Kolumne 13: Was macht ein gutes Adventure aus?
Momentan hat die Adventuregemeinde nichts zu meckern: Adventures scheinen langsam wieder populärer zu werden und in den Ladenregalen stehen endlich wieder aktuelle Titel in schicker Verpackung. Leider wird auch hier auf Quantität als auf Qualität geachtet. Doch, was macht eigentlich ein gutes Adventure aus? In meiner aktuellen Kolumne werde ich versuchen, subjektiv eine Antwort auf diese Frage zu finden.
'digital tainment pool', 'Crimsons Cow', 'Flashpoint' und 'The Adventure Company' sind derzeit die wohl aktivsten Publisher im Sektor der Adventurespiele. Gerade Erstere hat den Trend der Zeit erkannt und mittlerweile einen immer besseren Riecher für gute Spiele bekommen. Die Politik ist eben einfach: Gute Spiele werden sich auch gut verkaufen und nur so macht man schließlich Geld, denn trotz aller Liebe zu unserem Genre geht es bei den Firmen natürlich dennoch (fast) nur um's Geld. Ähnlich bei 'Crimsons Cow', die ja noch "neu" im Geschäft sind, die User aber noch nicht enttäuscht haben.
'The Adventure Company' geht hier schon andere Wege: Momentan sicherlich auf dem Höhepunkt der Veröffentlichungen, denn kein Publisher bringt mehr Adventure heraus als dieser. Doch leider hat man hier nicht selten den Gedanken, dass es wirklich mehr um die Masse geht, statt um die Klasse. Selten - doch durchaus vorkommend - halten wir ein Spiel in den Händen, wo wir uns ernsthaft fragen müssen, ob es lohnt, für dieses Adventure einen Test zu verfassen. So schlimm es auch ist, dies hier zugeben zu müssen - aktuelles Beispiel: 'Dark Fall II'. Unser Test wird dann mehr Anti-Werbung sein, als zu einer positiven Kaufentscheidung zu verhelfen und man fragt sich, ob sich die Firma das Spiel überhaupt vorher einmal angesehen hat. Andere Publisher wiederum bringen mal gute, mal weniger gute Spiele auf den Markt. Was also macht denn das gewisse Etwas für ein Adventure aus?
Ein schwerer Aspekt ist sicherlich, den passenden Grafikstil zu finden. Der Mensch ist in Sachen Computerspielen verwöhnter denn je, High-End-Grafikkarten und -CPUs machen's möglich. Doch es muss nicht immer die aufwendigste Grafik genommen werden, denn der Stil scheint für den Spieler viel interessanter zu sein. Bestes Beispiel sind alte LucasArts-Adventures. Deren Grafik ist mittlerweile Schnee von Gestern - sollte man meinen. Aber im Grunde gefällt die noch heute. Sie ist einfach schick, auf ihre ganz eigene Art. Aktuelle Titel sollten, meiner Meinung nach, darauf achten, dass die Grafik den User einfach anspricht, das der Stil gefällt und passend zur Thematik ist. Ein Horroradventure wird sicherlich unglaubwürdig, wenn man einen kitschigen und bunten 2D-Zeichentrick-Look verwendet. Die Grafik ist daher ein nicht zu unterschätzender Punkt. Schlechte Grafik raubt Einem einfach die Lust am Spielen.
Die musikalische Untermalung wird von einigen Herstellern nur nebensächlich behandelt, dabei ist dieses enorm wichtig. Dudellige, unpassende oder gar nervige Musik kann den Spielspaß erheblich trüben. Ich für meinen Teil bin ein Fan von großen Musikschöpfern wie John Williams, Trevor Rabin oder Hans Zimmer. Sie schufen Melodien, die selbst ohne den Film für Empfindungen sorgen können. Ich schaue einen Film einmal und kann dann, selbst nach Monaten, noch gehörte Musik exakt zuordnen. Wer musikalisch ähnlich "verwöhnt" ist, stehen die Haare bei nervigem Gedudel zu Berge. Ein Abschalten der Musik bei manchen Spielen wäre dann sicherlich eine Lösung, doch dann wird's eben ruhig aus den Boxen und das ist doch sicherlich nicht "im Sinne des Erfinders". Nicht selten fehlt auch einfach der Wiedererkennungswert. Das Monkey-Island-Thema erkennen noch heute Spieler, die jahrelang nichts mit Guybrush und seinen Freunden zu tun hatten. Ähnlich ist das mit der Musik aus 'Baphomets Fluch', 'Simon the Sorcerer' oder 'Day of the Tentacle'.
Einst hat sie die Adventures groß gemacht und mir ist es daher absolut unverständlich, dass es heutzutage Spiele gibt, die eine Story haben, die für einen hohlen 3D-Shooter gereicht hätte. Tiefgründige Geschichten, die den Spieler an den Bildschirm fesseln sind leider selten geworden, doch waren es doch einst sie, die uns alle zu Abenteuer-Jüngern gemacht hat. Meiner Meinung nach passt eine flache Story einfach nicht zu einem Adventure. Es genügt einfach nicht, kurz ein Problem einzuführen und den Spieler dann zig Stunden damit verbringen lassen, dieses und damit das gesamte Spiel zu lösen. Wo ist denn da der Ansatzpunkt, dass man überhaupt gewillt ist, die zahlreichen Rätsel über sich ergehen zu lassen? Ok, für Knobelfans, denen Story nicht wirklich wichtig ist, aber doch nicht für Abenteuerspieler, die in den 90ziger Jahren reihenweise Besseres gesehen haben.
Der Grundstein des Adventures, zeigen sie doch erst die Arbeit, die in dem compilierten Werk wohnt. Unlogische Rätsel werden von den Spielern oft als nervend empfunden. Logische Rätsel sind deshalb trumpf, auch wenn sie wesentlich mehr Engagement bei der Entwicklung benötigen. Meiner Meinung nach sollten diese unterstützend auf der Abenteuerreise wirken und nicht (ausnahmslos) als Hindernisse zum Weiterkommen sein. Wenn man beispielsweise ein Motorrad braucht und dadurch erst einen gefüllten Benzinkanister auftreiben muss, ist das in Ordnung. Schlecht wird es allerdings dann, wenn man beispielsweise enorme Wege für diesen zurücklegen, die "halbe Welt umgraben muss" oder ihn vielleicht, in der Erde verbuddelt, nur via Pixelhunting aufzustöbern. Letzteres wird gern von Entwicklern genutzt, um die Spielzeit negativ zu strecken.
Ein Adventure besteht aus all diesen Komponenten und es ist schwer, eine gutes Mittelmaß von jedem zu finden, denn erst durch das geschickte Kombinieren aller Zutaten ergibt sich eine Symbiose. Spiele in der Vergangenheit und Gegenwart zeigen, dass es möglich ist. Nur sie strahlen für mich als echte Perlen aus der Masse heraus. "Adventure" ist kein Genre wie der 3D-Shooter, bei dem mit wenigen Ideen schon Geld gemacht werden kann. Adventures der guten, alten Zeit sind durchdacht und ausgewogen. Deshalb ist "unser" Genre nicht zum einfachem Geldverdienen. Hier geht es um Qualität, wie es die damaligen Adventures aus den 90-ziger Jahren vorgemacht haben. Es dient dazu, den Spieler mit einer interessanten Geschichte zu unterhalten, seine grauen Zellen dabei nicht außen vor zu lassen, verpackt in guter Optik und interessanter Musikuntermalung. Kurzum: Billig zusammen gezimmerte Spiele haben hier schlichtweg nichts verloren…
Falko Tetzner _ 26.11.2004