhaupt nicht zurechtkam, sah mein Spielablauf im Grunde so aus, dass ich rund 1-2 Stunden herum probierte und, wenn ich nicht weiterkam, schwang ich mich auf meinen Drahtesel und düste zum Elternhaus meines Kumpels, um entsprechende Tipps zu erhalten. Irgendwie hatte der gut 4 Jahre ältere Kollege viel mehr Sitzfleisch als ich. Denn der hatte ‚Future Wars‘ nicht nur komplett durchgespielt, sondern das gelang ihm nebenbei gleichmal ohne jedwede Komplettlösung. Finde ich selbst heute noch absolut bemerkenswert, aber wo hätte er bitte auch nachschauen sollen? Das Internet gab es nicht und die meisten Gaming-Zeitschriften hatten lediglich ein paar Worte für ‚Future Wars‘ übrig, von einer Komplettlösung ganz zu schweigen. Aber mein Kumpel besaß schlicht einen Draht für's Rätseln und dem sich in Spiele ellenlang zu Verbeißen. Egal wie viele virtuelle Tode er starb, wieviel Zeit er schon investierte: Er gab nicht auf. Respekt! Meine Geduld reichte damals einfach nicht für so etwas aus und ist im Laufe der Jahre sogar noch weiter zurückgefahren. Natürlich habe ich aber auch zahlreiche Adventure-Titel ohne jedwede Lösungshilfe durchgespielt – keine Frage –, doch sobald ein Titel auf Sackgassen und viele Tode setzte, fühlte ich mich mit einer Komplettlösung im Gepäck einfach besser aufgehoben. Wobei heutzutage oft natürlich zusätzlich der Zeitdruck unangenehm beim Rätseln neben einem sitzt. So ein Wochenende ist beispielsweise recht kurz und da möchte man schlicht Fortschritte erleben, nicht stundenlang durch die gleichen Locations trotten und nicht weiterkommen. Aber die Lösungen sämtlicher Rätsel von ‚Future Wars‘ sind mir tief ins Mark gebrannt und kommen selbst heute noch aus dem „FF“, womit dieser Umstand also vollkommen ausgehebelt sein dürfte. Und so spiele ich ‚Future Wars‘ gern und regelmäßig noch immer gern durch. Die PC-Version hatte ich mir später angeschaut, welche mich jedoch extrem enttäuschte: Der Soundtrack von ‚Future Wars‘ auf dem Amiga ist so gut und die Beats unterstrichen irgendwie alles, was die Zeit damals so toll machte. Doch musikalische Untermalungen waren einfach keine Stärke des PCs in den Endachtzigern bzw. frühen Neunzigern. Als Musikbegeisterter war allein schon damit für mich der Amiga einfach das bessere System.

Ebenso nicht unerwähnt sollte die Engine bleiben, welche die Entwickler auf den Namen „Cinematique System“ tauften und damals – anno 1989 zu Zeiten von Text-Adventures – wirklich für einiges an Aufsehen sorgte: Die linke Maustaste war ausschließlich für das Gehen reserviert, während ein Druck auf die rechte Maustaste das Verben-Interface und das Inventar öffnete. Beide Maustasten zugleich gedrückt, ließ den Spieler Laden und Speichern. Vor allem die optische Transparenz dieser Menüs war seinerzeit überaus ansehnlich sowie die Möglichkeit, das Geschehen super-bequem mit der Maus steuern zu können. Überhaupt war das Interface der Konkurrenz um Meilen voraus und hatte hauptsächlich das Ziel, keinerlei Elemente den Blick auf die Locations versperren zu lassen – „cinematischer“ eben. Im Nachhinein gesehen, setzen Adventures selbst heute auf gerade dieses Element. Sogar ‚LucasArts‘ modelte später das berühmte SCUMM-Interface entsprechend um, so dass die Verben verschwanden und das Interface nur sichtbar wurde, wenn's nötig war. Somit legten die Franzosen, unter der Leitung von Paul Cuisset, einen echten Adventure-Grundstein. Leider schöpfte ‚Future Wars‘ dies nicht voll aus, da (wahrscheinlich aus Speicher- und damit Kostengründen) die Locations selten überhaupt den ganzen Bildschirm füllten. Einige nahmen lediglich weniger als ein Fünftel ein, was wahrscheinlich nicht nur für mich eine echte Belastprobe für die Augen sein sollte. Denn damals baumelte mein Amiga 500 noch stolz an einem kleinen Fernseher, dessen – aus heutiger Sicht – doch recht verschwommenes Bild bei ‚Future Wars‘ allein optisch eine Herausforderung für sich war. Erst später, als ich einen Monitor besaß, fiel mir der gravierende Unterschied erst einmal richtig auf. Manche Strukturen waren tatsächlich auf dem Fernseher gar nicht zu erkennen gewesen. Im Nachhinein schon verrückt, was man damals – aufgrund des Spielspaßes – eigentlich seinen Augen zumutete. Bereuen tue ich das aber nicht eine Sekunde! Kurzum: Ich liebe dieses Adventure einfach und es gehört felsenfest auf meine Agenda der Spiele, die ich regelmäßig immer wieder gern durchspiele. Und ich kann jedem, der das hier liest nur empfehlen, dieses Abenteuer unbedingt nachzuholen! Heutzutage würde ich mir nach einem Remake jedenfalls alle zehn Finger lecken und als Film hätte der Titel definitiv ebenfalls Potential. Bis zum Abspann reist unser Fensterputzer in verschiedene Zeitepochen, darunter auch die ferne Zukunft, und das muss man schlicht selbst erlebt haben. Dank ‚ScummVM‘ gibt es zumindest kompatibilitätstechnisch keinerlei Ausreden mehr. Von daher: Unbedingt nachholen!
'Future Wars - Time Travellers' (Amiga/1989) - Paul Cuissets erstes Meisterwerk sendet einen Fensterputzer durch die Zeit und macht ihn zum Helden der Menschheit

Operation Stealth
Direkt nach der Veröffentlichung von ‚Future Wars‘ setzte sich Delphine Softwares kleines Team direkt an das nächste Abenteuer, das im Vereinigten Königreich gar als Lizenzspiel durchging. Dort wurde ‚Operation Stealth‘ nämlich unter ‚James Bond – The Stealth Affair‘ veröffentlicht und versetzte den Spieler in die Rolle des Doppel-Null-Agenten seiner Majestät. In Nordamerika sowie im restlichen Europa bastelte man aus dem britischen MI6 kurzerhand den amerikanischen informationsnimmersatt-Verein CIA und benannte den guten James Bond in John Glames um. Grundlegend sollte dies eigentlich schon alles sein, was die beiden Fassungen voneinander unterscheiden sollte. Denn die interessante Geschichte teilen sich beide: In den Unweiten des Kalten Krieges wird ausgerechnet der erste Tarnkappen-Prototyp der amerikanischen Luftwaffe geklaut und verschwindet spurlos. Den Verbleib des High-Tech-Wundervogels legt man deshalb in die Hände unseres Elite-Agenten, mit dem wir uns sofort aufmachen, den letzten verbliebenen Hinweisen nachzugehen. Schnell zeigt sich allerdings, dass der Diebstahl bereits die Runde machte und zahlreiche andere Parteien ebenfalls hinter der Technologie des Tarnkappen-Jets her sind.

Um dem Agentenalltag ein paar mehr Kniffe zu geben zu, wurde die Cinematique-Engine ein Stückweit überarbeitet und ermöglicht es nun, Gegenstände innerhalb des Inventars miteinander zu kombinieren oder diese direkt daraus zu benutzen. Das ermöglicht dem Spiel neue Perspektiven, den Schwierigkeitsgrad gibt's aber erneut nur in knüppelhart. Hat man einen Gegenstand vergessen oder falsch benutzt, bietet sich keine zweite Chance, den Fehler nachträglich noch auszubügeln. Da hilft dann nur ein früherer Spielstand weiter. Statt dieses System, gegenüber dem indirekten Vorgänger ‚Future Wars‘, zumindest ein wenig aufzuweichen und damit fairer zu gestalten, wurde dieses tatsächlich sogar noch ein ganzes Stück verschärft. Besonders ärgerlich ist dabei eine Stelle im Ozean, bei dem John über den Meeresboden tauchen muss, um den Eingang in eine geheime Basis zu finden. Der ist dann recht zügig gefunden, doch ein kleines Utensil nicht, das wenig später dringend benötigt wird. Denn auf dem Grund des Meeres ist in den zahlreichen und optisch absolut identischen Unterwasserpflanzen ein kleines Gummiband versteckt. Und das muss erst einmal gefunden werden. Aber das war´s natürlich noch lange nicht: Einfach einsacken wäre auch zu einfach gewesen. Zufallsgeneriert schießen ständig weiße Haie durch’s Bild, die unseren Geheimagenten instant zu Fischfutter verarbeiten. Außerdem kann John nicht direkt nach oben oder unten schwimmen, sondern immer nur in diagonalen Bahnen die Tauchtiefe ändern. Blöderweise steigt er jedoch mehrmals pro Sekunde leicht nach oben auf, was der Spieler immer wieder ausgleichen muss. Zusammengefasst: Das Inventar muss geöffnet werden; die Position im Ozean sollte derweil auf den Millimeter genau stimmen; nebenbei muss der Auftrieb im Auge behalten werden und ach ja, die Haie dürfen natürlich nicht vergessen werden. Zugegeben das Erfolgserlebnis ist ein sehr befriedigendes, wenn man nach dem x-ten Versuch endlich dieses blöde Gummiband im Gepäck hat. Doch das macht die Stelle nicht weniger unfair und absurd – etwas Leidensfähigkeit schadet da also nicht. Ähnliches gilt für die einzelnen Minispiele, in denen man sich an verschiedenen Punkten der Handlung durch allerhand Labyrinthe wuseln muss, ohne natürlich von den Wachen erwischt zu werden. Diese Stellen sind nicht nur recht zahlreich und strecken das Spiel unnötig, nein, sie wollen außerdem einfach nicht so recht ins Spiel passen. Dass man jederzeit speichern kann, federt den Frustlevel zwar ein wenig ab, doch ich bin jedes Mal froh, wenn ich die hinter mir habe. Zur Auflockerung hätten diese Minispiele sicherlich ganz interessant sein können, aber das man jedes Mal gleich mehrere Labyrinthe am Stück absolvieren muss, bevor’s endlich mit dem Abenteuer weitergeht, fühlt sich zumindest für mich störend an. Diese Stellen wie auch der Tauchgang sind meiner Meinung nach die deutlich schwächsten Parts in einem ansonsten wirklich guten Adventure.
Besonders im Gedächtnis ist mir der tolle Soundtrack von Jean-Baudlot Freitas geblieben. Seine Beats und einprägsamen Melodien sind nicht nur schön anzuhören, sie unterstützen irgendwie auch das Gefühl der 1990er superb. Ich kann das nur schwer beschreiben, aber kaum höre ich diese Stücke, fühle ich mich angenehm um Jahre zurückversetzt. Der Amiga durfte sich hiermit einmal mehr von seiner schönsten Seite zeigen. Blanke Ironie: Monsieur Freitas veröffentlichte später den gesamten Soundtrack auf einem CD-Album. Allerdings wurde dort das bereits Gehörte nicht nur mit qualitativeren Tönen remastered, der Komponist entschied sich obendrein teilweise gänzlich andere elektronische Instrumente zu verwenden. Ich habe keine Ahnung, wie er darauf gekommen war, aber die neu aufgelegten Fassungen klangen größtenteils tatsächlich schlechter als die originalen Kompositionen des Adventures. Einige Stücke sind in Ordnung, andere ließen kaum noch erahnen, dass dieser Soundtrack eigentlich mal ein Agentenspiel untermalte. Ich bin zwar immer dafür, auch mal andere Richtungen einzuschlagen, aber wie bitte schön kommt man denn von den fetzigen Amiga-Beats zu dem, was auf der CD geboten wird? Ich hatte mich damals so sehr gefreut, aber kaum war die Scheibe im Laufwerk, sah man das Grinsen meinerseits bei so manchen neu arrangierten Kompositionen beinahe mit jedem Takt abnehmen.

‚Operation Stealth‘ konnte sich mit seiner Rahmenhandlung absolut sehen lassen, für die Mr. Ian Fleming wohl unübersehbar Pate stand. Ich fühle mich jedenfalls sehr angenehm an die alten James-Bond-Filme mit Roger Moore erinnert. Obgleich ich auch ein großer Sean-Connery-Fan durch und durch bin und er auch als erstes den Namen Bond tragen durfte, so war dennoch für mich Roger Moore immer der wahre James Bond. Das lag aber nicht nur an ihm, sondern vor allem an den Geschichten und den ikonischeren Gegenspielern. So schießen mir bei James Bond selbst heute noch als erstes der Beißer ins Gedächtnis oder der Film ‚Moonraker‘, bei dem der Gegenspieler Hugo Drax die Menschheit mit Giftgas ausrotten wollte und nur einige wenige von ihm Erwählte auf einer Raumstation dem Genozid entgehen durfte, um dann im Nachhinein die Erde neu zu bevölkern. DAS waren noch echte James-Bond-Geschichten und eben auf dieser Welle schwimmt ‚Operation Stealth‘ durchweg mit. Für Fans eben solcher Stories ist John Glames‘ Abenteuer daher noch immer eine echte Empfehlung. Sicherlich ebenfalls dem Umstand geschuldet, dass in den mittlerweile zahlreich verstrichenen Jahren nur eine Handvoll interessanter Agenten-Spiele erschienen sind. Ursache hierfür dürfte wohl die zeitliche Aktualität solcher Themen sein – der so genannte Zeitgeist. Denn zu Zeiten des Kalten Krieges, in denen viele Bond-Filme spielen, stand die nukleare Vernichtung für viele Menschen stets vor der Haustür, als Ost und West immer weiter aufrüsteten. Innerhalb dieser Atmosphäre waren solche Geschichten nicht nur verflixt interessant, sie boten zudem etwaige mögliche, fiktive Szenarien und unterstrichen die allgemeinen Befürchtungen, die der Konflikt darbot. Derartige Sachverhalte heute zu erzählen, ist äußerst schwer, da der Zeitgeist ein völlig anderer ist. Obgleich der Kalte Krieg – glücklicherweise – vorbei sein mag, so bot er doch das beste Fundament für waschechte Geheimagenten-Geschichten. Und ‚Operation Stealth‘ erzählt eine von ihnen.
'Operation Stealth' (Amiga/1990) - Wahrscheinlich noch immer einer der besten Agenten-Adventures auf dem Markt

Cruise for a Corpse
Das letzte reine Adenture der französischen Softwareschmiede ‘Delphine Software’ ist gleichzeitig eines der Spiele für mich, die man stetig wieder mit der Intension beginnt, sie endlich komplett durchzuspielen, dann aber das ein um’s andere Mal nicht über diesen Versuch hinauskommt. Bei mir lag das grundlegend daran, dass ‚Cruise for a Corpse‘ einen für mich fundamentalen Fehler machte: Neue Locations zu entdecken, ist für mich schon immer ein wichtiger Bestandteil von Abenteuerspielen gewesen. Die zu entdecken, steht nun einmal für mich gleichbedeutend mit dem Spiel-Fortschritt an sich. Kommt man nicht weiter, tapst man gefühlt endlos durch die immer gleichen Locations und das wird schlicht schnell langweilig. Aber ‚Cruise of a Corpse‘ spielt auf einer Yacht und da die aus offensichtlichen Gründen nicht unbegrenzt neue Örtlichkeiten bieten kann, kommt man zwar in der Geschichte weiter, strömert jedoch immer wieder über die gleichen Decks und Kabinen. Irgendwann war ich optisch einfach so gesättigt, dass ich eine Pause brauchte. Doch genau dieser Umstand zeigt sich eben für die Handlung problematisch. Denn als Detektiv ist es absolut wichtig, stetig den Überblick über den Fall zu haben. Einige Tage oder gar Wochen Pause sind da kontraproduktiv, weil man sich jedes Mal erneut erst wieder einen Überblick verschaffen muss. Nach den Auszeiten mal schnell ein paar Rätsel lösen und stetig mit diesen Unterbrechungen weiterzuspielen, habe ich nie hinbekommen. Man muss am Ball bleiben.

Paris, April 1927: Raoul Dusentier – der Detektiv mit dem für westliche Verhältnisse extrem ungewöhnlichen Namen – wird auf die Yacht des wohlhabenden Industriemagnanten Niklos Karaboudjan eingeladen, was unser Schnüffler natürlich sogleich als perfekte Chance sieht, einen schönen Urlaub in den weiten des Meeres für lau zu bekommen. Blöderweise findet man den Gastgeber kurz nach dem Auslaufen in seiner Arbeitszimmerkabine tot und mit einem Messer im Rücken, womit Erholung und Drinks kurzerhand in weite Ferne rücken. Einer der blaublütigen Passagiere muss der Täter sein, weshalb Raoul kurzerhand seine Ermittlungen beginnt und dabei so manch dunklen Geheimnisse aufdeckt. Ganz im Stil von Agatha Christie folgt ein Wechselspiel aus investigativer Ermittlung, Kombinationsgabe und dem ständigen Befragen sämtlicher Tatverdächtigen. Dabei ist natürlich so mancher Gesprächspartner redefreudiger, während andere schamlos lügen oder versuchen, unseren Detektiven auf eine falsche Färte zu locken. Nach und nach fällt der Vorhang des Scheins und offenbart die tatsächlichen Verbindungen und Hintergründe des Mordes, bis zuletzt der Täter seiner gerechten Strafe zugeführt wird.
Bereits vor dem Erscheinen gab es einige Kontroverse um das Spiel. Denn die Anlehnungen an die bekannten Agatha-Christie-Bücher – allen voran die des Privatschnüfflers Hercule Poirot – waren schlicht zu offensichtlich. Das war aus dem Grund problematisch, da bis 1991, als ‚Cruise for a Corpse‘ erschien, nicht ein einziges offizielles Spiel der Roman- und TV-Vorlage existierte. Aufgrunddessen entschied man sich für einige Anpassungen, um rechtlichen Problemen direkt aus dem Weg zu gehen. Hauptprotagonist Raoul Dusentier glich seinem belgischen Kollegen viel zu sehr, so dass gerade an seiner Figur zahlreiche Veränderungen vorgenommen werden mussten. Wie die aber nun im Nachhinein aussahen, ist weitgehend unbekannt. Wenn man sich jedoch das fertige Produkt ansieht, scheint man sämtliche Charakterzüge und –entwicklungen von Herrn Dusentier kurzerhand gestrichen zu haben. Denn während des gesamten Falles lernt man den Privatdetektiv nicht ein Stückweit kennen. Er bleibt für den Spieler absolut blass. Das war zwar bei den beiden Protagonisten der indirekten Vorgänger ‚Future Wars‘ und ‚Operation Stealth‘ nicht anders, störte bei Raoul Dusentier allerdings irgendwie. Es hätte der Geschichte definitiv gut getan, wenn der Privatschnüffler sich selbst mit irgendwelchen eigenen Problemen auseinandersetzen würde, an den wir als Spieler teilhaben. Dass er vielleicht offen Dinge hinterfragt oder Gefühlsregungen (Empathie, Furcht, Abscheu) besäße. Doch da ist absolut nichts. Derart teilnahmslos ist Raoul Dusentier daher leider nicht mehr als ein Abziehbildchen, das mehr einem Frage-Roboter gleicht als einem real nachempfundenen Menschen. Ob solche Dinge vorher Bestandteil gewesen war, kann ich aus heutiger Sicht nicht sagen. Nichtsdestotrotz fehlt mir die Charakterentwicklung des Hauptprogagonisten ziemlich. Denn so schlendert man eigentlich nur von einer Kabine zur nächsten und stellt den immer gleichen Leuten alte und neue Fragen. Dieses Prozedere schaltet dann wieder andere Gesprächsthemen frei, mit denen man eventuell bei einem anderen Charakter mehr Informationen bekommt und so weiter und so fort.

Persönlich finde ich die Idee des Fortschritts aber ganz gut gelöst. Sobald man einen relevanten Hotspot der Geschichte abschließt, wird visuell eine Uhr eingeblendet, welche einige Minuten voranschreitet. Dies zeigt dem Spieler ohne viel Worte, dass er nicht nur in der Handlung ein Stück weiter gekommen ist, sondern gibt zugleich den Hinweis, dass sich Charaktere nun woanders befinden sowie anderen Tätigkeiten nachgehen könnten. Dies ist vor allem für das Durchsuchen der Privat-Kabinen der einzelnen Passagiere relevant. Denn während sich die noch darin befinden, ist das Herumschnüffeln in den Utensilien nicht unbedingt gern gesehen und man wird mal mehr, mal weniger freundlich wieder vor die Tür gesetzt. Leider – und das muss man doch sehr deutlich sagen – konnte ich niemals auch mit nur einem der blaublütigen Meute irgendetwas anfangen. Es macht zwar Spaß das ein oder andere Geheimnis zu lüften und die Möchtegern-Elite im Anschluss damit zu konfrontieren, doch letztlich fiebert man nicht wirklich mit. Ich würde sogar soweit gehen, dass es mir im Nachhinein beinahe egal war, wer nun eigentlich auf den Gastgeber einstach. Das lag meiner Meinung nach daran, dass einfach zu wenig unterschiedliche Charaktere den Weg in das Spiel gefunden haben. Reiche Familien mögen ja in der Literatur gerne so manche Leiche im Keller haben, doch die unendlich oberflächlichen Probleme dieser Möchtegerns waren mir schon immer unfassbar egal. Wer nun wen heiratet und wer mit wem ein Techtelmechtel hat … das löst bei mir nur ein müdes Gähnen aus. Es hätte daher dem Spiel deutlich besser getan, wenn die Charaktere aus verschiedenen Klassen der Gesellschaft gekommen wären. Es gibt zwar hier und da ein paar Auswüchse dieser Art, doch das bleibt alles viel zu flach, als dass es wirklich interessant sein könnte. Und da man Raoul Dusentier zusätzlich kaum kennenlernt, funktioniert er noch nicht einmal als charakterlicher Puffer. In Dialogen hinterfragen ihn die Gesprächpartner zwar hin und wieder, mehr als einem oder zwei Sätzen als Antwort gibt's aber niemals.

Technisch gesehen gab man sich bei ‚Delphine Software‘ keinerlei Blöße: Nicht nur, dass das hauseigene Cinematique-System deutlich verändert wurde (das war jetzt kontextbasiert), in dieser Qualität hatte man vorher 3D-Charaktere noch niemals zuvor auf dem heimischen Monitor gesehen. Schaut man sich das heute an, wundert man sich beinahe, wie man in den äußerst schwach polygonisierten Figuren überhaupt so etwas wie ein Gesicht erkennen konnte, doch anno 1991 war das mit einem ‚Crysis‘ von 2008 vergleichbar. Aber das hatte mal wieder seinen Preis: Ein prozessortechnisch unaufgerüsteter Amiga 500 stieß mit seiner Motorola-CPU 68000/7MHz in praktisch jeder Location an seine Leistungsgrenzen. Auf dem PC lief das Abenteur eine ganze Ecke runder. Lediglich bei der musikalischen Untermalung wünscht man sich die lautlosen Tage früherer Spiele zurück. Ich habe selten so langweilige Musik vernehmen müssen. Die Melodien bieten zwar hohen Wiedererkennungswert, dies aber nur, weil sie absolut grausig anzuhören sind. Kein Vergleich zu den beiden indirekten Vorgängern, wo beinahe jeder Track ein Ohrwurm war.

‚Cruise for a Corpse‘ gilt für mich leider als das deutlich schwächste Spiel der französischen Schmiede. Es ist indes aber auch nicht wirklich schlecht und für Fans von Agatha-Christie-Büchern noch immer eine Empfehlung. Für meinen Geschmack gibt sich der Charakter des Ermittlers Raoul Dusentier jedoch viel zu austauschbar und der Großteil der Passagiere sind schlicht wenig charmant. Von daher gab es für mich leider nur begrenzt Bezugspunkte. Lediglich die Grafik galt für damalige Amiga-500-Verhältnisse schon als kleine Augenweide. Noch nie zuvor sah man derart detaillierte 3D-Charaktere, die sich mehr oder minder flüssig über den Screen bewegten. Ein starkes Alleinstellungsmerkmal und da sich für das Adventure einer meiner Lieblingsentwickler verantwortlich zeigte, kam ich um diesen Titel nicht herum. Und heute … heute bin ich trotz aller Kritikpunkte froh, ‚Cruise for a Corpse‘ in meiner Adventure-Sammlung zu wissen.
'Cruise for a Corpse' (Amiga/1991) - Agatha Christie in einem Adventure auf Abwegen, das vor allem durch seine optische Präsentation wusste, auf sich aufmerksam zu machen

Fortsetzung in der nächsten Kolumne …

Falko Tetzner _ 22.06.2015

Kommentare

Jürgen:

wann geht es endlich weiter? ;)

(30.11.2015 _ 00:24:08)

Falko Tetzner:

Hallo Jürgen,
ja, ich gebe zu, dass wir diese Kolumnen-Serie, aufgrund anderer Artikel bzw. Kolumnen, etwas schleifen lassen haben. Nichtsdestotrotz wird es aber natürlich definitiv weitergehen und es werden hier noch einige Parts folgen. Ich kann es zwar nicht direkt versprechen, aber geplant ist, dass bis Ende diesen Jahres zumindest Part VII hinzukommen wird.

(30.11.2015 _ 11:05:31)

Jürgen:

Fein, da freu ich mich :D

(30.11.2015 _ 23:34:06)

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